Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

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Aus dem griechisch-bulgarischen Kriegsschauplatz. 
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Aus dieser amtlichen Darstellung geht zu- 
nächst hervor, das) die bulgarische Besatzung von 
Saloniki bereits so gut als gefangen war, ehe 
der Krieg ausgebrochen war. Die Griechen 
rechneten eben außerordentlich bestimmt mit dem 
Ausbruch der Feindseligkeiten, so bestimmt, das) 
man ruhig annehmen darf, das) ihnen der bul 
garische Vorstoß in der Rächt zum IO. Juni 
sehr gelegen gekommen ist. Ihnen und den 
Serben. 
Die Entwaffnung der bulgarischen Be 
satzung ging indes nicht ohne hartnäckige Kämpfe 
vor sich. In einem Bericht aus Saloniki vom 
1. Juli heißt es: Die Salonikier Bevölkerung 
steht noch unter den Eindrücken der letzten Rächt. 
Das Rollen der Gewehrschüsse, die Detonatio 
nen der Bomben und Geschütze dauerten fast 
durch IO Stunden an. 
Die bulgarischen Soldaten, deren Stärke 
mit 1200 Mann angegeben wird, und welche an 
verschiedenen Stellen der Stadt in den belebte 
sten Vierteln untergebracht waren, wollten ihr 
Leben und ihre Freiheit so teuer als möglich 
verkaufen. Die Griechen haben trotz aller Hinder 
nisse die Entwaffnung unter verhältnismäßig 
geringen Opfern durchgeführt. Die griechischen 
Offiziere entfalteten viel Umsicht. Rur die beim 
bulgarischen Konsulat postierte bulgarische Mache 
ergab sich freiwillig. Die gefangenen bulgarischen 
Soldaten und Komitatschis wurden zunächst nach 
dem Konak geführt, bevor sie abtransportiert 
wurden. Den Offizieren wurden die Säbel be 
lassen. 
Das amtliche griechische Bureau berichtete 
über die Entwaffnung folgende Einzelheiten: 
Da die Bulgaren 2V S Stunden nach Ab 
lauf der ihnen gewährten Frist die Stadt noch 
nicht verlassen hatten, griff die griechische Armee 
aus nächster Rähe die Häuser an, in welchen 
die Bulgaren untergebracht waren. Die einzelnen 
Häuser wurden eines nach dem anderen nach 
schwachem Miderstande übergeben. Stärkeren 
Miderstand leisteten die bulgarischen Truppen 
neben dem Hause, in welchem der griechische 
Generalstab seinen Sitz hat. 
Die Kirche der heiligen Sophie wurde be 
seht, ohne daß das Gebäude Schaden gelitten 
hätte. Zwei Kasernen leisten noch Miderstand, 
von denen die eine in der Rähe der Kirche des 
heiligen Demetrius sich befindet. 
In der Stadt herrscht wieder vollkommene 
Ruhe. Mir haben keinerlei Verluste zu ver 
zeichnen. 
Ein weiteres Telegramm aus Saloniki be 
sagt: 
Die Entwaffnung der in Saloniki befind 
lichen bulgarischen Garnison begann nach Ab 
lauf der für die freiwillige Übergabe der Waffen 
gestellten Frist. Da sich die Bulgaren weigerten, 
ihre Maffen freiwillig abzugeben, mußten die 
griechischen Militärbehörden zu den schärfsten 
Mitteln greifen. Schon um 5 Uhr nachmittags 
entwickelte sich ein regelrechter Kampf, welcher 
stets an Umfang und Heftigkeit zunahm. Das 
Gewehrfeuer, die Revolverschüsse, das Raffeln 
der Maschinengewehre und der Donner der 
Geschütze erfüllten die Bevölkerung mit 
Schrecken. 
Sehr heftig gestaltete sich der Kampf auf 
dem Boulevard Hamidijeh, wo größere Abtei 
lungen bulgarischer Soldaten einquartiert waren. 
Die Bulgaren leisteten erbitterten Widerstand. 
Das Kampfgetöse wurde erst um 9 Uhr abends 
schwächer. Die Behörden hatten die Straßen 
abgesperrt. Da aber der Kampf gerade zu einer 
Zeit entbrannte, als die Leute ihre Geschäfte 
verließen, um in ihr Heim zurückzukehren, war 
die Bevölkerung von Angst ergriffen. 
Die Zahl der Verluste ist bisher noch nicht 
festgestellt. Auch der durch die Beschießung ver 
ursachte Schaden läßt sich noch nicht ganz über 
blicken. Die bulgarischen Truppen befanden sich 
außer auf dem Boulevard Hamidijeh auch in 
mehreren Häusern und Schulen des oberen tür 
kischen Viertels einquartiert. Kleine Detache 
ments befanden sich beim Lokale des bulgari 
schen Post- und Telegraphenamtes, vor dem 
bulgarischen Generalkonsulat und vor der Woh 
nung des vor einigen Tagen abgereisten bul 
garischen Oberkommandierenden Generals 
Heffaptschiew. Ein starkes Detachement hielt die 
Hagia Sophia besetzt. Sonst waren noch ver 
schiedene öffentliche Gebäude der Bulgaren mit 
Militärposten besetzt. 
Mährend der Kampf in der Hamidijehstraße 
nach halb 10 Uhr abends zum Stillstand kam, 
entwickelte sich noch ein lebhaftes Feuer zwischen 
griechischen und bulgarischen Truppen im Vardar- 
viertel. Zahlreiche Bomben explodierten. Auf 
beiden Seiten wurde mit Erbitterung gekämpft. 
Um halb 11 Uhr nachts nahm das Kampf 
getöse wieder zu. Da jedes Objekt einzeln ge 
nommen werden mußte, setzte das Feuer immer 
wieder ein. Gegen Mitternacht nahm es stark 
zu und dauerte mit kurzen Unterbrechungen bis 
zum Morgen an. 
Am Morgen boten die Straßen, in welchen 
der nächtliche Kampf getobt Hatte, ein trauriges 
Bild. Die Mauern der Häuser, in welchen sich 
bulgarische Truppen aufgehalten hatten, trugen 
Spuren von Gewehr- und Kanonenschüssen. 
Besonders stark gelitten hatten der Boulevard 
Hamidijeh, ein Gebäude gegenüber der Hagia 
Sophia und andere. Früh um 6 Uhr wurde auf 
der bisher von Bulgaren besetzten Hagia Sophia 
die griechische Fahne gehißt. Die Entwaffneten 
bulgarischen Soldaten wurden unter starker Es- 
korde abgeführt. In der Stadt begann erst im
	        
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