Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

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Der Fall von Adrianopel. 
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seht, kur) alle Hilfsmittel )ur Verfügung ge 
stellt, um den Erfolg )u sichern. In diesem 
Sektor waren nur bulgarische Truppen, auster 
5 Eskadronen serbischer Divisionskavallerie. In 
allen übrigen Sektoren war gar keine Vor 
bereitung )u einem ernsthaften Angriff getroffen 
und ihre Nolle war und blieb rein demon 
strativ. Um besser verstanden )u werden, must 
ich erklären, dast derartige Demonstrationen 
nicht mit Untätigkeit )u verwechseln sind. Die 
Demonstration ist auch ein Angriff und sogar 
ein recht ernster, um die wahren Pläne des 
Angreifers )u verschleiern. 
Die gute Ausführung der Demonstration 
ist ebenso wichtig für den Erfolg, wie ein ge 
schickt geführter Angriff. 
Hier haben alle Truppen ihre Pflicht erfüllt. 
In der Nacht vom 25. auf den 26. Mär) 
griff die Armee den Ostsektor an und gegen 
Morgen wurden die Forts Hadschinglar und 
Aivasbaba erobert. 
Die noch brauchbaren türkischen Kanonen 
wurden sofort gegen die anderen Forts ver 
wendet. Dies machte den übrigen Forts jeden 
Widerstand unmöglich und gegen 8 Uhr vor 
mittags waren die sämtlichen Forts der Ost 
front in unseren Händen. Unsere Truppen ver 
folgten den Feind und waren gegen 9 Uhr 
schon in die Stadt eingedrungen. Ein Teil der 
Truppen passierte die Tundscha und stand vor 
der Kaserne Janak Kaschla, um die dortigen 
türkischen Truppen )u entwaffnen. 
Der Kommandant des Gardekavallerie 
regiments ging in das Fort Haidarlak und 
dort hat sich Schükri Pascha ergeben. 
Um 8 Vs Uhr vormittags erfolgte die erste groste 
Explosion der türkischen Munitionsmaga)ine bei 
Karabiastabia. Diese Explosion war das 
Zeichen, dast das Ende des Widerstandes der 
Türken gekommen und dast die Festung )u 
weiterer Verteidigung nicht mehr fähig sei. Um 
diese Zeit führten die Truppen in den übrigen 
Sektoren den Kampf noch weiter gegen die 
Austenstellung der Türken. Gegen 10 Uhr vor 
mittags fingen die Türken an, die Nordwest- 
forts )u verlassen und sich widerstandslos )u 
ergeben,- nach und nach auch im südlichen 
Sektor. Die Entscheidung lag also in der Er 
oberung des Ostsektors; alle anderen Forts 
wurden nachher beseht. 
Nachdem die Truppen von diesem Sektor 
in die Stadt einge)ogen waren und die sämt 
lichen Brücken beseht hatten, haben die Türken 
ihre Munitionsmaga)ine in die Luft gesprengt, 
das Mehl und die Lebensmittel durch Feuer 
vernichtet und die Pferde erschossen. Die Ver 
hältnisse must man vor Augen haben, wenn 
man liest, dast das 20. serbische Regiment das 
Fort Haidarlak erobert und Schükri Pascha fest 
genommen habe. Das Fort Haidarlak ist ein 
altes Fort in )weiter Linie und war nicht ar 
miert. Es befindet sich etwa I Kilometer hinter 
dem jetzigen westlichen Fortgürtel, hinter Kcyan- 
Tepe. In diesem Fort befand sich der Stab von 
Schükri Pascha und die drahtlose Telegraphen 
station. Nachdem Schükri Pascha dem Komman 
danten der 2. Belagerungsarmee bei dem Fort 
Kaik vorgestellt war, bewilligte ihm derselbe auf 
seine persönliche Bitte, sich ins Fort Haidarlak 
begeben )u dürfen, um )U übernachten, wohin 
er auf Disposition von General Wasow hinge 
bracht wurde. 
Mit Telegramm Nr. 3910 des Komman 
danten der Belagerungsarmee war angeordnet 
worden, dast die Truppen von den sämtlichen 
Sektoren, mit Ausnahme der des Ostsektors, 
nachdem sie den Fortgürtel eingenommen, bis )ur 
Ankunft weiteren Befehls dort )U bleiben hätten. 
Dast das 20. serbische Regiment in dem 
Fort Haidarlak, welches 3 Kilometer hinter dem 
Fortgürtel liegt, erschienen ist, geschah gegen 
obigen Befehl und hat sich etwa 3 bis 4 Uhr 
nachmittags )ugetragen. 
Um Misthelligkeiten )u vermeiden, da die 
Frage über die Eroberung Adrianopels erledigt 
war, nahm General Wasow, der beschäftigt war, 
die Ordnung in der Stadt her)ustellen, dieses 
Vorgehen nachsichtig hin und beantragte sogar, 
dast diese Abteilung das Fort beseht halte. 
Niemand dachte, dast hieraus ein Streit ent 
stehen könnte, da Schükri Pascha längst von 
Oberst Mascholew festgenommen, dem General 
Wasow vorgestellt war und )uleht dem General 
Iwanow, bevor ein serbischer Soldat ihn ge 
sehen hatte. Schükri Pascha hat dies in einer 
Erklärung in Sofia bestätigt. 
Jur Klarstellung dient auch folgende De 
pesche vom Stab der 2. serbischen an den 
Kommandanten der 2. bulgarischen Armee in 
Ortaköj, abgegeben um 1 Uhr 50 Minuten am 
26. Mär): 
Der Kommandant der 2. Timokdivision teilt 
mit, dast das 20. Regiment den ihm entspre 
chenden Sektor okkupiert; in demselben viel )er- 
streute Munition gefunden hat. 
In Ka)an-Tepe wurden 3 türkische Generäle 
gefangen genommen. Vom 15. Regiment sind 
3000 Gefangene gemacht, darunter 200 Offi)iere. 
Nr. 1079. 
Damals, als diese Depesche abging, die nichts 
von der Gefangennahme Schükris erwähnt, war 
er längst in den Händen der Bulgaren. Auch die 
Behauptung, das 15. serbische Regiment sei )u- 
erst in die Stadt einge)ogen und nach ihm das 
23. bulgarische Regiment, entbehrt also jeder 
Begründung. Die Iahlenangaben über die 
Stärke der serbischen Hilfsarmee sind ebenso 
übertrieben. In einem Teil der Presse wurde
	        
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