Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

Der rumänisch-bulgarische Streit. 
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sie ihn. Fordern ihn um eines idealen Zieles 
willen, sagen die einen, um ein Phantom, meinen 
die anderen. 
Dieser Krieg wird verhindert werden, aber 
andere werden entbrennen. Rotwendigkeiten, 
keine Differenzen, die mit ruhigem Blut nicht 
gütlich zu schlichten wären, zwingen die Völker 
zu gegenseitigem Morden. Theoretisch läßt sich 
die Widersinnigkeit aller Kriege wunderschön 
nachweisen, allein ihre Rotwendigkeit scheint 
doch tiefbegründet im Wesen des Menschen, viel 
leicht nötig M Erhaltung der männlichen In 
stinkte. Widersinnig, grauenhaft ist der moderne 
Krieg, und doch fordern die Völker ihn, wenn 
die entflammten nationalen Leidenschaften ihnen 
einen blutigen Schleier vor die Augen hängen. 
Hoffnungslos ist die Arbeit der Friedens 
freunde. Ewig ist der Krieg. Immer von neuem 
gebiert er sich aus sich selbst. Der Krieg ist tot, 
es lebe der Krieg! 
Am 9■ Dezember eröffnete König Carol das 
rumänische Parlament mit folgender Thronrede: 
Unter den gegenwärtigen bedeutsamen Um 
ständen und in einem für mich tief schmerzlichen 
Augenblick empfinde ich eine besondere Genug 
tuung darin, das) ich mich von den Vertretern 
ganz Rumäniens umgeben sehe. Und so begrüße 
ich Sie, die Sie zur ersten Session der neuen 
Legislaturperiode versammelt sind, von ganzem 
Herzen. 
Infolge der Bildung der gegenwärtigen Re 
gierung ist ein neuerlicher Appell an das Land 
notwendig geworden. Aus den jüngsten allge 
meinen Wahlen hervorgegangen, sind Sie, meine 
Herren, in der Lage, die wahren Bedürfnisse 
des Landes besser zu kennen. 
Die Politik Rumäniens, die mit der tra 
ditionellen Beständigkeit einer Politik der Mäßi 
gung und des Friedens in den mit den höchsten 
Interessen des Landes vereinbarlichen Grenzen 
befolgt worden ist, hat uns in die Lage versetzt, 
mit allen Staaten freundschaftliche Beziehungen 
zu unterhalten und uns namentlich des beson 
deren Vertrauens der Großmächte zu erfreuen. 
Rumänien hat bei seinem Bestreben, zur 
Lokalisierung des Krieges beizutragen, gegen 
über den kriegführenden Balkanstaaten Reu- 
tralität beobachtet, wobei es jedoch die Ent 
wicklung der Ereignisse, die zahlreiche Interessen 
unseres Landes berühren, aufmerksam verfolgte. 
Wir sind zu der Hoffnung berechtigt, daß 
diese Haltung günstige Ergebnisse für gute Be 
ziehungen zu den Balkanstaaten in ihrer neuen 
Zusammensetzung zeitigen wird und daß unsere 
Interessen Berücksichtigung finden werden. 
Rumänien wird als ein wichtiger Faktor des 
europäischen Konzerts angesehen und bei der 
Balkankrieg. H. 
endgiltigen Regelung der durch die Balkankrise 
aufgeworfenen Fragen wird sein Wort Gehör 
finden. 
Das Vertrauen, das die Ration in die aus 
nahmslos anerkannte Tapferkeit ihrer Soldaten 
fetzt, ist vollauf gerechtfertigt. Die Armee ist im 
stande, diesem Zeichen des Vertrauens zu ent 
sprechen und ist immerdar bereit, ihre Mission 
zu erfüllen. 
Die neuen Kredite, die von Ihnen für die 
Armee werden angesprochen werden, werden in 
Ihrem erleuchteten Patriotismus ihre Begrün 
dung finden. 
Meine Regierung wird Ihnen zur Beratung 
mehrere Gesetzentwürfe unterbreiten, die dazu 
bestimmt sind, das Werk der Konsolidierung 
und des Fortschrittes des rumänischen Staates 
in jeder Beziehung zu fördern. Ich zweifle nicht, 
daß Sie unter den gegenwärtigen Umständen 
auf der Höhe der Ihnen vom Lande anver 
trauten Mission stehen und, indem Sie der 
Regierung die notwendige Unterstützung leihen, 
die berechtigten Hoffnungen der Ration erfüllen 
werden. Gott spende Ihren Arbeiten seinen 
Segen. 
Die Thronrede machte naturgemäß in Bu 
karest außerordentlichen Eindruck. Jene Stellen 
der Rede, in denen von den berechtigten Inter 
essen Rumäniens die Rede war und auf die 
vollständige Bereitschaft der rumänischen Armee 
hingewiesen wurde, wurden mit minutenlangem 
stürmischen Beifall begleitet. Interessant ist, daß 
Dr. Danew, der Präsident der bulgarischen 
Sobranje, der Parlamentseröffnung beiwohnte 
und Zeuge der Beifallskundgebungen war, die 
beinahe als eine Demonstration gegen Bulgarien 
aufgenommen werden mußten. 
Dr. Danew in Bukarest. 
Dr. Danew befand sich in diplomatischer 
Mission in Bukarest, er soll damals ein Angebot 
der bulgarischen Regierung übermittelt haben, 
in welchem sich Bulgarien bereit erklärte, eine 
kleine Grenzregulierung in der Dobrudscha zu 
zugestehen. Was Rumänien eigentlich wollte, 
war nur in allgemeinen Umrissen bekannt. Am 
9. Dezember schrieb die offiziöse „Roumanie": 
Wir wissen, und die Bulgaren können es 
nicht leugnen, daß ihre heutigen Erfolge, die 
sie ja gewiß ihrer Geduld und ihrer Opfer 
willigkeit verdanken, unmöglich gewesen wären, 
wenn unsere Haltung nicht von dem Wunsche 
diktiert gewesen wäre, alles zu tun, um die 
traditionelle Freundschaft und das gegenseitige 
Vertrauen nicht zu stören. Mit Zumutungen 
wie Intrigen Dritter darf man uns also nicht 
kommen. Wir haben alles getan, um Bulgarien 
unseren guten Willen und unseren Wunsch nach 
ö
	        
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