Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

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Die Übergabe von Skutari an die Montenegriner. 
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Der montenegrinische Kommandant verstän 
digte sofort den König, der darauf den erwähnten 
Kronrat einberief. Gestern gingen General 
Vukotic und der frühere Gesandte in Konstanti 
nopel, plamenac, als Bevollmächtigte nach 
Skutari ab, wo sie gestern nachmittags ein 
trafen und sofort eine Unterredung mit Effad 
Pascha hatten. Ms ich Cetinje verliest, lag noch 
keine Aachricht über das Ergebnis dieser Unter 
redung vor, doch hegte man in Cetinje keinen 
Zweifel, dast die Verhandlungen mit der Über 
gabe dieser Stadt endigen würden. 
Soweit der Korrespondent. Von monte 
negrinischer Seite wurde unterm 22. April be 
richtet: 
In der vergangenen Aacht ergriffen die 
montenegrinischen Truppen an der Front sämt 
licher Linien die Offensive. Der Bajonettkampf 
dauerte die ganze Aacht- Die Türken verloren 
an der östlichen und südwestlichen Front eine 
ganze Aeihe von Befestigungen, auf welchen 
nunmehr die montenegrinischen Fahnen wehen. 
Heute früh 7 Uhr unternahmen die Türken 
mit frischen Truppen einen Gegenangriff, sie 
wurden mit beträchtlichen Verlusten zurück- 
geschlagen. 
Unsere Verluste sind grost, jedoch noch nicht 
genau festgestellt. 
In allen Befestigungen um Skutari herum, 
sowie in der Stadt selbst, bemerkt man eine 
lebhafte Bewegung. Die Kämpfe dauern fort. 
Der Fall Skutaris ist bevorstehend. 
Die Übergabe von Skutari an die Montenegriner. 
Kriegsschiffe der Mächte lagen vor 
s'jfcMjl der montenegrinischen Küste und 
wenige Kilometer von dieser Küste 
* « vollzog sich eine Komödie, die wie 
ein Satirspiel auf die europäische Diplomatie 
sich ansah. Am 23. April 1913 wurde aus amt 
licher montenegrinischer Ouelle gemeldet: 
Die montenegrinischen Truppen sind 
siegreich in Skutari eingezogen. 
Eine zweite Meldung aus der gleichen Quelle 
besagte: 
Das Protokoll, betreffend die Übergabe ist 
von Effad Pascha unterzeichnet. 
Die Garnison hat die Stadt mit ihren 
Waffen verlassen. Die türkischen Truppen 
verliesten zuerst die Stellungen, die von den 
Montenegrinern nicht beseht worden waren. Um 
11 Uhr nachts flatterten die montenegrinischen 
Fahnen auf dem Tarabosch und auf Brdica. 
Hierauf verliesten die Türken die übrigen Posi 
tionen. Auf der Zitadelle wurden die monte 
negrinischen Fahnen gehistt, hierauf besetzten 
montenegrinische Truppen die Stadt. Auf der 
montenegrinischen Front verkündeten Salven die 
Besetzung Skutaris. In Cetinje wurde die Aach 
richt vom Falle Skutaris um 2 Uhr nachts 
durch ein an den König gerichtetes Telegramm 
des Erbprinzen bekannt. Kanonenschüsse und 
Glockengeläute verkündeten der Bevölkerung der 
Hauptstadt das Ereignis. Alle Bewohner ver 
liesten die Wohnungen und zogen vor den 
Palast, wo sie dem König, der königlichen Fa 
milie und der Armee stürmische Ovationen be 
reiteten. König Aikolaus hielt vom Balkon eine 
Ansprache an die Menge. 
Hier herrscht unbeschreibliche Begeisterung. 
Die Vertreter der verbündeten Balkanstaaten er 
schienen im Palast und beglückwünschten den 
König. 
Zu dem überschwenglichen Jubel darüber, 
dast Montenegro entgegen dem Willen Europas 
in den Besitz von Skutari gelangt war, war im 
Grunde wenig Anlast vorhanden. Skutari hatte 
sich nicht etwa den heldenmütig anstürmenden 
Montenegrinern nach hartnäckigem Kampfe über 
geben, wie Adrianopel den Bulgaren und Ser 
ben: König Aikolaus hatte mit dem Befehls 
haber von Skutari, mit Effad Pascha Toptani, 
heimliche Verhandlungen angeknüpft und das 
Aesultat dieser Verhandlungen war, dast die 
Türken mit allen Waffen, mit der gesamten 
Munition, sogar mit ihrer Artillerie abziehen 
durften. Aach einem Siege gewährt man keine 
solchen Bedingungen; das geschieht nur, wenn 
gütliche Vereinbarungen getroffen wurden. Es 
ist nie ganz klar geworden, was sich zwischen 
König Aikolaus und Effad Pascha abgespielt 
hat, was Effad Pascha bewogen hat, die Stadt 
zu übergeben. Die Bedingungen für ihn waren 
freilich glänzend und zudem litt die Stadt unter 
grostem Mangel an Lebensmitteln und vor allem 
auch unter dem heftigen Feuer der Belagerungs 
geschütze. Das sind Gründe genug zur Übergabe. 
Ob Effad Pascha dem König Versprechungen 
über Albanien gemacht hat und über den Besitz 
von Skutari selbst, ist nie genau festgestellt 
worden. 
Detailberichte über die Übergabe. 
Abgesehen von einer aus dem montenegrini 
schen Lager stammenden abenteuerlichen Schil
	        
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