Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

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Die griechisch-türkischen Differenzen. 
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bürg vermählt. Er ist ein Aeffe der Königin Um die Ordnung im Innern herzustellen) 
Elisabeth von Rumänien und konnte infolge waren in den ersten Äovembertagen zwei höhere 
dieser verwandtschaftlichen Beziehungen damit belgische Offiziere nach Albanien abgereist, um 
rechnen, das) Rumänien sich dem neuen Staate dort den Versuch zu machen, eine Gendarmerie 
freundlich gegenüberstellen würde, Prinz Ml- einzurichten. 
Helm zu Mied hat die Kandidatur angenommen; Dieser Versuch ist geglückt; der neuen Gen- 
Ende Februar wurde ihm der albanesische Thron darmerie gelang es, einen Handstreich abzu- 
von einer Deputation mit Effad Pascha an der wenden, der von jungtürkischer Seite ausging, 
Spitze angeboten und einige Tage darauf er- und die Einsetzung eines mohammedanischen 
folgte die Abreise des neuen Fürsten nach Fürsten zum Zweck hatte. 
Albanien. 
Die griechisch-türkischen Differenzen. 
«-^^^-s'wischen der Türkei und Griechenland 
Pyi sollte nach der Unterzeichnung des 
Präliminarfriedens auch ein definitiver 
rjZm Friede abgeschlossen werden. Hierzu 
war es nötig, das) eine Reihe von 
Fragen, die auf der Londoner Konferenz uner 
ledigt geblieben war, gelöst wurde. Mährend 
des zweiten Balkankrieges war hierzu keine Zeit. 
Vach dem Frieden von Bukarest und während 
der Verhandlungen zwischen der Türkei und 
Bulgarien hatte es wiederholt den Anschein, 
das) die Türkei den Versuch machen würde, 
auch Griechenland wieder einen Teil des neu 
eroberten Gebietes abzunehmen. Es wurde da 
mals gemeldet, das) die Türken den Mestasluß 
überschritten hätten. Man erwartete einen allge 
meinen Vormarsch der türkischen Armee nach 
Thessalien. In dem türkisch-bulgarischen Friedens 
vertrag war die Bestimmung enthalten, das) 
Mestthrazien erst nach 2 Mochen von den türki 
schen Truppen geräumt werden müßte. Man 
glaubte das dahin deuten zu müssen, das) die 
Türkei sich die Möglichkeit verschaffen wollte, 
mit ihren Truppen ungehindert und ohne Veu- 
tralitätsverletzung durch das neue bulgarische 
Gebiet ziehen zu können. Die Befürchtungen 
erwiesen sich jedoch als grundlos, was vielleicht 
zum Teil wenigstens daraus zu erklären ist, 
das) Enver Bey, die Seele der türkischen 
Miedereroberungspolitik, in diesen Tagen schwer 
krank in Konstantinopel darniederlag. Enver 
Bey mußte sich einer wiederholten Operation 
unterziehen, von einer Seite wurde behauptet, 
er sei am Blinddarm erkrankt, von einer anderen, 
er sei in einem Streit mit Offizieren der Liga 
schwer verwundet worden. Die Mahrheit hat 
man nicht erfahren. 
Vachdem die türkische Regierung auf den 
Plan verzichtet hatte, einen neuen Maffengang 
mit Griechenland zu versuchen — daß der 
Plan bestand, ist kaum zweifelhaft — konnten 
die Verhandlungen über den Abschluß eines 
definitiven Friedens beginnen. Zu erledigen 
waren in der Hauptsache die gleichen Fragen, 
wie zwischen Bulgarien und der Türkei: die 
Stellung der Mohammedaner in den neu 
eroberten Gebieten, die Vakuf- und die Vatio- 
nalitätenfrage. Den wichtigsten Streitpunkt 
zwischen Griechenland und der Türkei, die 
Regelung der Inselfrage, hatten die Mächte 
^ ihrer eigenen Entscheidung vorbehalten. Es ist 
aber zweifellos, daß diese Frage bei den Ver 
handlungen, auch wenn sie nicht berührt wurde, 
immer im Hintergründe lauerte. 
Schon im September wurden Verhandlungen 
in Athen begonnen, die jedoch, da sie nicht 
offizieller Art gewesen zu sein scheinen, erfolg 
los abgebrochen wurden. Am 13. Oktober be 
gannen in Athen die offiziellen Verhandlungen. 
Die Türkei verlangte zunächst von Griechenland 
in bezug auf die Behandlung der Mohamme 
daner in den neuen Gebieten die gleichen Zu 
geständnisse, die sie von Bulgarien erlangt hatte. 
Die Griechen schienen jedoch wenig geneigt, sich 
so drückende Bedingungen auferlegen zu lassen, 
wie die Bulgaren. 
Am 15. Oktober fand in Athen die erste 
offizielle Delegiertensitzung statt. Der türkische 
Entwurf war von der griechischen Regierung 
und einer Sonderkommission beraten worden 
und es hatte den Anschein, als ob die türkischen 
Unterhändler sich den Abänderungsvorschlägen 
Griechenlands gegenüber nicht ablehnend ver 
halten hätten. Man meldete aus Athen einen 
Fortgang der Verhandlungen. 
Am 15. Oktober wurden die türkischen Vor 
schläge folgendermaßen dargestellt: Mieder 
inkraftsetzung aller vor dem Kriege abgeschlossenen 
Staatsverträge, Befreiung der Mohammedaner 
vom Militärdienst für eine Periode von 3 Jah 
ren, Verweisung der strittigen Frage der Sa- 
lonikier Kriegsbeute an das Haager Schieds 
gericht, autonomes Regiment der mohammedani 
schen Kirchengemeinden mit einem privilegierten,
	        
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