Die Gründe des bulgarischen Zusammenbruchs.
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Zustand der bulgarischen Vorbereitungen auf
diplomatischem und strategisch-militärischem Ge
biet so genau, das) es für Serbien und Grie»
chenland ein Verbrechen gewesen wäre, den
Krieg nicht zu wollen. Der griechische Gesandte
panas hat Mar keinen Militärattache zur
Seite, aber aus seinen Äußerungen während
der Bukarester Friedensverhandlungen ging über
raschend hervor, wie genau er über Bulgariens
Heerwesen und seinen Zustand unterrichtet war.
Serbien hatte den klugen Spalaikovic als Ge
sandten und den stillen, umsichtigen Oberstleut
nant Kalafatovic als Militärattache, außerdem
blieb der bei den Bulgaren beliebte serbische
Oberst Leschjanin lange in Bulgarien als Ver
treter des serbischen Heeres im bulgarischen
ringe Besatzung und sie bot große Schwierig
keiten für den Fall des Rückzuges. Aber das
ist nicht alles. Die Truppen selbst befanden sich
in mangelhafter Verfassung. Man hatte Tausende
in jeder Division beurlaubt, in einer Division
sogar 6000 Mann. Diese Urlauber einzuberufen,
während zum Teil die Truppen ihre Stellungen
wechselten, war schwer, wenn nicht unmöglich.
Und wenn auch im bulgarischen Herren ein
grimmiger Zorn gegen die treulosen Verbündeten
lebte, so war doch der Bundeskrieg nicht volks
tümlich; man war müde geworden, nachdem der
Winter am Marmarameer in Regen und Schnee
verbracht war und Krankheiten auch unter den
sonst so handfesten Bulgaren aufgeräumt hatten.
Serben und Griechen dagegen hatten in be-
Von den Serben eroberte bulgarische Geschütze in Belgrad.
Hauptquartier. Es scheint, daß man alles wußte.
Wenigstens handelte man so.
Man wußte zunächst, daß die Verteilung
des bulgarischen Heeres von Widdin bis Salo
niki und Kavalla vielleicht gegen mancherlei sich
bewährt hätte, daß sie aber strategisch völlig
unzulänglich war. Wenn Serben und Griechen
zunächst ihre Vereinigung erstrebten, um dann
gemeinsam in Altbulgarien einzubrechen, so
hatten die Bulgaren zu wenig Truppen, um die
Griechen in einem Vormarsch nach Vörden auf
zuhalten. Es war ferner südlich von Widdin
eine ganze bulgarische Armee unter General
leutnant Kutintschew festgelegt worden, die im
Süden von dem größten Vutzen hätte sein
können. Die bulgarische Hauptstellung bei Istip
und Kotschana war zu ausgedehnt für die ge-
quemen Quartieren überwintert, waren voll
zählig und frisch und mit allem reichlich ver
sehen. Ende Zuni gab es kaum ein bulgarisches
Bataillon, das über 5<X> Mann zählte,- der
Stand der Division sank also bei 2 Brigaden
auf §000 Mann höchstens.
Ein anderer Mißgriff hatte Schaden ge
bracht. Man hatte in dem damaligen Veubul-
garien Mannschaften ausgehoben, Bulgären und
Griechen, und hatte aus ihnen die 3 Brigaden
Adrianopel-Serres und Drama gebildet. Die
Offiziere und Unteroffiziere, sowie ein Kern
aller Mannschaften mußten aus den geschwächten
alten Regimentern genommen werden und trotz
dem blieb die Zahl ungenügend. So kamen die
Kompagnien und Druschinen in Hände, die für
diesen Dienst nicht genügend vorbereitet waren.
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