Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

Die panslawistische Propaganda in Ausland. 
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schwierig waren und er deutete an, das) die ge 
meinsame Aktion nur deshalb unternommen 
wurde, um Sonderaktionen zu verhüten. Eine 
Demonstration gegen Montenegro und Serbien 
also, die sich letzten Endes gegen Österreich- 
Ungarn richtete. 
Die Aktion vor Antivara ging weiter. Am 
7. April wurde aus Sutomore gemeldet: 
Das Städtchen Sutomore bietet heute einen 
trostlosen Anblick. Grau und düster ist der 
Himmel und es regnet in Strömen. Der Wind 
ist aber weniger gefährlich, als der gestrige 
Scirocco, und ich unternahm es, auf einer 
Barke zur Flotte hinauszufahren. Einfach ging 
die Sache freilich nicht, die Mellen schlugen uns 
einigemal zurück und wir waren wiederholt in 
Gefahr, umgeworfen zu werden, bis wir endlich 
über die Brandung hinwegkommen konnten. 
Die Blockade hat noch nicht begonnen. Vor 
läufig dauert noch die Flottendemonstration an 
und der englische Vizeadmiral Burney, der 
Kommandant der Flotte, wartet auf weitere Be 
fehle seiner Regierung. 
Zeitlich früh liefen heute der österreichische 
Kreuzer ..Aspern" und der gestern angekommene 
englische Kreuzer in der Richtung nach Dulcigno 
aus. Mie ich erfahre, unternehmen sie eine 
Rekognoszierungsfahrt, die sich bis Korfu er 
strecken soll. 
Bisher ist noch nicht bestimmt, ob eine 
Friedens- oder eine Kriegsblockade beschlossen 
werden wird. In dem einen wie im anderen 
Falle erhalten alle in dem blockierten Hafen 
befindlichen Schiffe einen befristeten Auftrag, 
den Hafen zu verlassen. Sobald die Blockade 
angekündigt ist, dürfen keine Schiffe in den 
blockierten Hafen einlaufen; zuwiderhandelnde 
Schiffe werden bei einer Friedensblockade provi 
sorisch, bei einer Kriegsblockade dauernd be 
schlagnahmt. 
Die Blockade dürfte, wie man hier annimmt, 
sobald sie verhängt wird, sich nicht auf die 
montenegrinische Küste beschränken, sondern auch 
auf die albanesische erstrecken, die ja ebenfalls 
von montenegrinischen und serbischen Truppen 
beseht ist. Mit Rücksicht auf die Formation dieser 
Küsten, an denen eine Landung fast ausge 
schlossen, zumindest aber ungeheuer schwierig und 
zeitraubend ist, dürfte man sich auf die Blockie 
rung der Häfen beschränken. In Betracht dürften 
kommen Antivari, Dulcigno, San Giovanni 
di Medua, Alessio und Durazzo. Ratürlich wird 
dabei auch die ganze Küste beobachtet werden. 
* . * 
* 
Und König Nikolaus sah sich die imposante 
Kundgebung der Großmächte an und gab den 
Befehl zur Verschärfung der Angriffe auf 
Skutari. . . . 
Die panslawistische Propaganda in Rußland. 
Lösung des Rätsels war sehr ein- 
PütM» fach. König Nikolaus erwartete Hilfe 
von Rußland. Nicht nur weitere Mu- 
® nition und weiteres Geld, sondern 
ein Eingreifen der russischen Politik zugunsten 
seiner Ansprüche auf Skutari. Mir haben 
gesehen, wie die panslawistische Propaganda in 
Rußland schon während des ersten Teiles des 
Krieges einsetzte und zu einem Kriege gegen 
Österreich-Ungarn hetzte. Nun begann die Agi 
tation in verstärktem Maße. Unterm 8. April 
wurde aus Petersburg gemeldet: 
Eine Versammlung des galizisch-ruffischen 
Vereines nahm gestern eine Resolution folgen 
den Inhalts an: 
Menn ein österreichisch-ungarisches Kontroll 
recht über die Freiheit des Katholizismus im 
eroberten Albanien zugelassen wird, so ist eine 
russische Kontrolle über die Freiheit der Ortho 
doxie in Österreich-Ungarn umso gerechter. 
Graf Bobrinski verlas ein vom wolhyni- 
schen Erzbischof eingesandtes Gedicht, das zur 
Auspflanzung der russischen Fahne auf den Kar- 
Baltankrieg. II. 
pathenhöhen auffordert, woraus ..Nieder mit 
Ssasonow und Österreich" gerufen wurde. 
Ein weiterer Bericht über diese Versammlung 
besagte: 
Der gestrigen Festversammlung der Pan 
slawisten im Adelssaale wohnten mehr als 
5000 Personen aller Stände an. Auf dem Po 
dium saßen mehrere Erzbischöfe und Generale. 
Zn der ersten Reihe sah man den Dumapräsi 
denten Rodsjanko und den Fürsten Molkonski, 
Reichsräte, Abgeordnete, Geistliche und Bauern. 
Als Graf Bobrinski seinen Vortrag über 
die ..Verfolgung der Ruthenen in Österreich" 
hielt, ertönten von der Galerie laute Zurufe: 
..Fort mit Ssasonow! Nieder mit Österreich!" 
die von der ganzen Versammlung wiederholt 
wurden. Dann kam es zu einer stürmischen 
Kundgebung. Die anwesenden Offiziere und 
Marineoffiziere wurden unter Rufen ..Hoch die 
russische Armee!" begeistert aufgehoben und durch 
den Saal getragen. Rufe wurden laut: ..Auf 
zu den Maffen! Merfet Österreich nieder!" 
Alle slawischen Nationalhymnen wurden ge 
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