Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

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Österreich-Ungarn und Serbien, Bulgarien und Rumänien. 
serbische Negierung hatte in den 
K&Mj beiden Konsulaffären getan, was zur 
Versöhnung der österreichisch-ungari- 
° * schen Monarchie nötig war. Von 
der Herstellung guter Beziehungen konnte freilich 
noch lange nicht die Nede sein; erst muffte 
sich Serbien damit abfinden, daff es keinen 
eigenen adriatischen Hafen bekommen konnte. 
Mit dem Gedanken an ein autonomes Albanien 
muffte man sich in Belgrad, wenn auch sehr 
wider Willen, allmählich vertraut machen, und 
die nächste Konsequenz war die Zurückziehung 
der serbischen Truppen von der Adria. Sie war 
eine selbstverständliche Voraussetzung der Er 
haltung des Friedens. 
Am 8. Januar j 9 J 3 sind denn auch die Mächte 
amtlich benachrichtigt worden, daff Serbien zum 
Beweis seines guten Willens, im Interesse des 
allgemeinen Friedens Opfer zu bringen, beschlossen 
habe, sofort nach Abschluff des Friedens seine 
Truppen von der Adriaküste zurückzuziehen. 
In der Mitteilung über diese Ankündigung 
heifft es: Indem die serbische Negierung derart 
vorgeht, hofft sie, daff Europa ihre Mäffigung 
zur Kenntnis nehmen und nicht weitere Opfer 
verlangen werde, welche aufferhalb der Grenzen 
ihrer Macht gelegen sein könnten. 
Dieser Beschluff der serbischen Negierung 
war korrekt, und wenn man auch schliefflich 
fragen konnte, warum die Zurückziehung der 
serbischen Truppen von der Adria nicht sogleich 
vollzogen werden sollte, so schien doch damals 
der Friedensschluff so nahe, daff es auf einige 
Tage früher oder später nicht ankommen konnte. 
Schienen sich die Verhältnisse Mischen 
Österreich-Ungarn und Serbien auf diese Weise 
zu ordnen, so drohte dagegen die bulgarisch 
rumänische Streitfrage an Schärfe zuzunehmen, 
und die Haltung Nufflands, das trotz der all 
gemeinen Hoffnung auf einen baldigen Friedens 
schluff seine Neservisten einberief, gab zu Be 
sorgnissen in bezug auf die internationale Lage 
reichlichen Anlaff. 
Was den bulgarisch-rumänischen Streit an 
langte, so sollte er in London, das in dieser 
Zeit der Sitz der europäischen Diplomatie war, 
beigelegt werden. Der bulgarische Chefdelegierte, 
Dr. Danew, befand sich bekanntlich in London 
und Numänien sandte den Minister des Innern, 
Take Ionescu, der die in Bukarest begonnenen 
Verhandlungen mit Dr. Danew in der engli 
schen Hauptstadt weiter fortsetzte. Allerdings mit 
sehr wenig Erfolg, wie man hörte. Take Ionescu 
selbst erklärte am 9. Januar: 
Wir unterhandeln, aber unsere Unterhand 
lungen sind ebenso ins Stocken geraten, wie 
die Friedenskonferenz. Ich habe Dr. Danew 
nur einmal gesehen. Er hat über unsere Unter 
redung an seine Negierung geschrieben, nicht 
telegraphiert, und mehr habe ich nicht gehört. 
Am 11. Januar erzählte Take Ionescu: 
Herr Misu, unser Gesandter in London, 
hatte Mittwoch vormittags eine Unterredung 
mit Dr. Danew. Dieser versprach, nach Sofia 
telegraphisch Bericht zu erstatten und nach er 
haltener Antwort Herrn Misu oder mir eine 
Verständigung zukommen zu lassen. Das ist bis 
zu diesem Moment nicht geschehen, und so 
lange das nicht geschieht, weiff ich nicht, welcher 
Situation wir eigentlich gegenüberstehen. Jedoch 
muff ich sagen, daff meine Negierung mir 
keinerlei Mitteilung über ein Ultimatum oder 
die Absicht, in bulgarisches Gebiet einzurücken, 
hat zukommen lassen. 
Was die Forderungen Numäniens anlangt, 
wurde damals von einer der rumänischen Ne 
gierung nahestehenden Seite folgendes erklärt: 
Numänien verlangt von Bulgarien die Ab 
tretung eines Gebietsstreifens, der zwischen dem 
rechten Donauufer und einer von Turtukaja 
nach Baltschik gezogenen Linie liegt, jedoch so, 
daff der wichtige Platz Dobritz bei Bulgarien 
bleiben würde. Turtukaja ist ein Städtchen an 
der Donau, höher stromaufwärts als Silistria. 
Baltschik liegt am Schwarzen Meer. 
Bei dieser Zession würden Silistria, das zur 
Hälfte eine rumänische Bevölkerung hat, und 
der Schwarze Meerhafen Kavarna an Numänien 
fallen. Das ganze Gebiet hat eine Bevölkerung 
von kaum mehr als 150.000 Seelen, wovon 
die gröffere Hälfte türkisch und nicht bul 
garisch ist. 
Die Bulgaren haben bisher keinerlei Lust 
zu ernsthaften Verhandlungen gezeigt und wollen 
uns nicht einmal die Linie Silistria—Baltschik 
bieten. Alles, was sie bisher bieten, ist ein 
Fetzen an den zwei nach Norden gerichteten 
Donauknien unterhalb Silistria, nicht mehr als
	        
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