Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

578 
Die Schrecken des Meilen Krieges. 
an 
letzten Schlaf, in frischen Gräbern, inmitten der 
Wiesenblumen, die die Hügel schmücken .. . 
Greueltaten in Serres und Vigrita. 
Griechische Meldungen hatten die Bulgaren 
beschuldigt, in der ersten Zeit des Krieges be 
sonders übel in Mgrita und Serres gehaust zu 
haben. In Serres sollte auch die österreichische 
Fahne beschimpft worden sein. Der österreichische 
Generalkonsul hielt es daher für seine Pflicht, 
sich sofort nach Serres zu begeben. Er teilte 
seinen Entschluß den griechischen Behörden mit, 
die dem Generalkonsul ein Militärauto zur Ver 
fügung stellten. Mit dem gleichen Auto begab 
sich der italienische Generalkonsul nach Serres, 
über die Erlebnisse der beiden Generalkonsuln 
am 19. Juli in Serres wird berichtet: 
Als die beiden Generalkonsuln in Serres 
ankamen, war ein Teil der Stadt noch in Aauch 
gehüllt, weil das von bulgarischen Soldaten 
und Komitatschis gelegte Feuer, wobei man sich 
des Petroleums bediente, infolge eines Sturm 
windes große Ausdehnung angenommen hatte. 
Besonders brannten große Tabakvorräte lange. 
Das Eintreffen des österreichisch-ungarischen Ge 
neralkonsuls wirkte auf die österreichischen Staats 
angehörigen, deren ungefähr 40 in Serres leben, 
sehr beruhigend. Sie waren infolge des ausge 
standenen Schreckens noch sehr erschöpft. Die 
österreichisch-ungarische Aegierung hat inzwischen 
als erste Hilfeleistung für sie 5000 Kronen an 
gewiesen. 
Uber die Vorgänge selbst ist folgendes zu 
berichten: 
Die bulgarischen Truppen verließen Serres 
auf die Meldung von der Niederlage der bul 
garischen Streitkräfte bei Lahana. Dies war in 
der Vacht vom 4. auf den 5. Juli. Sie kehrten 
dann aber auf die Höhen vor der Stadt zurück 
und begannen ohne jeden Anlaß, wohlwissend, 
daß kein griechischer Soldat in Serres an 
wesend war, die Stadt zu beschießen. Mehrere 
Abteilungen mit Offizieren, auch viele Komi 
tatschis drangen in die Stadt ein und begannen 
mit Brandlegung, Plünderung und Gemetzel. 
Man erkannte mehrere Offiziere. Ganz beson 
ders betätigte sich der Sekretär des Generals 
Vulkow. 
Bald wurde auch das Haus des österrei 
chisch-ungarischen Vizekonsuls Ilatko umzingelt, 
in welchem ungefähr 150 Personen, eine Anzahl 
Österreicher, einige deutsche Staatsangehörige, 
Verwandte Ilatkos und mehrere Griechen Zu 
flucht gesucht hatten. Auf dem Hause war die 
österreichisch-ungarische Flagge gehißt. Als die 
Soldaten die Tür einzubrechen drohten, rief 
ihnen Konsul Ilatko vom Fenster aus zu, daß 
sie das Konsulat zu respektieren hätten, worauf 
ihm zugerufen wurde, das gehe ihn gar nichts 
an, er möge sofort öffnen. 
Darauf erschien Konsul Ilatko mit der 
österreichischen Flagge in der Hand im schwar 
zen Gehrock und seinen Orden in der Tür und 
versuchte, die Bulgaren eines Besseren zu be 
lehren. Doch diese bedrohten ihn nun mit den 
Bajonetten, worauf die Aäumung des Hauses 
seitens der Anwesenden erfolgte. Bald darauf 
ging es auch in Flammen auf. 
Vizekonsul Ilatko wurde mit anderen zu 
sammen nach einer Anhöhe bei Daoutli geführt. 
Unterwegs wurden sie mehrmals mit dem Tode 
bedroht. Einige bulgarische Offiziere, die sie 
trafen, intervenierten nicht. Endlich wurden sie 
infolge Zustimmung des früheren Polizeichefs 
von Serres, Karagioffew, von den Soldaten, 
denen man alles verfügbare Geld und die 
Schmucksachen der Frauen gegeben hatte, frei 
gelassen. Dieser Polizeichef fiel später den Grie 
chen in die Hände. Die Freigelassenen inter 
venierten zu seinen Gunsten; er wurde inzwischen 
nach Athen geschafft. 
Während der Plünderung haben sich herz 
zerreißende Szenen abgespielt. Mehrere Mäd 
chen wurden auf einem Dache, auf das sie sich 
geflüchtet hatten, niedergemacht. Die festen eisernen 
Türen der Tabakmagazine wurden mit Dynamit 
gesprengt, damit man Feuer an die Vorräte 
legen konnte. Serres ist auf viele Jahre hinaus 
ruiniert; die österreichisch-ungarischen Staats 
angehörigen, die bemittelt waren, sind, insoferne 
ihnen nicht Güter auf dem Lande gehören, ins 
Elend gestürzt worden. Die Mohammedaner 
und Spaniolen sind zum größten Teil geschont 
worden. Die Wut der Bulgaren richtete sich 
gegen die Griechen, was auch in der Ierstörung 
fast aller griechischen Kirchen zum Ausdruck kam. 
Vizekonsul Georg Ilatko ist kurz darauf mit 
seiner Familie aus Serres in Saloniki einge 
troffen, nachdem die Bahnverbindung wieder 
hergestellt war. Er erzählte: Alle Geschäfte in 
Serres sind verbrannt, auch die Mederlage der 
Brüder Tiring aus Wien, die aber gegen Kriegs 
gefahr versichert gewesen sind. Man braucht 
dringend Kleider, Wäsche, Decken. Er steht noch 
ganz unter dem Eindruck des Erlebten. Er hat 
schreckliche Stunden durchgemacht, in denen ihm 
die Sorge für das Wohl der Seinen und der 
Österreicher und Ungarn oblag. Er sagte, daß 
er nie geglaubt habe, daß sich Bulgaren soweit 
vergessen könnten, nicht einmal das Konsulat 
und die Flagge zu respektieren. 
Ein englischer Korrespondent, der sich nach 
Serres begeben hatte, erzählte: 
Es genügt zu sagen, daß es vollkommen un 
möglich ist, die Iahl der Opfer und die Martern 
ihres Todes zu übertreiben. Von dem Vorgehen 
der durch ihre Mißerfolge zu leidenschaftlicher
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.