Nn der Tschataldschafront..
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cum
abteil angewiesen, wo ich es mir schnell bequem
mache. Viel Jett ist nicht zu verlieren, man
muß jeden Augenblick ausnützen. So schlenderte
ich kaum IO Minuten später durch den Ort
Hademköj. Ein kleines, unansehnliches Nest,
dessen Bevölkerung zum größten Teil schon
früher nach Konstantinopel geflohen und dessen
Mohnungen nun alle von Militär belegt sind.
Seit dem Kriege hat sich der Ort vergrößert.
Spekulative Köpfe haben hier kleine Geschäfte
eröffnet. Baracken gebaut und sogar Konstan-
tinopler Großhändler haben Iweiganstalten er
öffnet. Beim Ausgang vom Bahnhof muß man
erst einige Posten durchschreiten und sieht dann
rechts den Automobilschuppen des Hauptquar
tiers. Hoch über der Stadt liegt die Kaserne,
jetzt Krankenhaus, auf dem großen Platz davor
wieder Zelte und Baracken des Noten Halb
mondes.
Von hier hat man den besten Überblick.
Gegen Norden sieht man die Merke der Linie
von Tschataldscha. Weiter an der Bahn entlang
einsam auf einem Hügel liegt ein schmuckes auf
fallend sauber gebautes Barackendorf, es ist das
Krankenhaus der ägyptischen Abordnung des
Noten Halbmondes. Alle Straßen sind gefüllt
von Magen und Zugtieren, überall wird ge
hämmert und gearbeitet, wohin man schaut wird
gebaut. Am Bahnhof selbst ist ein großer Sta
pel Bretter und Höher aufgetürmt und jeder
Zug bringt neues Material und wenn der Frie
den nicht bald geschloffen wird, dann wird
Hademköj noch eine Großstadt aus Höh wer
den. Der Chefarzt des Krankenhauses bittet
mich um einen Besuch, zuerst ins Arbeitszimmer
der Arzte, hier wie immer Kaffee und Ziga
retten, dann ein kleiner medizinischer Vortrag
des Operateurs über die Erfahrungen im jetzigen
Kriege, die immer wieder beweisen, daß das
heutige Gewehrgeschoß unter bestimmten Ver
hältnissen ein ziemlich humanes Ding ist —
und dann ein Besuch der Krankensäle. In ein
fachen Cisenbetten liegen die Kranken und Ver
wundeten, in großen, lichten Sälen, die meisten
apathisch, aber nicht schlecht aussehend. Ich
werde vorgestellt und alle erheben ihre Hand
zum Gruß. Da ist einer, dem ist die rechte
Hand weggeschossen, er hilft sich schon ganz ge
schickt mit der Linken und raucht vergnügt seine
Zigarette. Da liegt ein älterer Anatolier, er hat
durch ein Schrapnell ein Bein verloren, und
jetzt zeigt mir der Arzt einen schwarzbärtigen
Lasen. Er hat einen Schuß durch den rechten
Arm und einen zweiten durch die linke Brust,
gilt als geheilt und soll in seine Heimat als
Invalide entlasten werden, da bittet er mit
Tränen in den Augen, ihn doch wieder zur
Front zu schicken, er will nicht nach Hause, so
lange kein Frieden ist, er will weiter kämpfen.
Ich drückte dem Braven die Hand und er bittet
mich, sein Fürsprecher zu sein. Nachdem ich noch
die Operationssäle und das neueingerichtete, für
hiesige Verhältnisse elegante Bad besichtigt habe,
gehe ich zum Bahnhof zurück.
Hier hat sich jetzt das Bild verändert. Große
Kamelkarawanen sind angekommen, um für die
Truppen in der Linie Proviant zu holen. Die
langen Beine der Tiere sind von oben bis
unten mit Kot überzogen und beweisen am
besten, in welchem Zustand sich das Gelände
in der Hauptstellung befindet. Das bestätigt mir
am Abend auch der Kommandeur des achten
Kavallerieregiments, ein Bruder des Generalissi
mus, der bei Derkos weit vorgeschoben liegt.
Er kam nach siebenstündigem Nitt am Abend
hier an und erzählte mir, daß das Gelände,
das die türkische und bulgarische Linie trennt,
einfach undurchschreitbar ist. Die kleinen Flüsse
und Bäche bringen Hochwasser, der Morast ist
meterhoch und die Baumstümpfe, die von dem
Kot bedeckt sind, bilden eine direkte Gefahr für
Pferd und Netter. Ein Vormarsch ist daher für
den rechten Flügel ganz ausgeschlossen. Jetzt erhalte
ich auch einige sichere Nachrichten über die Lage der
Truppen. Den rechten Flügel bei Derkos bil
det das III. Korps unter Mahmud Pascha, mit
dem Hauptquartier in Zasse Misen. Die Mitte
der Linien besetzt das II. Korps unter Abuk
Pascha, Korpsquartier Hademköj. Den linken
Flügel nimmt das I. Korps ein unter Hussein
Jzzet Pascha, derselbe der im letzten Sommer
die erste Division befehligte, die bei Djakova
meuterte, und der damals von seinen eigenen
Offizieren gefangen gehalten wurde. Hussein
Pascha gilt als ein äußerst tüchtiger und ener
gischer Offizier und erinnert in seiner ganzen
Haltung und auch im Äußern an Djavid Pascha.
Gegenüber der Tschataldschalinie sollen von den
Bulgaren die X., IV. und IX. Division stehen.
Vier Divisionen, also das Gros, liegen am
Ergenefluß, wo sie sich verschanzt haben.
Hademköj, 13. März.
Derkos bildet den rechten Flügel der türki-'
schen Armee und ist vom dritten Armeekorps
besetzt, dessen Stab in Jassoiren, einem Dorfe
südwestlich des Derkossees liegt. Die Straße
von Hademköj nach Derkos führt in nordöst
licher Nichtung und kreuzt kurz nach Verlassen
des Ortes die Bahn. Am Bahnübergang ist
eine neue Militärstation errichtet. Große Ba
racken dienen als Munitions- und Proviant
lager, ein neuangelegtes Gleis führt zu den
Nampen. Hinter den Magazinen läuft eine
Schmalspurbahn zum linken Flügel, welche die
Verproviantierung des I. Korps versorgen soll.
Die Straße nach Derkos, die wir nehmen, dient