Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

Die weiteren Kriegsereignisse M See während der Zriedensverhandlungen. 
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Hafenplätze am Marmarameer und Dedeagatsch 
ebenfalls durch Minen xu schuhen. 
Der „Naid" der „Hamidijeh". 
Der geschützte Kreuzer „Hamidijeh" (3830 
Tonnen, Stapellauf 1903, Bestückung xwei 15, 
acht 12 Ientimeter-Schnellfeuerkanonen, Kom¬ 
mandant Korvettenkapitän Naouf Bey) durch¬ 
brach in der mondhellen Nacht vom 15. xum 
16. Januar die Blockadelinie der griechischen 
Zerstörer vor den Dardanellen, ohne von ihnen 
entdeckt xu werden, lief nach der Cykladeninsel 
Syra (Dardanellen—Syra ISO Seemeilen) und 
kam gegen Mittag vor Hermopolis, dem Haupt¬ 
hafen dieser Insel an. 
Er beschoß hier zunächst einen außerhalb 
der Stadt gelegenen Pulverschuppen und lief 
dann in den Hafen ein, wo außer einem 
englischen Dampfer der griechische Hilfskreuzer 
„Makedonia" lag. 
„Hamidijeh" forderte den englischen Dampfer 
auf, in See xu gehen und die „Makedonia", 
sich }ü ergeben. Mährend ersterer Anstalten 
xum Nuslaufen machte, ließ der Kommandant 
der „Makedonia", Korvettenkapitän Tsukalas, 
soviel Munition wie irgend möglich über Bord 
werfen, seine Mannschaften ausschiffen und Be¬ 
fehl geben, das etwaige Feuer der „Hamidijeh" 
auf keinen Fall xu erwidern, angeblich, um 
letzterer den Vorwand xur Beschießung der un¬ 
befestigten Stadt xu nehmen. 
Das bald darauf beginnende Gefchühfeuer 
der „Hamidijeh" setzte sogleich das Vorschiff der 
„Makedonia" in Brand. Man öffnete nun auf 
dieser die Kingstonventile, wodurch das Schiff 
auf den verhältnismäßig flachen Grund des 
Hafens sank und seine Munitionskammern über¬ 
schwemmt wurden. 
Die „Hamidijeh" feuerte weiterhin ununter¬ 
brochen auf die aus dem Master hervorragenden 
und bald vom Brande ergriffenen Teile des 
Schiffes. Mehrere Fehlschüsse trafen dabei die 
Gebäude der Stadt — darunter die elektrische 
Zentrale, die schwer beschädigt wurde, und ver¬ 
letzten mehrere Hafenarbeiter. Nngst und Schrecken 
ergriffen die Bevölkerung, deren beherxterer Teil 
in Erwartung einer feindlichen Landung ein 
Maffenmagaxin, das 2000 Feuerwaffen enthielt, 
erbrach und leerte. 
Es kam indessen xu keinem Landungsgefecht, 
da die „Hamidijeh" nach dreiviertelstündiger 
Beschießung der „Makedonia" den Hafen mit 
Südostkurs verließ, nachdem sie noch xuletzt 
gegen das am Hafen stehende Telephongebäude 
gefeuert hatte, in dem 6 Unterseekabel xusammen- 
laufen. 
Die „Makedonia" brannte unterdessen in 
ihren über Master liegenden Teilen völlig aus, 
da sich aus Furcht vor einer Explosion der an 
Bord gebliebenen Munitionsvorräte — ein 
Geschoß explodierte, als der dänische Bergungs¬ 
dampfer „Danmark" sich dem Mrack näherte 
— niemand in seine Nähe wagte. 
„Hamidijeh" lief xunächst nach Beirut, wo 
sie eine Patrouille ausschiffte, und kam in der 
Nacht vom 18. xum 19. Januar in Port Said 
an (Syra—Beirut—Port Said etwa 800 See¬ 
meilen), von der einheimischen Bevölkerung mit 
Jubel empfangen. Hier blieb sie xur Kohlen- 
ergänxung und Reparatur der Maschinen 
30 Stunden, d. h. 6 Stunden länger, als nach 
den Neutralitätsregeln xuläffig ist. Dies rief 
um so schärferen Protest des griechischen Ge¬ 
schäftsträgers hervor, als diese Zeit xum Nn- 
bordschaffen von Lebensmitteln, Kohlen und 
Geschenken türkenfreundlicher Kaufleute in weit 
größeren Mengen, als die Negierung erlaubt 
hatte, benutzt worden war. „Hamidijeh" ging 
dann noch nach Suex, wo sie xwecks Neparatur 
bis xum 25. Januar blieb, und von dort ins 
Note Meer, angeblich nach Ieddah. Durch 
diesen Nbstecher wollte der Kommandant sich 
anscheinend Gelegenheit xur Kohlenergänxung 
verschaffen, was ihm auch gelang: „Hamidijeh" 
kohlte unter der Küste aus Dampfern. Das 
Schiff lief sodann ins Mittelmeer xurück und 
suchte am 14. Februar morgens wegen schlechten 
Metters Malta als Nothafen auf. Infolge 
einer Maschincnreparatur mußte das Schiff 
länger als 24 Stunden im Hafen verbleiben. 
Erlaubnis hierxu wurde aus London erteilt. 
Nach Übernahme von 400 Tonnen Kohlen 
stach der Kreuxer am 17. Februar, 1 Uhr 
mittags, wieder in See. 
Das Erscheinen der „Hamidijeh" im Mittel¬ 
meer hat den Griechen viel xu schaffen gemacht. 
Nus die Nachricht von den Ereignissen in Syra 
ließ die griechische Marineleitung sofort die 
Leuchtfeuer löschen, den Hafen von Piräus 
mit Minen sperren und dort Strandbatterien 
anlegen. Das Ein- und Nuslaufen wurde nur 
xwischen 7 Uhr morgens und 5 Uhr abends und 
nur mit Hilfe von Lotsen gestattet. 
Jur Überwachung der „Hamidijeh" deta¬ 
chierte sie 2 Zerstörer, sowie 2 Hilfskreuxer nach 
Port Said. 
Der griechische Seehandel litt natürlich sehr 
unter der Unsicherheit. 
Mir gaben diesen xusammenhängenden 
kurxen Bericht, der auf Grund der vorliegenden 
Nachrichten von objektiver Seite xusammen- 
gestellt ist. Er reicht xeitlich weiter, als wir in 
der Schilderung der Ereignisse stehen, aber es 
war notwendig, die einxelnen Ereignisse xu- 
sammenxufassen. Der Nusfall der „Hamidijeh" 
konnte selbstverständlich nur eine Episode bleiben; 
er war ehrenvoll für die türkische Marine, aber
	        
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