Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

□□ 
Debatte über die Balkanfragen im deutschen Reichstage. 
39 
klärt ist. TGenn es cu einem kriegerischen Kon 
flikt kommen sollte, was wir nicht hoffen, liegt 
das nicht daran, ob dieser oder jener Hafen 
serbisch wird, sondern daran, das) andere Mächte 
schon lange bestehende Differenzen mit dem 
Schwerte ausfechten wollen. Kommt es dacu, 
so müssen wir in dieser schwierigen internatio 
nalen Lage Seite an Seite mit Österreich 
stehen. Die Politik, die die Reichsregierung 
hier verfolgt, hat auch die Zustimmung des 
Reichstages. 
Deutschland cu marschieren bereit ist, wenn 
Österreich Serbien angreifen und so das Ein 
treten Rußlands provocieren würde." 
Maßvoller war der Kommentar des „Jour 
nal des Debats", welches ausführte: „Zeht ist 
es Sache der serbischen Regierung, derMiener 
Regierung keine Handhabe für ein Eingreifen 
}u geben. Serbien wird die europäische Mei 
nung für sich haben, wenn es eine fortdauernd 
korrekte Haltung beobachtet und eine einsichts 
volle Mäßigung bewahrt. In dem letzten Teil 
Die Aufnahme der KaiHlerrede 
im Auslande. 
Soweit die Debatte im deutschen 
Reichstag, die wir in solcher Ausführ 
lichkeit wiedergeben, weil sie höchst 
charakteristisch dafür ist, wie man im 
Deutschen Reiche damals über den 
Konflikt dachte. Die Rede, die der 
Reichskaryler gehalten hatte, fand in 
gan) Europa die allergrößte Beachtung. 
In Österreich-Ungarn, Italien und 
Deutschland natürlich durchaus Zu 
stimmung. Die pariser offlciellen Kreise 
beurteilten die Rede mit großer und 
erfreulicher Objektivität und alle maß 
gebenden Faktoren erklärten, daß sie 
keineswegs durch die von Herrn v. Beth- 
mann Hollweg definierte Haltung 
Deutschlands überrascht seien. Man 
hatte keine andere Sprache des Leiters 
der deutschen Politik vorausgesetzt. Die 
Wirkung der Rede wurde als für den 
Frieden günstig aufgefaßt. 
Die francösische Presse dagegen war 
wenig erfreut über die Rede. „Temps" 
übte an der Rede eine heftige Kritik. 
„Während alle Leiter der europäi 
schen Politik, Graf Berchtold nicht aus 
genommen, in ihren Kundgebungen die 
Idee des Friedens in den Vordergrund 
gestellt haben, hat Herr v. Bethmann 
Hollweg der Idee des Krieges den 
Vorrang gegeben." So begann der 
„Temps" seine Ausführungen, um dann den Ver 
such cu machen, cu beweisen, daß die Rede des 
Kanclers gegen Sinn und Zweck des österreichisch- 
deutschen Bündnisvertrages verstoße, der ein De 
fensivvertrag sei. „Herr v. Bethmann Hollweg 
verkehrt ihn in einen Offensivvertrag. Rach dem 
Vertrag sei Deutschland bloß verpflichtet, zu mar 
schieren, wenn Österreich angegriffen wird. Der 
deutsche Reichskanzler sagt aber, wenn Öster 
reich, indem es seine Interessen geltend macht, 
von einer dritten Macht angegriffen werden 
sollte, wird Deutschland den Alliierten unter 
stützen. Mas will das anderes sagen, als daß 
Ein Malisfore. 
seiner Rede hat Herr v. Bethmann über die 
Entwicklung der künftigen Begehungen Deutsch 
lands cum Orient Ideen dargelegt, welche eben 
so gut im Palais Bourbon oder im englischen 
Unterhause an ihrer Stelle gewesen wären. Das 
von ihm entwickelte Programm ist auch das 
unsere. Und wenn Herr v. Bethmann darüber 
wacht, daß die Ausführung dieses Programms 
nicht durch übelwollen und durch den Versuch, 
einen der Balkanstaaten cu ersticken, gestört 
wird, und wenn unterlassen wird, die Eröffnung 
der kleinasiatischen Frage cu provocieren, dann 
wird die Erhaltung des europäischen Friedens
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.