Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

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Einwirken der Mächte in Belgrad und Sofia. 
an 
mitten unserer Linien und die Verletzung unse 
res Gebietes bestand weiter. Die Regierung in 
Sofia sprach nicht mehr von dem Iurück)iehen 
dieser Truppen, beklagte sich aber über unsere 
militärischen Bewegungen — das ist es wahr 
scheinlich, was sie in ihrer Antwort Treibereien 
nennt — Bewegungen, die wir indessen mit der 
Aufrichtigkeit angekündigt hatten, die wir uns 
selbst und der die beiden Negierungen einigen 
den Freundschaft schuldeten. 
Das bulgarische Hauptquartier hatte überdies, 
ohne etwas anzukündigen, andere beunruhigende 
Maßnahmen getroffen. Es sandte eiligst nach' 
Makedonien beträchtliche Verstärkungen. Am 
30. Mär) gab es zwischen Kavalla, Doiran 
und Saloniki 19-000 Mann bulgarischer Truppen, 
am 5. April 26.500, am 11. April 42.000 
Mann, und am 20. April betrugen die bulga 
rischen Streitkräfte bereits über 60.000 Mann. 
Cs ist nicht )u verwundern, daß daraus Kon 
flikte entstanden sind, die )u wahren Schlachten 
ausarteten, als am 8. Mai die Bulgaren 5 Re 
gimenter koncentrierten, um gegen die griechischen 
Detachements vom panghaion )u marschieren 
und sie von dort )u vertreiben. Man könnte 
wahrlich nicht behaupten, daß alle diese Streit- 
kräfte sich dort cufällig befunden und an den 
Zusammenstößen nur gelegentlich teilgenommen 
hätten. Ebenso bestätigen die Tatsachen nicht, 
daß für diese blutigen Kämpfe die Koncentrie- 
rung unserer Truppen die Ursache gewesen sei. 
Die sehr schwierige Lage, in der wir uns be 
finden, hat einen anderen Grund. Sie entspringt 
einzig und allein aus der Handlungsweise der 
bulgarischen Militärbehörden, die stets bedeu 
tende Streitkräfte in der Nähe der Unsrigen 
halten und so viel als möglich ein wirkliches 
Kondominium schaffen wollten. Das war schon 
damals sehr klar, als die Bulgaren beträchtliche 
Streitkräfte nach dem Operationsfelde der 
griechischen Armee entsandten, obwohl die tür 
kischen Streitkräfte, die unseren Truppen gegen 
übergestanden waren, bereits endgiltig geschlagen 
waren. Und damals, als das bulgarische Gene 
ralkommando 2 serbische Divisionen nach Adria 
nopel )ur Hilfe berief, hat es bis Mitte des 
Monats November nicht geglaubt, aus Ma)e- 
donien die Divisionen entfernen )u sollen, die 
es dorthin gesandt hatte. Den gleichen Grund 
satz befolgte das bulgarische Hauptquartier, als 
es bei unserem Hauptquartier darauf bestand, 
daß bulgarische Kontingente in Saloniki, wenn 
auch nur als Gäste, einrücken. Dieselbe Hand 
lungsweise war darin )u sehen, daß die Armee 
unseres Verbündeten sich durch unsere Linien selbst 
bis auf das rechte Ufer des Vardar ausbreitete. 
Die Regierung in Sofia schien wenig die 
Folgen der unentwirrbaren Lage )u befürchten, 
in welche uns die gleichzeitige Anwesenheit der 
beiden Armeen bringen mußte. Sie schien nicht 
)ulassen )u wollen, daß die verbündeten Re 
gierungen offen an das Problem der Teilung 
herantreten, indem diese kleinen Besetzungs- und 
Verwaltungsfragen beiseite gelassen werden, die 
ganz und gar dem Geiste widersprechen, der sie 
)u diesem Befreiungskriege drängte. Während 
wir bei den Friedensverhandlungen in London 
und im präliminarvertrag, den wir dort unter- 
ceichnet haben, alle Gebiete der europäischen 
Türkei auf gemeinsame Rechnung verlangt und 
erhalten haben, wodurch wir unbestreitbar an 
gedeutet haben, daß wir sie durch ein gemein 
sames Einvernehmen und auf Grund von all 
gemeinen Principien, die den Frieden auf dem 
Balkan gewährleisten können, teilen werden, 
läßt die bulgarische Regierung Maßnahmen 
ergreifen, welche die friedliche Lösung der cwi- 
schen den Verbündeten bestehenden Streitfragen 
gefährden können, und schreibt uns Absichten 
)u, für deren Bestehen in unserer Haltung 
in der Vergangenheit und in der Gegenwart 
kein Anceichen )u finden ist. 
Der versöhnliche Geist hat uns niemals ver 
lassen, selbst dann nicht, als die von den Bul 
garen in Saloniki und anderswo heraufbe 
schworenen Schwierigkeiten uns auf harte proben 
stellten. Bei den letzten Angriffen bulgarischer 
Streitkräfte haben wir es für unsere Pflicht ge 
halten, uns nicht fortreißen cu lassen und, wie 
wohl wir erwidern konnten, haben wir es nicht 
tun wollen, um das Bündnis, das die beiden 
Völker vereinigt, nicht scheitern cu sehen. 
Wir wollen nicht hervorheben, was in der 
bulgarischen Antwort über die Verfolgungen 
gesagt ist, unter denen das bulgarische Element 
in Macedonien von seiten der Griechen leide. 
Unsere Behörden hatten die Pflicht, diejenigen 
cu verhaften, die sich Verbrechen schuldig ge 
macht haben, und die Komitatschis cu verfolgen, 
die durch ihre Treibereien die öffentliche Ord 
nung in den von den Griechen besetzten Distrik 
ten in Gefahr brachten. Die Zahl dieser Ver 
haftungen ist übrigens unbedeutend, wovon man 
sich leicht überceugen kann. Dagegen haben wir 
uns wiederholt in Sofia über die cahlreichen 
Verfolgungen und Bedrückungen beklagt, unter 
denen das griechische Element sowohl in Thra- 
)ien als in den von Bulgaren besetzten Gebieten 
in Macedonien leidet. 
Die Antwort der Sofioter Regierung läßt 
unseren Vorschlag, die Effektivstände der ver 
bündeten Armeen in Macedonien herabcusetzen, 
was sicherlich eine wohltuende Entspannung 
herbeigeführt hätte, nur unter einer eincigen 
Bedingung cu, nämlich daß Griechenland M- 
stimme, daß die bulgarischen Truppen unvercüg- 
lich und zusammen mit den griechischen Truppen 
alle Gebiete im Norden, Osten und Südwesten
	        
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