Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

Versuche )ur Einigung. 
VJVm 2. Juni 1913 meldete die „Agence 
Die Ministerpräsidenten Geschow 
und Paste hatten heute Vacht eine 
Zusammenkunft in Iaribrod, um ihre Ansichten 
über die Lage auszutauschen. 
Sie einigten sich im Prinzip dahin, das) die 
Ministerpräsidenten der 4 Balkanstaaten zu 
sammentreten sollen, um den Versuch zu unter 
nehmen, zu einem gegenseitigen Einvernehmen 
über alle die Verbündeten berührenden Fragen 
zu gelangen. 
Aus Belgrad wurde gemeldet: 
Die Begegnung Mischen Paste und Ge 
schow, die nahezu 3 Stunden währte, nahm, 
wie in informierten Kreisen erklärt wird, einen 
herzlichen Verlauf; bei den Besprechungen er 
gab sich, das) die serbischen und die bulgarischen 
Staatsmänner im gleichen Maße von dem Be 
streben erfüllt sind, durch gegenseitiges Ent 
gegenkommen die Erhaltung des Balkanbundes 
zu ermöglichen. Angesichts dieser Tendenzen der 
leitenden Kreise beurteilt man die Lage durch 
aus optimistisch. 
Der bulgarische Ministerpräsident Geschow 
erklärte einem Korrespondenten nach seiner Rück 
kehr aus Iaribrod: 
Ich hoffe, das) meine Begegnung mit Paste 
eine gewisse moralische Entspannung herbei 
führen dürste. Um unseren guten Millen zu zeigen, 
haben wir in eine Konferenz zu vieren einge 
willigt. Es ist nicht unmöglich, das) diese einen 
Ausweg aus unserer kritischen Lage findet. Auf 
die Bemerkung, ob sich Paste durch seine Er 
klärungen in der Skupschtina nicht zu sehr fest 
gelegt habe, bemerkte Geschow, das) er ebenso 
wenig nachgeben könne. 
Der serbische Ministerpräsident Paste erklärte 
dagegen, es sei noch kein Anlas) vorhanden, 
ihn zu beglückwünschen. „Unsere Begegnung war 
sehr herzlich. Ich für meinen Teil bin sehr zu 
frieden. Mir haben beschlossen, alle Fragen zu 
lösen, ohne Dritte heranzuziehen. Mir sind über 
eingekommen, das) die Leiter der Verbündeten 
zusammenkommen sollen, um eine endgiltige 
Verständigung über alle die Balkanverbündeten 
interessierenden Fragen zu erzielen. Es werden 
große Schwierigkeiten zu überwinden sein, aber 
sie sind nicht unüberwindbar, wenn die Ver 
bündeten ihren guten Millen betätigen. Ich 
hoffe, daß ein Krieg zwischen Serbien und 
Bulgarien zu vermeiden sein wird. Jedenfalls 
wird unsere Armee für jede Eventualität bereit 
sein, solange die endgiltigen Abmachungen nicht 
unterzeichnet sind." 
Soweit die beiden Ministerpräsidenten. 
Interessant, weil für die folgende Zeit bedeut 
sam, sind Äußerungen, die Dr. Danew, der 
Sobranjepräsident und Friedensdelegierte Bul 
gariens, am 3. Juni in Mien einem Vertreter 
der „Veuen Freien Presse" gegenüber abgegeben 
hat. Dr. Danew sagte: 
Der lUockus proeedendi für die Verhand 
lungen mit Serbien bietet die größten Schwierig 
keiten, obwohl er eigentlich sehr einfach sein 
könnte, denn die Serben haben nichts zu tun, 
als den bestehenden Vertrag zu erfüllen. Mir 
Bulgaren werden alles tun, um den Konflikt 
in friedlichem Sinne zu lösen; wir sind weit 
davon entfernt, einen Krieg zu wollen, aber 
wir müssen auf Erfüllung des Vertrages be 
stehen. Merden die Serben ihn anerkennen, 
werden sie sich dem Schiedsgericht unterwerfen 
oder nicht, das ist die Frage, von deren Be 
jahung oder Verneinung alles abhängt. 
Uber das Mesen des Konfliktes möchte ich 
folgendes bemerken. 
Die Serben sagen, sie hätten mehr geleistet, 
als sie nach dem Vertrage zu leisten verpflichtet 
gewesen wären. 
Zugestanden, allein wir haben sie nicht da 
zu gezwungen, sie haben das aus eigenen 
Stücken getan. Und dann können wir mit dem 
gleichen Aechte sagen, wir hätten gleichfalls 
mehr geleistet, als wir verpflichtet waren. Auch 
wir haben mehr mobilisiert, als im Vertrage 
vorgesehen war. Und wenn man die Leistungen 
nach dem Erfolg beurteilt, wer hat mehr ge 
leistet, wir oder die Serben? Mo stand die 
Hauptmacht der Türken, in Thrazien oder in 
Mazedonien? Bei Lüle Burgas, wo uns 
150.000 Türken gegenüberstanden,- dort wurde 
der Krieg entschieden, dort wurde die Türkei 
vernichtet; nicht in Mazedonien. Und es waren 
die bulgarischen Soldaten, die diese Siege mit 
ihrem Blute erkauften. 
Als zweiten Grund führen die Serben für 
die Votwendigkeit der Vertragsrevision an, daß
	        
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