Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

Nus dem griechisch-bulgarischen Kriegsschauplatz. 
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Vormarsch auf große bulgarische Streitkräfte 
vor den Vorposten stießen. 
Dieser Bericht des griechischen Generalstabs 
chef deckt sich im allgemeinen mit den bulgari 
schen Berichten; es ist zweifellos, daß die bul 
garischen Streitkräfte am 2. Juli abends bereits 
im Vachteil waren. 
Das amtliche griechische Bureau meldete 
noch mit einigen Übertreibungen über den 
zweiten Kampftag: 
Die griechische Armee ist auf ihrem sieg 
reichen Marsche gestern nachmittag vor Kilkisch 
eingetroffen, woselbst die Bulgaren große Ver- 
teidigungswerke errichtet hatten, um das Vor 
rücken der Griechen nach dem Vörden zum 
Stillstand zu bringen. Kilkisch wurde jedoch von 
der griechischen Armee im Sturme mit unbe 
schreiblichem Elan genommen. Uber Drängen der 
Truppen, die sich keine Vast gönnen wollten, 
gaben die Führer den Befehl, den Weitermarsch 
nach Vörden anzutreten. 
Die Meldung von der Einnahme von Kil 
kisch war falsch. Das griechische Kriegsministe 
rium erhielt am 3. Juli über die Kämpfe fol 
genden zusammenfassenden Bericht aus dem 
Hauptquartier: 
Gestern dauerte der Kampf bei Kilkisch mit 
Heftigkeit fort. Die griechischen Divisionen ge 
wannen Schritt für Schritt an Terrain, wäh 
rend der Feind sich auf seine befestigte Front 
von 6 bis 7 Kilometer Ausdehnung beschränkte. 
Lebhaft war der Kampf gegen die feindliche 
Artillerie, die in gedeckten Stellungen stand. 
Bei Gevgheli wurde der Feind über die 
Vardarbrücke zurückgejagt, wobei eine griechische 
Gebirgsbatterie die Fliehenden während des 
Überganges beschoß. 
Der Kampf dauerte zwischen Matsukowo 
und Ardan (südöstlich von Gevgheli) fort. 
Auf dem rechten Flügel wurde Ligovani 
eingenommen, eine bulgarische Kompagnie, 
200 Mann stark, wurde mit ihren Offizieren 
gefangen genommen. Der Feind zog sich nach 
Lahana zurück, wo er bereits von den Griechen 
umzingelt ist. 
In den Kämpfen zwischen Ligovani-Lahana 
erbeuteten die Griechen 3 Echnellfeuergeschütze 
und 3 ältere Kruppgeschütze. 
Auf dem äußersten rechten Flügel wurde 
Vigrita besetzt. Die Feinde flohen in Panik, 
150 Mann wurden gefangen, eine große Menge 
Gewehre und Ausrüstungsmaterial erbeutet. 
Der Feind ließ eine große Zahl Toter zurück. 
Die 7. Division nahm ein ganzes bulgarisches 
Regiment gefangen, das, abgeschnitten, sich be 
dingungslos ergab. 
Der Kampf bei Matsukowo fiel zugunsten 
der Griechen aus. Die feindlichen beträchtlichen 
Streitkräfte flohen in regelloser Flucht nach 
Cidelmi. Die Zahl der bulgarischen Toten ist 
sehr groß, darunter ein Major und andere Offi 
ziere. Die griechischen Verluste sind gering. 
Auch in diesem Bericht ist mit südlicher Leb 
haftigkeit etwas dick aufgetragen, aber man 
darf das in diesem Falle nicht allzu schwer neh 
men, denn die Griechen hatten ja wirklich 
Grund, sich ihrer Fortschritte zu freuen. Daß 
sie dem Feind an Zahl weit überlegen waren, 
ist allerdings sehr in Betracht zu ziehen, und 
sie waren auch deshalb im Vorteil, weil ihre 
Front wesentlich kürzer war, als die bulgarische. 
Die Kriegsstimmung in Griechenland. 
Ehe wir in der Aufzählung der Kämpfe 
auf dem Kriegsschauplatz fortfahren, möchten 
wir ein Stimmungsbild wiedergeben, das der 
„Veuen Züricher Zeitung" aus patras vom 
5. Juli zuging, und trefflich zeigt, wie populär 
der Krieg gegen das „verbündete" Bulgarien 
in Griechenland war. Es heißt in dem Brief: 
Vun sind die Befürchtungen, die man hier 
gehegt hat, leider zur blutigen Wahrheit ge 
worden. Seit wenigen Tagen stehen wir wieder 
im Zeichen des Krieges und seiner Greuel. Auf 
die lange, aber in Waffen starrende Ruhepause 
folgt ein mörderisches Ringen gegen die bisher 
verbündeten unersättlichen Bulgaren. Trotz der 
großen Opfer, die Griechenland von neuem 
auferlegt werden, atmet man doch fast erleichtert 
aus, wird man doch endlich befreit von dem 
unerträglichen Druck der alles ertötenden und 
den Pulsschlag des Lebens lähmenden Unge 
wißheit, was eigentlich werden soll! Man haßt 
hier die Bulgaren, und das ist auch nicht zu 
verwundern nach all den Greueln, die sie sich 
fortgesetzt an wehrlosen Griechen zuschulden 
kommen lassen. Doch von einer frohen Sieges 
stimmung, wie vor Monaten, als die Türken 
blutig aufs Haupt geschlagen wurden, kann ich 
nichts wahrnehmen. Es scheint eher, daß man 
sich von einer gewissen Beschämung, daß nun 
die ehemaligenWaffenfreunde selbst gegeneinander 
kämpfen, nicht freimachen kann. Der Haß 
zwischen Griechen und Bulgaren datiert aber 
nicht erst von heute. Der Antagonismus blühte 
ja besonders kräftig schon unter den byzantinischen 
Kaisern. Freilich, so wenig wie in dem vorläu 
fig beendeten Kriege ist es den Bulgaren in all 
den Jahrhunderten vor der türkischen Herrschaft 
je gelungen, weiter als bis vor die Mauern 
Konstantinopels vorzudringen. Die eiserne Faust 
des Eroberers hielt die beiden Völker darnieder 
und erst nach mehr als 400 Jahren, mit der 
Errichtung des Fürstentums Bulgarien, konnten 
sich die nationalen Gegensätze wieder geltend 
machen. Bekannt genug ist die Propaganda 
tätigkeit durch die Komitatschis, den jahrelangen
	        
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