Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

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Die Aktion Rumäniens. 
am 
Es ist nahezu unbegreiflich, wie ein Poli 
tiker angesichts der Tatsachen so sprechen konnte. 
Die rumänischen Truppen befanden sich bereits 
ziemlich weit in Bulgarien und Herr Danew 
verlegte sich noch immer auf das Diplomati- 
sieren. Sehr sonderbar erscheint sein Hinweis 
auf die guten Dienste Rußlands. Rußland war 
der eigentliche Anstoß zur rumänischen Aktion 
gewesen und der russophile bulgarische Staats 
mann wandte sich um Hilfe an Rußland. 
Der rumänische Vormarsch. 
Die Mächte suchten Mischen den Krieg 
führenden zu vermitteln. Es wurde in Sofia, 
Belgrad und Athen der Abschluß eines Waffen- 
stillstandes vorgeschlagen, aber vorerst ohne jeden 
Erfolg. In Belgrad und in Athen erklärte man, 
der Friede werde nur auf dem Kriegsschauplatz 
selbst unterzeichnet werden; bei der bulgarischen 
Treulosigkeit könnten sich die Verbündeten auf 
einen Waffenstillstand vor Annahme der haupt 
sächlichsten Friedensbedingungen nicht einlassen. 
Die rumänische Hauptmacht, die in der 
mittleren Walachei konzentriert war, begann in 
der Rächt zum 10. Juli den Übergang über 
die Donau. Es hieß, die rumänische Armee 
werde direkt auf Sofia marschieren. 
In diesem Augenblick wurde man in Sofia 
endlich nachdenklich. Zunächst demissionierte 
Dr. Danew. Außerdem sandte König Ferdi 
nand an König Carol von Rumänien eine 
Depesche mit dem Ersuchen, die Friedens 
bedingungen Rumäniens bekanntzugeben. 
Die Antwort, die König Carol auf das 
Telegramm König Ferdinands erteilte, soll ge 
lautet haben, daß Bulgarien die Bedingungen 
genau angeben möge, unter denen es die 
Friedenspräliminarien nicht nur mit Rumänien, 
sondern mit allen Kriegführenden zu unter 
zeichnen wünsche. Die Unterzeichnung könne nur 
gleichzeitig mit allen Kriegführenden erfolgen; 
nur dann könne die Einstellung der Feindselig 
keiten angeordnet werden. 
über die Operationen der in Bulgarien ein 
marschierten rumänischen Armee veröffentlichten 
Bukarester Blätter Spezialberichte, in denen 
unter anderem mitgeteilt wurde: 
Am 11. Juli begannen die Operationen 
einer Gruppe der Armee auf dem Plateau der 
Dobrudscha. In früher Morgenstunde drang die 
Gruppe von Ostrom nach vorheriger Reko 
gnoszierung seitens der Kavallerie in Silistria 
ein. Hier fand sich eine Garnison von 150 Sol 
daten und einigen Offizieren, die sich ergaben 
und nach Calaraschi gebracht wurden. Gleich 
zeitig setzten Infanterie- und Artillerietruppen 
auf Schiffen von Calaraschi nach Ostrom und 
Silistria über. An demselben Tage besetzten 
die an der Grenze befindlichen Truppen die 
Posten der bulgarischen Grenzsoldaten vor 
Mangalia, Karomer und Docuzaci und nahmen 
die an diesen Punkten befindlichen Grenzsoldaten 
gefangen. Hinter ihnen rückte die Vorhut der 
Ostgruppe vor. 
Am Morgen des 13. rückten Kavallerie 
abteilungen durch die Radfahrerkompagnie ver 
stärkt gegen Turtukaja, Dobritsch und Baltschik 
vor. Bis zum Morgen des 13. hatten die ru 
mänischen Truppen keinerlei Verluste zu ver 
zeichnen; die besetzten Gebiete wurden sofort 
unter militärische Verwaltung gestellt. Am 
13. Juli mittags besetzten die zur Aufklärung 
entsendeten Eskadronen Dobritsch und Baltschik, 
wohin sofort Infanterie- und Artillerietruppen 
zur Unterstützung entsendet wurden. Eine stärkere 
Kolonne marschierte 1 J / 2 Stunden später in 
Turtukaja ein. Das Gros der Dobrudschatruppe 
folgte in geringer Entfernung der aufklärenden 
Kavallerie und der Vorhut. Das ganze Ge 
biet zwischen der alten Grenze und der Linie 
Turtukaja—Dobritsch—Baltschik befindet sich seit 
diesem Tage im Besitz der rumänischen Truppen. 
Das Gros der rumänischen Armee rückt mit 
dem rechten Flügel von Orehovo über Vratca 
gegen Sofia vor. 
Am 21. Juli wurde aus Bukarest ge 
meldet: 
Die rumänischen Truppen sind gestern in 
Orhanje, 30 Kilometer von Sofia entfernt, 
eingetroffen. 
Die Friedensbedingungen Rumäniens. 
Die rumänische Regierung richtete an den 
bulgarischen Minister des Äußern Ghenadiew 
am 22. Juli eine Rote, die sich als Antwort 
auf eine frühere bulgarische Rote darstellte. Die 
Rote umfaßte 4 Punkte. 
Der 1. Punkt setzte genau die strategische 
Grenze Turtukaja—Dobritsch—Baltschik, sowie 
die topographische Jone im Osten dieser Linie 
fest, um ihr strategischen Wert zu geben, wobei 
die Bedingungen der Schleifung gewisser be 
festigter bulgarischer Punkte im Westen und 
Südwesten dieser Jone fixiert wurden. 
Der 2. Punkt erinnerte an alle bereits in 
London beschlossenen Bedingungen betreffs Ge 
währleistung der Sprache, des Kultus und des 
nationalen Unterrichts der kuhowalachischen Be 
wohner der mazedonischen Provinzen, die an 
Bulgarien angegliedert werden. 
Im 3. Punkt erklärte sich Rumänien damit 
einverstanden, über einen Waffenstillstand nach 
dem Wunsche der Kriegführenden zu unter 
handeln. 
Der 4. Punkt besagte, daß die Friedens 
verhandlungen auf rumänischem Gebiete gleich
	        
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