Der rumänisch-bulgarische Streit.
/^H^^eben den Meinungsverschiedenheiten, die
>Ä>III trotz aller Bemühungen zur Erhaltung
y/s4L\ L ^ cö Siedens noch immer unter den
Mächten herrschten und die eben durch
die Londoner Botschafterreunion behoben werden
sollten, war die Situation auch noch beunruhigt
durch den Zwist Mischen Rumänien und Bul
garien. Es ist schon erzählt worden, daß Rumä
nien bereits nach den ersten bulgarischen Siegen
in Sofia seine Forderungen in bezug auf eine
Regulierung der Dobrudschagrenze angemeldet
hatte. Roch ehe der Waffenstillstand zustande
gekommen war, wurde davon gesprochen, das)
die rumänische Regierung für alle Eventualitäten
militärische Vorbereitungen zu treffen beginne.
Eine Reise des österreichisch-ungarischen Armee-
inspektors Conrad v. Höhendorf nach der rumä
nischen Hauptstadt wurde gleichfalls in dem
Sinne gedeutet, das) Rumänien kriegerische Maß
regeln treffen wolle und dabei im gewissen Sinne
einen Rückhalt an dem befreundeten Österreich-
Ungarn suchte.
Die Stimmung in Bukarest war ziemlich
nervös. Colin Ros), den wir als Berichterstatter
bei der türkischen Armee kennen gelernt haben,
schreibt aus Bukarest, 2. Dezember:
Der Krieg auf dem Balkan liegt im Ster
ben. Blut ist genug geflossen. Hunger und Seuche
haben die Reihen gelichtet. Die Gegner sehnen
den Frieden herbei. Ein blutiger Krieg wird
voraussichtlich bald enden, ein neuer steht vor
der Tür, klirrt wenigstens vernehmlich mit Schwert
und Rüstung, das) alle Völker Europas ängstlich
auffahren. Das kleine Serbien trotzt, Österreich
und Rußland mobilisieren, Rumäniens Volk
ruft nach dem Krieg. In Rumänien vornehm
lich ist die Kriegsstimmung groß. Allein von
allen Balkanvölkern blieb es dem Kriege fern,
es hätte den Krieg verhindern, ihm eine andere
Wendung geben oder wenigstens sich einen hohen
preis für seine Reutralität sichern können. Richts
von alledem hat es getan. Mit dem Schwert
in der Scheide sah es abwartend zu. Run
wollen die Sieger die Beute untereinander teilen.
Das Gleichgewicht auf dem Balkan droht sich
zu Rumäniens Ungunsten zu verschieben. Das
Donaukönigreich soll leer ausgehen. Da empört
sich das Volk. Alte Gegnerschaft wird rege.
Man^liest viel von den gemeinsamen Inter
essen und den freundschaftlichen Begehungen
von Rumänien und Bulgarien zueinander. Ich
fand bei kurzem Besuch in Rumäniens Haupt
stadt nichts davon, fand nur Haß und Feind
schaft, oder vielmehr leidenschaftliche Rivalität
und Eifersucht auf die Erfolge des Rachbarn.
Am 30. Rovember verließ ich Konstantinopel.
Die Berichterstattung ist jetzt auch auf türkischer
Seite nahezu unmöglich gemacht, wenigstens für
alle, die ungeschminkte Wahrheit berichteten. Erst
am Tage vor meiner Abreise wurde wieder ein
Korrespondent, ein Engländer, zwischen 2 Sol
daten mit aufgepflanztem Seitengewehr nach
Konstantinopel zurücktranspörtiert. Ich zog vor,
rechtzeitig freiwillig zu gehen, um so mehr, da
ich kaum noch kriegerische Ereignisse versäumen
werde.
Der Zug von Konstanza nach Bukarest ist merk
würdig überfüllt. Bald ersehen wir, daß heuteRach-
mittag in der Hauptstadt eine große Versamm
lung stattfinden soll. Die rumänische Kulturliga
und die mazedonisch-rumänische Gesellschaft haben
ein Meeting für die Autonomie Albaniens ein
berufen und von der Regierung für alle Teil
nehmer Fahrt zu halbem preise nach Bukarest
erwirkt. So erwartet man lebhaften Zuspruch
aus dem ganzen Lande.
Meeting für die Autonomie Albaniens, heißt
das offizielle Programm; Meeting für den Krieg
sagen die Rumänen im Zuge. Mit Zuversicht
sprechen sie von ihrem Heere, voll stolzen Ver
trauens weisen sie auf die Torpedoboote, die
bei Saligny die Wacht auf der Donau halten,
Silistria und Varna für Rumänien ist die Losung.
In Bukarest sind die Hotels überfüllt. Eine
dichte Menschenmenge wogt in den Haupt
straßen. Trupps mit Fahnen ziehen vorüber.
In der Ephorie, wo die Versammlung tagt,
ist lange vor Beginn der letzte Platz beseht.
Davor staut sich die Menge. Photographen und
Kino-Operateure sind an der Arbeit.
Heiß und stickig ist die Luft im Saal.
Tausende von Leibern sind aneinandergepreßt;
Fahnen hängen von den Galerien herab, da
hinter wieder Menschen Kopf an Kopf.
Dr. Leonte, der Präsident der mazedonisch
rumänischen Gesellschaft, eröffnet die Versamm
lung. Er fordert dazu auf, die rumänischen
Brüder in Mazedonien zu ermutigen, daß sie