Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

Die proklamierung der Unabhängigkeit Albaniens. 
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Was ist daran wahr, daß Prinz Heinrich 
sich im Aufträge Sr. Majestät nach Rußland 
begeben wird? 
„Daran ist kein Wort wahr, die Aachricht 
ist Erfindung." 
Ist es vielleicht auch bloß eine Erfindung, 
daß der Sr. Majestät zum persönlichen Dienst 
attachierte russische Generalmajor Tatitschew in 
der nächsten Zeit einen eigenhändigen Brief 
des Kaisers dem Zaren überreichen wird? 
„Urteilen Sie selbst: Tatitschew ist hier 
und bleibt, wie allgemein bekannt, bis zu den 
ersten Tagen des Dezember hier. Wie könnte 
es verständlich sein, daß wir in solchen Zeiten, 
wo jeder versäumte Moment eventuell die schwer 
wiegendsten Konsequenzen nach sich ziehen würde, 
die Weiterbeförderung eines so wichtigen Schrift 
stückes so lange hinausschieben würden? An 
diesen Aachrichten ist kein Wort wahr und sie 
sind bloß charakteristische Folgen der zu sehr 
nervösen öffentlichen Meinung." 
Aoch eine letzte Frage: In einigen Blättern 
wurde eine Mitteilung der „Aorddeutschen All 
gemeinen Zeitung" mit Kommentaren begleitet, 
Die proklamierung der 
albanesische Frage gewann inzwischen 
PfcMj ein neues Gesicht. Am 28. Aovem- 
ber, genau an dem Tage, an dem 
^ die serbische Armee in Durazzo ein 
bog, meldete die „Agenda Stefani" aus Valona: 
Ismail Kemal Bey ist hier eingetroffen und 
hat den italienischen und den österreichisch 
ungarischen Konsul besucht. Es verlautet, Ismail 
Kemal Bey habe den beiden Konsuln gegen 
über betont, die Unabhängigkeit Albaniens 
gründe sich auf die Prinzipien der territorialen 
Integrität und der Aeutralität. Albanien habe 
Vertrauen in das Wohlwollen aller Mächte. 
Heute soll hier eine Versammlung von alba- 
nesischen Delegierten die Unabhängigkeit und 
Aeutralität Albaniens proklamieren und eine 
provisorische Regierung einsetzen. Auch die alba 
nesische Flagge soll gehißt werden. 
Eine Kommission werde ehebaldigst ab 
geschickt werden, um bei den europäischen Re 
gierungen, beginnend bei der italienischen, um 
die Anerkennung des autonomen Albanien zu 
bitten. 
Bis jetzt sind in Valona 80 albanesische 
Delegierte angekommen. Man erwartet noch 
weitere Delegierte, darunter Jssa von Boletin, 
der mit Streitkräften eintreffen soll. 
Am 29. Aovember sandte der Präsident der 
bereits konstituierten provisorischen Regierung 
nach denen zwischen der österreichisch-ungarischen 
Monarchie und den Leitern der auswärtigen 
Politik Deutschlands die Eintracht aufgehört 
hätte oder, wörtlich zitiert, als hätte die reichs- 
deutsche Regierung die Aktion der Monarchie 
abgewinkt? 
„Ich ermächtige Sie, diesen Aachrichten auf 
das allerentschiedenste entgegenzutreten und sie 
kategorisch zu dementieren. Zwischen unserer 
Regierung und der österreichisch-ungarischen 
Monarchie ist die Harmonie, die Eintracht und 
das Zusammenwirken vollkommen. Alles andere 
ist erfunden." 
In Österreich richtete man sich indes auf alle 
Fälle ein. Am 30. Aovember erließ Österreich- 
Ungarn ein Pferdeausfuhrverbot und zur gleichen 
Zeit wurde in beiden Parlamenten der Monarchie 
ein Kriegsleistungsgesetz vorgelegt, zwei Mo 
mente, die deutlich zeigten, daß Österreich- 
Ungarn sich mit der Möglichkeit vertraut ge 
macht hatte, einen Krieg führen zu müssen. 
Unabhängigkeit Albaniens. 
Albaniens, Ismail Kemal Bey, an den 
österreichisch-ungarischen Minister des Äußern, 
Grafen Berchtold, folgende Depesche: 
Die heute in der Stadt Valona zusammen 
getretene Aationalversammlung, die aus Dele 
gierten aller albanesischen Gegenden ohne Unter 
schied der Religion besteht, hat soeben die poli 
tische Unabhängigkeit von Albanien proklamiert 
und eine provisorische Regierung eingesetzt, die 
beauftragt ist, die Rechte und die Existenz des 
von den serbischen Armeen mit der Vernichtung 
bedrohten albanesischen Volkes zu verteidigen 
und den von den Armeen der verbündeten Bal 
kanstaaten überschwemmten vaterländischen Boden 
zu befreien. 
Indem ich dies Euer Exzellenz zur Kenntnis 
bringe, habe ich die Ehre, die Regierung Sr. 
Majestät zu bitten, diese Änderung im poli 
tischen Leben der albanesischen Ration aner 
kennen zu wollen. 
Die Albanesen, die hiermit in die Völker 
familie des europäischen Orients eingetreten sind, 
in der sie die ältesten zu sein sich schmeicheln, 
verfolgen nur das einzige Ziel, im Frieden mit 
allen Balkanstaaten zu leben und so ein Element 
des Gleichgewichtes zu werden und sind über 
zeugt davon, daß die Regierung Sr. k. u. k. 
Majestät ebenso wie die ganze zivilisierte Welt 
ihnen eine wohlwollende Aufnahme bereiten
	        
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