Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

Einwirken der Mächte in Belgrad und Sofia. 
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Die Vereinbarungen Mischen den General 
stäben haben ihren Ursprung in der Militär 
konvention, welche besagt, das) Verteilung und 
Konzentrierung der mobilisierten Streitkräfte und 
die Operationen nach vorherigem Einverständnis 
der Chefs der Generalstäbe erfolgen werden. 
Diese Vereinbarungen haben also unMeifelhaft 
verbindlichen Charakter, der von den beiden 
Legierungen anerkannt worden ist. Infolgedessen 
ist die Leugnung ihrer Giltigkeit oder die Ein 
schränkung ihrer Tragweite seitens Serbiens un 
gerechtfertigt und alle diesbezüglichen Behaup 
tungen der serbischen Negierung fallen von selbst 
zusammen. Vach den erwähnten Vereinbarungen 
war Bulgarien nicht verpflichtet, auf den make 
donischen Kriegsschauplatz 100.000 Streiter zu 
senden, sondern blos) eine Division, was es 
auch getan hat. Selbst diese Division konnte 
nach Zurückdrängung der Türken über die Linie 
Usküb—Köprülü—Istip hinaus auf den thrazi- 
schen Kriegsschauplatz Mückberufen werden. 
Serbien war verpflichtet, auf den thrazischen 
Kriegsschauplatz die notwendigen Truppen 
zu entsenden, sobald die Votwendigkeit, sämt 
liche vereinbarten Truppen auf dem makedoni 
schen Kriegsschauplatz zurückzuhalten, aufgehört 
haben würde. 
Serbien und Bulgarien führten nur ihre 
Verpflichtungen strikte aus, nicht mehr und nicht 
weniger. Der thrazische Kriegsschauplatz mußte 
als der Hauptkriegsschauplah erscheinen, insbe 
sondere infolge des Umstandes, daß die Beherr 
schung des Agäischen Meeres durch die italieni 
sche und sodann durch die griechische Flotte die 
Türkei der Möglichkeit beraubte, ihre asiatischen 
Truppen nach Makedonien zu dirigieren und 
sie Mang, sie ausschließlich nach Thrakien zu 
entsenden. 
Auf dem makedonischen Kriegsschauplätze 
war eine relativ schwache Armee verblieben, 
welche die bulgarischen Truppen bereits am 
12. Tage des Krieges von dem Kern der tür 
kischen Streitkräfte abschnitten und gegen welche 
die serbischen, griechischen und montenegrinischen 
Truppen gemeinsam zu kämpfen hatten. Schon 
die Tatsache, daß während der ganzen Dauer 
des Krieges das serbische Oberkommando nicht 
das Bedürfnis fühlte, die Entsendung von mehr 
als 32.000 Mann bulgarischer Truppen auf 
den makedonischen Kriegsschauplatz zu verlangen 
und im Gegenteil es für möglich hielt, von 
diesem Kriegsschauplatz etwa 35.000 Mann 
serbischer Truppen zu detachieren, um sie nach 
Adrianopel zu dirigieren, beweist ganz offen 
sichtlich, daß, wenn der bulgarische Generalstab 
100.000 Mann auf den makedonischen Kriegs 
schauplatz entsendet hätte, dieser Vorgang für 
alle Verbündeten verhängnisvoll gewesen wäre. 
Mas die Behauptung betrifft, daß Serbien, der 
bulgarischen Hilfe beraubt, eine viel zahlreichere 
Armee habe mobilisieren müssen, als wozu die 
Konvention es verpflichtete, so ist sie unbegrün 
det, denn Bulgarien hat Serbien die versprochene 
Hilfe geleistet. 
Außerdem verpflichtet die Militärkonvention 
die beiden Länder, eine auf 150.000 Mann 
serbischerseits und 200.000 Mann bulgarischer- 
seits festgesetzte Mindestzahl von Truppen ins 
Treffen zu schicken, sie seht aber nicht die Höchst 
zahl fest. Bulgarien hat selbst eine fast dreimal 
höhere Truppenzahl mobilisiert, als die vorge 
sehene Mindestzahl. Es steht außer Zweifel, 
daß Bulgarien, indem es das Gros der türki 
schen Streitkräste auf den Schlachtfeldern von 
Lüle Burgas und Bunar Hiffar zerschmetterte 
— von den anderen Kämpfen und der Fest 
haltung der asiatischen Neserven bei Tschatal- 
dscha und Bulair zu schweigen — mehr als seine 
Vertragspflicht getan. 
Da jede militärische Koalition die Aufgabe 
hat, den Feind niederzubrechen und die Mas 
sen der Verbündeten zum Siege zu führen, und 
da bei Erfüllung dieser wesentlichen Aufgabe 
die Verbündeten die Pflicht haben, sich gegen 
seitig mit allen Mitteln beizustehen, kann die 
bulgarische Negierung nicht ihre Überraschung 
verhehlen, daß Fragen dieser Art als Motiv 
für Kompensationen dienen können. 
Bezüglich der Kompcnsationsforderungen, 
welche mit der Tatsache begründet werden, daß 
Bulgarien mehr Gebiet im Osten erlangt, 
während Serbien solches im Mesten verliert, 
konstatiert die Note, daß diese Forderungen 
dem geheimen Zusatzabkommen zuwiderlaufen, 
welches die äußersten Grenzen der beiderseitigen 
Erwerbungen im Osten von der Struma und 
vom Nhodopegebirge und im Mesten und Vör 
den vom Schardagh nicht bestimmt. Der Ver 
trag macht keine Erwähnung von dem adriati 
schen Küstengebiete. Vichtsdestoweniger hat die 
bulgarische Negierung, von den Gefühlen der 
Solidarität geleitet, die serbische Negierung 
rechtzeitig mehr als einmal verständigt, daß 
Bulgarien bereit sei, Serbien zu unterstützen. 
Der Entschluß Serbiens, auf die Adriaküste zu 
verzichten, wurde ohne Misten der bulgarischen 
Negierung gefaßt, und wenn das Aufgeben des 
adriatischen Küstengebietes für Serbien ein von 
den Großmächten auferlegtes Opfer bildet, so 
bilden die Abtretung Silistrias, das Aufgeben 
von Tschataldscha und der Marmaraküste auch 
ein solches für Bulgarien, übrigens ist dieses 
Opfer nicht von großer Bedeutung für Serbien 
nach dem Entschlüsse der Mächte, ihm einen 
kommerziellen Zugang zur Adria zu gewähren, 
und nach der Vereinigung der serbisch-montene 
grinischen Grenzen, die schon jetzt Serbien die 
Verfügung über zwei ausgezeichnete Häfen gibt,
	        
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