Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

Der Hall von Ndriqnopel. 
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der letzten Zeit auszustehen hatte, läßt sich 
kaum ermessen. Ein S Tage vor dem Fall aus 
Adrianopel geflüchteter Einwohner überbrachte 
Konstantinopler Verwandten dort eingeschlossener 
Nusländer eine Anzahl Briefe, die Mitteilungen 
über die Lage in der Festung zu Anfang Mär) 
enthielten. 
Soviel wir beurteilen können, heißt es in 
den Briefen, ist Munition noch reichlich vor 
handen, dagegen herrscht empfindlicher Mangel 
an gutem Trinkwasser und Brennmaterial. Die 
Lebensmittel gehen )u Ende. Hammel- und 
Aindfleisch soll noch in einigen Häusern ver 
borgen sein, wir haben jedenfalls seit Mochen 
sind durch den Kampf mit dem Hochwasser, 
durch die Kälte und Feuchtigkeit sehr entkräftet 
und den vielen an Dysenterie Erkrankten fehlt 
es an den nötigen Arzneien. Die Stadtviertel 
Kizikk und Sultan Selim sind zum größten 
Teil niedergebrannt, die zentraler gelegenen 
Viertel Sugagedschiler, Kirischaneh, Pildirim, 
das Juden- und Armenierviertel haben wenig 
gelitten, bloß der Basar Ali Pascha und das 
Tor Simuedschiler sind durch Granaten be 
schädigt. Die Bewohner der am meisten be 
schädigten Türkenviertel sind teils bei den 
Christen und Juden, teils in den Zeltlagern 
an geschützten Stellen untergebracht. Schükri 
Nus dem Türkenviertel von Ndrianopel. 
keines gesehen. Auch das Pferdefleisch, das wir 
zuletzt mit den Soldaten teilten, ist rar geworden. 
Käse und Kawurna (eine Art dornet beet) 
wird uns schon zum Ekel, zumal das Salz 
längst zu Ende ist. Solange wir aber Mehl, 
Zwieback und Brot haben, werden wir nicht 
verhungern. Freilich werden wir bald auch dies 
mit den armen Soldaten teilen müssen, denn 
Schükri Pascha hat begonnen, die Vorräte der 
wohlhabenderen Einwohner an Mehl, Aeis 
und Jucker zu requirieren. 
Die feindliche Beschießung hat in der 
Stadt weit mehr Schaden angerichtet, als an 
den Befestigungen, welche am schwersten durch 
die letzte Überschwemmung der Mariha und 
Tundscha litten. Die dort liegenden Truppen 
Pascha hat die obdachlose Landbevölkerung in 
der Meise verteilt, daß die Muselmanen die 
christlichen Kirchen und jüdischen Tempel, die 
Christen dagegen die Moscheen bewohnen. Die 
berühmte Sultan Selim-Moschee ist bis auf 
eine Granate, welche das ganze Gebäude 
durchquerte, wenig beschädigt. Die armenische 
Kirche in Kaleh Itschi wurde stark beschädigt, 
ist aber wieder notdürftig ausgebessert. Die 
Kaserne Panik bei Saraitschi wurde kürzlich 
durch Granaten gänzlich zerstört. Die Soldaten 
lagern jetzt in Zelten außerhalb der Stadt. Die 
beim Fort Kartal Tepe gelegene und deshalb 
dem feindlichen Feuer ausgesetzte Eisenbahn 
station Karagatsch, wo die meisten Europäer 
leben, wurde teilweise zerstört, ist aber jetzt als
	        
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