Volltext: Illustrierte Geschichte des Balkankrieges 1912 - 13 Zweiter Band (Zweiter Band / 1914)

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Schleppender Gang der Friedensverhandlungen. 
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delegierten erweckte dies den Eindruck, daß 
diese sogenannten Reformen eine Art Autonomie 
für diese Inseln bedeuten dürften, obgleich ein 
Kompromiß nicht unwahrscheinlich sei, und zwar 
in dem Sinne, daß einige Inseln an Griechen 
land abgetreten werden könnten, während der 
Rest türkisch bleiben würde. 
In den Kreisen der Balkanvertreter gab 
man der Zufriedenheit mit den Ergebnissen der 
gestrigen Sitzung Ausdruck. 
Weniger hoffnungsvoll äußerte sich der 
bulgarische Chefdelegierte Dr. Danew. Er sagte 
unter anderem: 
Die Lage der Dinge hat sich nicht so sehr 
gebessert, wie die Leute anzunehmen scheinen. 
Man muß sich vor Augen halten, daß die 
Türkei von Anfang an immer sagte, sie würde 
gewisse Gebiete in Makedonien, im Epirus und 
in einem Teile Thrakiens abtreten. Das ist ja 
gut; es bleibt aber die Frage von Adrianopel. 
Das ist der Hauptpunkt und ich kann in bezug 
auf ihn keine Besserung sehen. Wir erwarten 
eine neue Karte mit einer Ratifikation der 
türkisch-bulgarischen Grenze. Wenn wir in der 
morgigen Sitzung finden, daß diese den Be 
dingungen der Verbündeten nicht entspricht und 
uns nicht befriedigt, werden die Verhandlungen 
abgebrochen werden. 
Die zweite Schwierigkeit bilden die Agäi- 
schen Inseln. Auch hier bestehen wir auf unseren 
Bedingungen. Es liegt kein Grund zur An 
nahme vor, wie sie in gewissen Kreisen zu be 
stehen scheint, daß wir geneigt wären, unsere 
Ansprüche gegenüber der Türkei zu ändern. Sie 
bleiben dieselben, wie sie ursprünglich festgesetzt 
wurden. 
Was immer wir später mit den Mächten 
abmachen werden, hat mit unseren Verhand 
lungen mit der Türkei nichts zu tun. Die otto- 
manische Regierung kennt unsere Bedingungen 
und an ihnen halten wir fest. Wir haben keine 
anderen Vorschläge zu machen. Man verschließt 
sich ja nicht dem Fortschritte, der gestern gemacht 
wurde, aber ich bitte nicht zu vergessen, daß 
nichts Wesentliches erreicht worden ist. Hoffen 
wir, daß dies morgen der Fall sein wird. 
In Konstantinopel war die Stimmung 
ziemlich hoffnungsvoll. Man berichtete darüber 
unterm 2. Januar aus der türkischen Haupt 
stadt: 
Der Ministerrat, der um 2 Uhr nachmittags 
zusammentrat und zurzeit (7 Uhr abends) noch 
andauert, nahm die gestrigen Verhandlungen 
der Friedenskonferenz zur Kenntnis und be 
schloß neue Instruktionen, die den ottomanischen 
Bevollmächtigten übermittelt werden. 
Wie es heißt, bestehe die Pforte noch immer 
auf dem Besitz des Vilajets Adrianopel bis 
Fänthi und stimme einer Grenzberichtigung zu, 
der nicht der Charakter von Gebietsabtretungen 
anhafte. Die Pforte bestehe weiter auch auf 
dem Besitz der Inseln des Archipels und willige 
ein, die Entscheidung der Mächte betreffs Kretas 
und der Gebiete westlich des Adrianopeler 
Vilajets gemäß den allgemeinen Interessen an 
zunehmen. 
Eine maßgebende Persönlichkeit im Mini 
sterium des Äußern erklärte, daß die Verhand 
lungen sich auf dem besten Wege zum Frieden 
befinden, ohne daß man irgendeine bestimmte 
Erklärung abgeben könnte. Bezüglich der Städte 
Adrianopel und Kirkkilisse glaubt man in den 
selben Kreisen, Bulgarien könnte eventuell auf 
Adrianopel verzichten. Diplomatische Kreise sind 
der Anschauung, Adrianopel könnte türkisch 
bleiben, die Befestigungen jedoch sollten geschleift 
werden. 
„Ifham" meldet, Ministerpräsident Geschow 
habe dem Großwesir telegraphisch mitgeteilt, 
daß der bulgarische Ministerrat beschlossen habe, 
Adrianopel mit seinen Befestigungen unter der 
Souveränität der Türkei zu belassen. Die Pforte 
dementiert diese Rachricht. 
Alle türkischen Abendblätter legen großen 
Optimismus an den Tag und glauben, daß 
der Friede binnen 10 Tagen gewiß geschloffen 
sein werde. Ein Blatt meint, daß betreffs der 
Grundlagen bereits ein vollständiges Einver 
nehmen hergestellt sei. Die Presse bearbeitet die 
öffentliche Meinung, indem sie darlegt, daß es 
ein großer Erfolg wäre, Adrianopel zu retten. 
„Alemdar" erfährt, daß verschiedene be 
kannte Persönlichkeiten in Europa dahin wirken, 
daß Saloniki in eine Freistadt mit einem vom 
Volke gewählten Gouverneur an der Spitze 
umgewandelt werde. 
Weniger optimistisch lauteten die offiziellen 
Mitteilungen aus Konstantinopel. Der Minister 
des Äußern erklärte am 2. Januar abends auf 
der Pforte dem Korrespondenten des Wölfischen 
Telegraphenbureaus, die Pforte habe ihren 
Delegierten in London neue präzise Instruktionen 
gesendet, die ihnen gestatten, die Delegierten 
des Balkanbundes wissen zu lassen,, daß die 
Pforte keine Insel des Agäischen Meeres ab 
treten könne, daß sie dagegen geneigt sei, einige 
Rektifikationen der Grenzen des Vilajets Adria 
nopel vorzunehmen, das aber vollkommen der 
Türkei verbleiben müsse. 
Weiter führte der Minister aus, daß jetzt 
ein größerer Schritt zum Frieden getan sei, 
wenn auch nur zunächst eine Einigung über 
das Schicksal Albaniens und Mazedoniens vor 
handen sei, die unter der Suzeränität des 
Sultans bleiben. 
Von einem gesicherten Frieden zu sprechen, 
gehe aber zu weit, da die Türkei betreffs 
Adrianopels unerbittlich sei und unbedingt den
	        
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