Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

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Die neuen Friedensverhandlungen in London. 
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durch diese Rechnung, und Serbien mußte sich 
unter dem Druck der Mächte daxu verstehen, 
seine Truppen vor Skutari abzuberufen, oder 
wenigstens die Teilnahme an dem Bombarde 
ment der Stadt zu untersagen. Ob in Wirklich 
keit nicht doch serbische Soldaten viel länger, 
als amtlich zugegeben wurde, vor Skutari ge 
kämpft hatten, ist eine Frage, die wohl nie 
genau beantwortet werden kann. 
So xogauf dem Balkan selbst ein neues und 
schweres Gewitter herauf, während sich in Lon 
don die Diplomaten um den Entwurf eines 
Präliminarvertrages Mischen der Türkei und 
den Balkanverbündeten bemühten. Die blutige 
Saat, die auf dem Balkan gesät war, schoß 
auf; die Sieger, die ihre Siege durch blutige 
Greuel besudelt hatten, begannen sich bereits 
um die Siegesbeute xu balgen. 
Die neuen Friedensverhandlungen in London. 
'm 6. Mai 1913 meldete „Reuters Bu 
reau" aus London: 
Gestern abends haben die Bot 
schafter ihren Regierungen den auf 
Grund der Verhandlungen Mischen den Bot 
schaftern in London abgefaßten Text der Frie 
densverhandlungen telegraphisch mitgeteilt. 
Man erwartet, bis 8. Mai die Zustimmung 
der Regierungen zu erhalten. 
Der erste Paragraph registriert die Tatsache, 
daß Friede und Freundschaft Mischen den Krieg 
führenden wieder hergestellt sind. 
Der Meite Paragraph besagt: Die Türkei 
wird alle Gebiete westlich der Linie Enos— 
Midia abtreten. 
Ein weiterer Artikel bestimmt: Die Krieg 
führenden willigen ein, die Festsetzung der Gren 
zen und des Statuts Albanien den Mächten 
xu überlassen. Kreta wird an Griechenland ab 
getreten werden. 
Das Schicksal der Agäischen Inseln und das 
Statut des Berges Athos werden von den 
Mächten bestimmt werden. 
Der sechste Artikel besagt: Alle aus dem 
Kriege entspringenden wirtschaftlichen und 
finanziellen Fragen werden von der Finanz- 
kommission in Paris geregelt werden. 
Es werden besondere Übereinkommen ge 
schlossen werden müssen, durch welche die Fragen 
der Gerichtsbarkeit und andere analoge Fragen 
geregelt werden. 
Man erwartet, daß die Balkanstaaten diese 
Bedingungen annehmen werden. Gleichwohl 
glaubt man in hiesigen griechischen Kreisen, es 
sei nicht unwahrscheinlich, daß Griechenland 
vorher einige Zusicherungen betreffend die Agäi- 
schen Inseln und die Grenze von Epirus ver 
langen werden. 
Die Türkei hatte sich bekanntlich ganx den 
Großmächten anvertraut, während die Balkan- 
staaten gewisse Vorbehalte gemacht hatten. Run 
handelte es sich nicht um eine Konferenz, wie 
bei dem ersten Versuch xur Einigung: die De 
legierten der Balkanstaaten hatten diesen Vor 
schlag der Mächte einfach anzunehmen oder 
abzulehnen. 
Die Friedensdelegierten, die von den Ver 
bündeten und von der Pforte nach London ge 
sandt wurden, waren in der Hauptsache die 
gleichen wie bei der ersten Konferenz. 
Am 12. Mai wurde die Antwort der Ver 
bündeten auf diesen Vorschlag der Mächte in 
den einzelnen Balkanhauptstädten übergeben. 
Die Antwort lautete: 
Die verbündeten Regierungen empfingen die 
Mitteilung, in der die Mächte die Balkan 
staaten auffordern, den Ort für die Friedens- 
verhandlungen xu designieren. Die Mächte 
wiederholen in dieser Mitteilung, daß sie keine 
Reserven bezüglich der Abgrenzung Albaniens 
und der Inseln xulassen. Die Verbündeten 
können jedoch nicht glauben, daß es sich bei 
der vorgeschlagenen Vermittlung darum handelt, 
ihnen die Erörterung von Fragen, die ihre Le 
bensinteressen berühren und sich aus dem sieg 
reichen Befreiungskriege ergeben, xu ver 
weigern. 
Die Verschiedenheit in den beiderseitigen 
Anschauungen darf jedoch nicht die Verhand 
lungen xum Abschlüsse des Friedens aufhalten, 
und die verbündeten Regierungen erklären, in 
dem Wunsche, den Schritten der Mächte xu 
willfahren, daß sie bereit seien, die Feindselig 
keiten einxustellen und bestimmen London als 
Ort der Friedenskonferenxen. 
Die Waffenruhe war also nunmehr in einen 
Waffenstillstand übergegangen und man er 
wartete nunmehr rasch die Jusammentretung 
der Delegierten in London und die baldige 
Unterxeichnung des Präliminarfriedens. 
Abänderungsvorschläge der Balkan 
staaten. 
Aber schon am 14. Mai meldete das 
Reutersche Bureau, es seien Anxeichen vor 
handen, die auf die Möglichkeit einer langen 
Dauer der Friedensverhandlungen hindeuten.
	        
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