Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

Der Staatsstreich in Konstantinopel. 
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Revolverschüsse wurden gewechselt und Haupt 
mann Tewfik Bey und ein Iioilbeamter, namens 
Mustafa Redjib, stursten tot sti Boden. Als 
drittes Opfer fiel dann Aastm Pascha, der die 
Tür aufgerissen hatte, um die Ursache des Tu 
mults festzustellen. Uber Rastms Leiche drang 
dann Enver Bey mit dem Revolver in der 
Hand in den Sitzungssaal. Mehrere Minister 
hatten sich feige hinter den Möbeln versteckt. 
Enver Bey trat sofort vor Kiamil und befahl 
ihm, sein Demissionsgesuch )u unterschreiben. 
Der Minister des Rüstern, Roradunghian, ver 
suchte, Enver, Talaat und den übrigen votzu- 
stellen, dast der Friede unvermeidlich sei. Er 
wurde aber geohrfeigt und beiseite gedrängt. Kiamil 
Als Enver Bey erschien und die Demission 
Kiamils mitteilte, brachen Iubelstürme los. 
Enver Bey fuhr darauf im Automobil nach 
dem Palais des Sultans und überbrachte diesem 
das Demissionsgesuch Kiamils. Am Ramen des 
Revolutionskomitees bat er zugleich um die Er 
nennung Mahmud Schefkets. Mittlerweile hatte 
Talaat Bey provisorisch das Ministerium des 
Innern übernommen. Die bisherigen Minister 
wurden im Beratungssaal als Gefangene be 
wacht. Die Leiche Rastm Paschas und der 
beiden anderen Opfer lagen mit Mänteln be 
deckt hinter einem Mandschirm. Riemand durfte 
die Pforte verlassen. Rur der erste Dragoman 
der deutschen Botschaft, Meber, der im Moment 
mm 
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Das Seraskierat (Kriegsministerium) in Konstantinopel. 
untetzeichnete darauf das Demissionsgesuch, das 
Enver Bey an sich nahm. 
Die brausten wartende Menge war mittler 
weile auf viele Tausende angeschwollen. Man 
bemerkte darunter viele Frauen, auch kurdische 
und tscherkessische Freiwillige in Rationaltracht. 
Mehrere Redner feuerten die Menge an. 
Flüchtlinge aus Saloniki und Kossovo riefen 
)ur Rache für die Greueltaten aus, während 
die Hoschas Gebete anstimmten. Zwischendurch 
erklangen wütende Rufe: „Rieder mit Kiamil! 
Adrianopel must türkisch bleiben!" Die Truppen 
verbrüderten sich mit den Manifestanten, die die 
Armee hochleben kiesten. Unter die Menge 
wurden Proklamationen verteilt, in denen Kiamil 
des Hochverrates beschuldigt wurde. 
des Putsches )ufällig auf der Pforte weilte, 
konnte durch eine geheime Tür ins Freie ge 
langen. Dagegen mustten mehrere Ausländer, 
darunter der Direktor der anatolischen Bahn, 
Huguenin, stundenlang auf der Pforte warten. 
Man erklärte dem ungeduldigen Herrn Huguenin: 
„Vielleicht werden wir Ihren Zylinder brauchen, 
um einem der Minister die Flucht )u ermög 
lichen!" Trotz des strömenden Regens dauerten 
die Kundgebungen vor der Pforte an. Die 
Menge jubelte dem vom Palais zurückkehrenden 
Enver Bey zu. Als dieser bald darauf aber 
mals wegfuhr, erneuerte sich der Jubel und 
erreichte seinen Höhepunkt, als nach 8 Uhr 
abends Mahmud Schefket Pascha und der erste 
Sekretär des Sultans, Fuad Bey, bei der
	        
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