Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

Die internationale Situation. 
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mischte. Dieser befahl dem Hafenkapitän, die 
Erlaubnis zur Löschung nicht auszufertigen und 
dem Kapitän Blassich, die serbischen Truppen, 
die sich auf sieben außerhalb des Hafens ver 
ankerten griechischen Dampfern befanden, zu 
landen. 
Kapitän Blassich weigerte sich, dies zu tun, 
indem er erklärte, der Dampfer „Skodra" trage 
die österreichisch-ungarische Flagge und könne 
eine solche Aufgabe nicht übernehmen. Er fügte 
hinzu, daß er dem Verlangen, des montenegrini 
schen Kommandanten ohne eine besondere Er 
mächtigung seitens der Leitung der Ungaro- 
Eroata nicht Folge leisten könne. Da hätte 
ihn nun der montenegrinische Militärkomman 
dant bedroht. Mährend dieses sehr heftigen 
Wortwechsels hätte nach Nussage Blassichs der 
montenegrinische Militärkommandant ihm den 
Vevolver an die Brust gedrückt und ihn mit 
dem Tode bedroht. In diesem Moment erschien 
der türkische Kreuzer „Hamidijeh", der das 
Bombardement der Stadt und der griechischen 
Transportschiffe begann. 
Die „Skodra" war gut geschützt und erlitt 
keinen Schaden. Infolge des Bombardements 
brach eine große Panik aus. Der Hafenkapitän 
befahl nun dem Kapitän Blassich peremtorisch, 
mit der „Skodra" auszuführen, um die schiff 
brüchigen serbischen Soldaten zu sammeln und 
in Sicherheit zu bringen. Kapitän Blassich wei 
gerte sich, dies zu tun. Der montenegrinische 
Militärkommandant überhäufte ihn nun mit Be 
schimpfungen aller Nrt. Er nannte ihn einen 
österreichischen Spion und stieß neue Drohungen 
gegen ihn aus. Er drohte, wenn Kapitän 
Blassich nicht sofort gehorche, diesen samt der 
ganzen Besatzung füsilieren zu lassen. 
Zugleich kam an Bord der „Skodra" ein 
montenegrinischer Gendarm, der dem ersten 
Maschinisten den Vevolver an die Brust 
setzend, befahl, die Maschinen in Bewegung zu 
setzen. Die Situation war äußerst dramatisch. 
Vach heftigem Streit gelang es dem Kapitän 
Blassich, sich den Erlaubnisschein zur Nusfahrt 
ausfolgen zu lassen, der montenegrinische Mili 
tärkommandant intervenierte jedoch abermals, 
entriß dem Hafenkapitän den Erlaubnisschein 
und steckte ihn ein. Dann forderte er Kapitän 
Blassich auf, eine in serbischer Sprache abge 
faßte Erklärung zu unterzeichnen, in welcher es 
heißt, daß ihm kein Zwischenfall zugestoßen, 
daß ihm kein Unrecht widerfahren sei. Kapitän 
Blassich unterzeichnete die Erklärung und bekam 
nun den Erlaubnisschein wieder. Nn Bord 
zurückgekehrt, beeilte er sich, die Nnker zu lich 
ten und setzte hierauf die Veise ohne weiteren 
Zwischenfall fort. 
Vach der Nbreise der „Skodra" kam der 
ebenfalls der Ungaro-Croata gehörige Dampfer 
„Villam" in San Giovanni di Medua an 
Cs ereignete sich hiebei kein Zwischenfall. 
Das Ungarische Telegraphen-Korrespondenz- 
Bureau schilderte auf Grund authentischer In 
formationen den Zwischenfall folgendermaßen: 
Der Dampfer „Skodra" war unter dem 
Kommando des Kapitäns Blassich in San 
Giovanni di Medua eingetroffen, um dort 
seine Ladung zu löschen. Der Hafenkapitän und 
der Platzkommandant verboten ihm dies und 
verlangten von ihm, vor den Hafen zu fahren 
und von den dort verankerten 7 griechischen 
Transportschiffen serbische Mannschaften und 
Kriegsmaterial in den Hafen zu bringen. 
Blassich weigerte sich, dies zu tun, indem er 
darauf hinwies, daß er von der Direktion der 
Ungaro-Eroata keine Bevollmächtigung hiezu 
habe. 
Der Hafenkapitän drohte nun Blassich und 
wollte ihn zwingen, seinem Verlangen nachzu 
kommen, als der türkische Kreuzer „Hamidijeh" 
herkam und das Bombardement auf den Hafen 
begann. Hiedurch wurden 4 griechische Trans 
portschiffe zum Sinken gebracht und 3 schwer 
beschädigt. Die „Skodra" erlitt keinen Schaden, 
da sie auf einem günstigen Platze vor Nnker 
lag. Nls die„Hamidijeh" wieder verschwunden 
war, verlangte der Hafenkapitän von Blassich, 
dieser möge mit seiner Mannschaft die ins 
Maffer gefallenen serbischen Soldaten retten. 
Blassich berief sich darauf, daß die Vettungr- 
arbeit sehr gefährlich wäre und wies das Ver 
langen zurück. Hierauf kam der plahkommandant 
und erklärte, daß er, wenn Blassich und die 
Bemannung der „Skodra" nicht gehorchen wür 
den, sie alle zusammen füsilieren lassen würde. 
Gleich darauf erschien ein montenegrinischer 
Gendarm auf dem Schiffe und zwang den 
Maschinisten mit vorgehaltenem Vevolver, das 
Schiff in Volldampf zu setzen. 
Der Kommandant der „Skodra" hatte sich 
inzwischen in das Hafenkapitanat begeben und 
um die Erlaubnis ersucht, nach Fiume abdampfen 
zu dürfen. Der Hafenkapitän gewährte diese 
Erlaubnis, doch mußte Blassich vorher eine in 
serbischer Sprache gehaltene Erklärung unter 
fertigen, wonach er in San Giovanni di Medua 
unbehelligt geblieben und ihm keinerlei Unrecht 
widerfahren sei. Kaum war der Erlaubnisschein, 
betreffend die Nbfahrt der „Skodra", unter 
fertigt, erschien der plahkommandant, ein Monte 
negriner, im Hafenkapitanat und nahm den 
Schein an sich. Vun machte Kapitän Blassich 
kurzen Prozeß. Er kehrte auf sein Schiff zurück 
und fuhr mit Volldampf aus dem Hafen. Von 
einer Verfolgung konnte natürlich keine Vede 
sein, da in San Giovanni di Medua kein einziges 
griechisches Kriegsschiff vor Nnker lag, mit dem 
man die Verfolgung hätte aufnehmen können. 
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