Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

Die militärischen Operationen während des Waffenstillstandes. 
re Kämpfe waren während des Maffen- 
f'Jfcsfl stillstandes naturgemäß eingestellt. 
Vor Tschataldscha schwiegen die Ge- 
schütze, aber die beiderseitigen Ar 
meen suchten ihre Stellung zu bessern und die 
Lücken auszufüllen, welche die Gefechte vor dem 
Abschluß des Waffenstillstandes in ihren Reihen 
gefordert hatten. Adrianopel blieb eingeschlossen. 
Die türkischen Versuche, die Erlaubnis zur Ver 
proviantierung der Belagerten zu erhalten, waren 
fehlgeschlagen. Die Belagerung von Skutari 
dauerte ebenfalls an, und es ist nicht uninter 
essant, ein Stimmungsbild aus diesen Tagen 
aus dem montenegrinischen Hauptquartier zu 
hören. Der Assistent des Schweizer Arztes 
Dr. v. peyer, Herr Simon Zeusen bei der 
schweizerischen Expedition des Roten Kreuzes 
in Montenegro, schrieb am 20. Dezember aus 
Gruda bei Skutari: 
Gestern, den 19. Dezember, hatten wir trotz 
des Abschlusses des Waffenstillstandes 7 Ver 
wundete, darunter eine Frau, denn die Türken 
in den Befestigungen von Skutari schießen un 
unterbrochen Tag und Rächt. Die Montene 
griner sind wachsam, erwidern das Feuer aber 
nur selten. Unter den Gefangenen, die die 
Montenegriner gemacht haben, befinden sich 
viele Ehristen. Diese, sowie auch die meisten 
Türken sind zufrieden, in Gefangenschaft ge 
raten zu sein. Einer der Ehristen, ein I7jähriger 
Gymnasiast aus Mytilene, wurde mir als 
Bursche zugeteilt. Er ist ein wirklich kreuzbraver 
Mensch. Er sagt, daß aus dem Gewehr, das 
er bei seiner Gefangenschaft in Händen hatte, 
auch nicht ein Schuß abgegeben worden ist, da 
er keine Ahnung vom Schießen hat. 
Da in der Umgebung von Skutari alle 
Wohngebäude niedergebrannt sind, haben wir 
unseren Hauptverbandplatz in Zelten eingerichtet. 
Seit 6 Wochen schlafen, wohnen, kochen und 
operieren wir in Zelten. Ich bin seit Wochen 
der einzige Deutsche auf dem Kriegsschauplatz 
vor Skutari und höre nur serbisch, italienisch 
und französisch. Rur 2 montenegrinische Stu 
denten, die in Berlin studieren und hier dem 
Stabe des Prinzen Peter zugeteilt sind, sprechen 
leidlich deutsch. Wir erzählen uns abends oft 
beim Lagerfeuer von Berlin und hoffen, recht 
bald zusammen in Berlin ein besseres Leben 
führen zu können, denn hier ist Schmalhans 
Küchenmeister. Wir haben hier bei 22.000 Mann 
(linker Flügel). Es herrscht viel Dysenterie, aber 
kein Typhus und keine Cholera. 
Skutari wäre nach der Ansicht der hiesigen 
Offiziere längst gefallen, allerdings mit schweren 
Menschenopfern, wenn der König nicht dächte, 
wir bekommen es auch ohne Sturm. 2 Haubitzen 
(russische Geschütze) in gut gedeckter Stellung 
haben Skutari einen Tag beschossen, und jeder 
Schuß saß gut, wie wir durchs Fernrohr be 
obachteten. Diese 2 Haubitzen hätten mit täglich 
nur 20 Schuß Skutari längst zusammengeschossen, 
doch seit 14 Tagen schweigen sie auf Befehl 
des Königs. Der in Italien ausgebildete Ge- 
schützkommandant Milo Jatzkanowitsch knirscht 
mit den Zähnen, wenn die türkischen Granaten 
ihm fast täglich Leute töten und verwunden. 
Ich bin stolz, als einziger Deutscher hier im 
Interesse der Wohltätigkeit zu arbeiten. Die 
Studenten, die jetzt Soldaten sind, und bisher 
in Wien und Berlin studierten, sind mir sehr 
behilflich. Das Rote Kreuz in Montenegro 
wird von allen Staaten unterstützt. Vertreten 
sind Österreich, Italien, England, Rußland, 
Frankreich, nur Deutschland nicht. Der Schweizer 
Arzt, Dr. v. peyer, mit dem ich den südwest 
afrikanischen Aufstand mitmachte, engagierte 
mich für das Schweizer Rote Kreuz nach 
Montenegro. Wir rüsteten uns in Berlin voll 
ständig aus und waren dank unserer Erfahrungen 
in Deutsch-Südwestafrika so gut verproviantiert 
und mit Medikamenten versehen, daß wir die 
Mitglieder der übrigen Expeditionen vom Roten 
Kreuz übertrafen, so daß der König uns gleich für 
das Hauptlazarett und den Hauptverbandplatz 
bestimmte. Kronprinz Danilo ist unser Protektor, 
Prinz Peter, der in Heidelberg studierte und 
gern und gut Deutsch spricht, besucht täglich die 
Verwundeten. Die montenegrinischen Arzte sind 
uns unterstellt; wir leiten die Ambulanz und 
das Sanitätswesen von 22.000 Mann. Für 
Reujahrsgrüße in Form von Zigarren und Zi 
garetten für die hiesigen Truppen wären wir sehr 
verbunden. 
* * * 
Regulär gekämpft wurde während dieser 
Zeit nur im Epirus. Vor Janina dauerten die
	        
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