Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

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Nus dem griechisch-bulgarischen Kriegsschauplatz. 
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werbe, Verkehr und Rckerbau haben wohl 
größere Schwierigkeiten ?u überwinden als in 
normalen Zeiten, aber doch wurde alles bisher 
mit Ruhe und Sicherheit bewältigt. Das will 
eigentlich viel heißen, wenn man bedenkt, daß 
seit 9 Monaten die ganze waffenfähige Jung- 
mannschaft im Felde steht und infolge der Re 
quisition für die Heeresbedürfnisse empfindlicher 
Mangel an Verkehrsmitteln, Pferden, Maul 
tieren, Karren, Magen und Automobilen herrscht. 
Ruf dem Lande aber verrichteten die Frauen, 
wenn auch unter Entbehrungen, in Rbwesenheit 
der Männer die doppelte Rrbeit und sorgen da 
für, daß die Felder nicht vernachlässigt bleiben 
und die Ernten so gut als möglich hereingebracht 
werden. Sollten aber jetzt auch die älteren Jahr 
gänge zu den Fahnen gerufen werden, so be 
stünde freilich nicht geringe Gefahr, daß das 
Erwerbsleben darunter zu leiden hätte, denn 
dann handelt es sich um Familienväter, Ge 
schäftsinhaber, Direktoren, höhere Angestellte usw. 
Schon heute gibt es einzelne Geschäfte, Fa 
briken, Banken und Verwaltungszweige, denen 
es schwer fällt, sich ohne die im Felde stehen 
den Rrbeitskräfte zu behelfen. Mie manche von 
diesen letzteren kehren überhaupt nicht wieder, 
oder nur als Krüppel, und wie viele werden 
längere Zeit bis zu ihrer Herstellung von Krank 
heiten und Munden arbeitsunfähig sein? 
Mit dem persönlichen Enthusiasmus für eine 
endgiltige Ruseinandersetzung mit den Bul 
garen verbindet sich eine wahrhaft schöne Opfer 
willigkeit sowohl zugunsten der bedürftigen Fa 
milien als auch zugunsten des Befreiungskrieges 
überhaupt. Der Metteifer hierin gibt sich nicht 
nur im Lande selbst kund, sondern auch in den 
entferntesten Ländern, wo eben Griechen leben. 
Vor einiger Zeit kam sogar eine rührende Spende 
von den griechischen Schuhputzern in Sibirien 
im Betrage von 500 Francs durch Vermittlung 
des griechischen Konsuls in Irkutsk! Rber auch 
die großen Spenden aus dem Rusland sind 
noch nicht versiegt. Die Gebrüder Stefanu in 
Philadelphia sandten 175.000 Francs für die 
allgemeinen Kriegsbedürfnisse und 75.000 Francs 
zugunsten der Opfer ihrer engeren Heimat im 
Epirus. Die dem Ministerpräsidenten Venizelos 
für die Kriegsbedürfnisse direkt gesandten Spen 
den belaufen sich von Anfang an auf 4,400,000 
Drachmen. Der Mitte Juni in Kairo verstor 
bene Grieche Kleon Kapsimallis vermachte sein 
ganzes Vermögen, worunter Grundbesitz auf 
Mitylene, etwa 2V- Millionen Drachmen, der 
griechischen Flotte und gemeinnützigen Rnstalten. 
Unermüdlich tätig wie immer ist der Rational- 
dichter Matzukas, besonders für das von ihm 
für wohltätige Zwecke gegründete und dem An 
denken an König Georg geweihte „Meiße 
Kreuz" unter dem Protektorat der Königin Olga, 
dem namhafte Geschenke zufließen. Reben all 
diesen Beweisen christlicher und brüderlicher Hilfe, 
die den Rotleidenden das tröstliche Gefühl des 
Geborgenseins vermitteln, fühlt man doch, daß 
in den Herzen aller sich die bange Frage regt, 
wie es sein wird, wenn sich der mörderische Krieg 
in die Länge ziehen sollte? Das Kriegsglück 
ist eben doch trügerisch. Möge es den Griechen 
treu bleiben und ihnen die Segnungen eines 
dauerhaften Friedens bringen. Im Interesse der 
Menschlichkeit wäre wohl auch sehr zu wünschen, 
daß wir vor ferneren Metzeleien und Greueln 
bewahrt blieben, wie sie die bulgarischen Sol 
daten zuletzt bei ihrem Rückzug von Rigrita 
verübt haben. Richt nur wurden alle Häuser 
der griechischen Stadt samt und sonders den 
Flammen überliefert, sondern die wehrlosen Be 
wohner, Greise, Frauen und Kinder in bestiali 
scher Meise hingeschlachtet.
	        
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