Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

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Die Mächte und der Lukarester Friede. 
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die herzliche Depesche zu danken, die Sie an 
läßlich des Abschlusses eines Aktes an mich ge 
richtet haben, der eine tragische Periode der 
Geschichte meines Volkes beendet, während 
deren es nach glänzenden Siegen die grausam 
sten Prüfungen und die Fülle alles Unheils 
kennen gelernt hat. 
Nunmehr werden wir im wieder kräftigenden 
Frieden und in heißer Arbeit unsere Leiden zu 
vergessen und eine bessere Zukunft vorzubereiten 
trachten. Ich muß anerkennen, daß die Melt 
den unausgesetzten Bemühungen Eurer Maje 
stät und der,. Mitwirkung Ihrer Negierung das 
Ende dieses blutigen und verheerenden Krieges 
verdankt, und ich spreche Ihnen in meinem 
Namen und in dem meines Volkes meine Dank 
barkeit hiefür aus. 
Ich freue mich, daß dieses weise und men 
schenfreundliche Merk den Ausgangspunkt der 
Miederherstellung freundschaftlicher und gutnach 
barlicher Beziehungen zwischen unseren beiden 
Ländern bildet. Ich und meine Negierung 
wünschen, und werden unsere Bemühungen dar 
auf richten, daß sich diese Beziehungen inniger 
gestalten, als in der Vergangenheit. Ich hoffe, 
daß Eure Majestät, die mir im Mißgeschick 
Beweise Ihrer Sympathie und Ihrer herzlichen 
Anteilnahme gegeben hat und von denselben 
Gefühlen wie ich beseelt ist, mir helfen wird, 
die schmerzlichen Spuren der jüngsten Ereignisse 
rasch zu tilgen und auf Grundlage von Be 
ziehungen enger Freundschaft zwischen Numä- 
nien und Bulgarien das Gedeihen unserer Völ 
ker zu fördern." 
Die Mächte und der Bukarester Friede. 
<^^^^?ährend in Bukarest die Delegierten 
r "ber den Frieden verhandelten, 
* wurde bekannt, daß Osterreich-Un- 
gärn die Absicht habe, den Buka 
rester Friedensschluß nicht als definitiv anzuer 
kennen, sondern bei den Mächten seine Nevision 
zu verlangen. Der Standpunkt Österreich-Un 
garns! warun seiner bisherigen Politik begrün 
det. Mohl bestanden zwischen Österreich-Ungarn 
und Numänien bis in die letzte Zeit vor dem 
zweiten Balkankrieg die besten nachbarlichen 
Beziehungen, aber trotzdem sah sich die öster 
reichische Politik veranlaßt, auch Bulgarien in 
Schutz zu nehmen. Das war bereits in Peters 
burg geschehen. Je mehr sich Numänien zum 
Merkzeug Nußlands umwandelte, um so not 
wendiger schien es, daß Österreich-Ungarn Bul 
garien gegen seine Feinde in Schutz nahm. Die 
österreichische Politik hätte am liebsten ein Bünd 
nis oder doch eine Verständigung zwischen Nu 
mänien und Bulgarien gesehen, das den äußer 
sten Flügel des Dreibundes dargestellt hätte. 
Diese Einigung hatte sich nicht erzielen lassen, 
und Österreich-Ungarn war, um sich den Ein 
fluß auf dem Balkan zu erhalten, gezwungen, 
sich Bulgarien wenigstens diplomatisch anzu 
nehmen. Cs konnte in Mien nicht gleichgiltig 
sein, ob Bulgarien in Bukarest völlig zugrunde 
gerichtet wurde, oder nicht. Deshalb wollte 
Österreich-Ungarn den Bukarester Frieden dem 
Endurteile der Großmächte unterbreitet wissen. 
Die Großmächte sollten in der Lage sein, die 
Bukarester Abmachungen zu überprüfen und 
eventuell abzuändern. 
Dieser Vorschlag des Grafen Berchtold ist 
nicht durchgedrungen, in erster Linie aus dem 
Grunde, weil er nicht die nötige Unterstützung 
fand, hätten die Mächte des Dreibundes ein 
mütig die Überprüfung des Bukarester Vertrages 
gefordert, so wären sie höchst wahrscheinlich mit 
dieser Forderung durchgedrungen, und die in 
Bukarest gezogenen Grenzen hätten vielleicht 
jene Korrektur erfahren, die im Interesse der 
Nationalität, im Interesse eines wirklichen Bal 
kanfriedens notwendig war. 
Europa war des Krieges auf dem Balkan 
müde. Die ständigen Gefahren, die dieser Brand 
im nahen Orient für den europäischen Frieden 
mit sich brachte, hatten in der europäischen Di 
plomatie ein Nuhebedürfnis geschaffen, das sich 
auch durch eine Forderung der Gerechtigkeit nicht 
vertreiben ließ. Aus diesem Grunde ist es be 
greiflich, daß Deutschland die Politik Österreich- 
Ungarns nicht unterstützte. Es ist behauptet wor 
den, daß die deutsche Politik bei den Bukarester 
Verhandlungen insofern zugunsten Griechenlands 
eingegriffen hat, als Kaiser Milhelm persönlich 
sich an König Ferdinand wandte und ihm nahe 
legte, auf Kavalla zu verzichten. Ferner habe 
Kaiser Milhelm ein Telegramm an den König 
von Griechenland gerichtet, in welchem er empfahl, 
Bulgarien einen Teil des Hinterlandes von 
Kavalla zu überlassen. Diese Einwirkung Kaiser 
Milhelms ist bekannt geworden durch einen 
Depeschenwechsel zwischen ihm und König Carol. 
Am 9. August depeschierte der König von Nu 
mänien an Kaiser Milhelm: 
Nach Überwindung von bedeutenden Schwie 
rigkeiten und Dank Dir ist der Abschluß des 
Friedens gesichert, der definitiv bleibt. In diesem 
für meine Negierung so bedeutungsvollen Augen 
blicke weilen meine Gedanken bei Dir und ich
	        
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