Der Abbruch der Zriedensverhandlungen.
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Bulgarien verharrt bezüglich Adrianopels
auch angesichts des Umschwungs in der Türkei
auf seinem Standpunkt und führt dafür drei
Gründe an:
1. haben die Mächte in der von ihnen
überreichten Kollektivnote sich selbst auf diesen
Standpunkt gestellt und somit die Forderungen
Bulgariens als gerechtfertigt und begründet er
klärt.
2. hat der vom Ministerium Kiamil ein
berufene Große Rat sich selbst für die An
nahme des in der Kollektivnote der
Mächte ausgesprochenen Rates ent
schieden. Bulgarien kann daher nicht
annehmen, daß diese Entscheidung
durch das neue Ministerium umge
stoßen werden würde.
3. Will Bulgarien mit der Tür
kei ein für allemal alle Streitgründe
für die Zukunft aus der Welt schaffen.
Es macht gar keinen hehl daraus,
daß, falls Adrianopel heute türkisch
bliebe, der Krieg in einigen Jahren
doch wieder ausbrechen würde. Das
will Bulgarien vermeiden, denn das
Streben seiner Regierung geht dar
nach, den Frieden mit der Türkei
auf einer Basis zu schließen, die
nicht nur dem jetzigen Kriege ein
Ende macht, sondern auch eine dau
ernde und aufrichtige Freundschaft
zwischen beiden Staaten verbürgt.
Bulgarien erklärt, aus diesen drei
Gründen sei es vollkommen aus
geschlossen, daß es auf Adrianopel
verzichte. Ohne Adrianopel kein
Frieden, das ist der Standpunkt
Bulgariens.
Am 28.Januar 1913 nachmittags
konferierten die Delegierten der Bal
kanstaaten, nachdem ihr Beschluß
vom 26. auf die Türkei ohne jede
Wirkung geblieben war, 3 Stun
den, verfaßten und unterzeichneten
folgende Rote:
An Ihre Exzellenzen, die Herren bevoll
mächtigten Delegierten der hohen Pforte zur
Friedenskonferenzl
Da die Bevollmächtigten der Verbündeten
Staaten seit Unterbrechung der Arbeiten der
Friedenskonferenz durch 3 Wochen hindurch ver
geblich eine Antwort der ottomanischen Bevoll
mächtigten auf ihre letzte Anfrage erwartet
haben und da die in Konstantinopel einge
tretenen Ereignisse die Hoffnung, zum Friedens
schluß zu gelangen, auszuschließen scheinen,
sehen sie sich zu ihrem großen Bedauern ge
nötigt, zu erklären, daß die am 16. Dezember
vorigen Jahres in London begonnenen Ver
handlungen am 28. Januar in London abge
brochen sind.
Das Schriftstück war von allen Delegierten
der Balkanstaaten, beginnend mit Dr. Danew,
gezeichnet.
Der serbische Geschäftsträger Gruic traf am
29. Januar um 3 Uhr nachmittags im Carlton
Hotel ein und wurde von einem Sekretär der
türkischen Mission empfangen und in die Ge
Bulgarische Freischärler.
mächer Reschid Paschas geleitet, dem er in
formeller Weise die Rote der Verbündeten über
reichte. Gruic begab sich sodann sofort in das
Auswärtige Amt, um dem Staatssekretär Grey
eine Kopie der Rote zu überreichen.
Die Überreichung erfolgte zugleich mit der
Überreichung eines Schreibens, das folgenden
Wortlaut hatte:
Wir beehren uns, Eurer Exzellenz eine
Kopie der Rote zu übersenden, mit welcher die
Bevollmächtigten der verbündeten Staaten ihren
Exzellenzen, den ottomanischen Bevollmächtigten
Baltankrieg. II.
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