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Die unmittelbare Stillung des Hungers heißt Essen.
Essen aber heißt zerstören, indem lebendige Substanz,
sei es nun pflanzliche oder tierische, getötet, zermalmt, verdaut
und in Form von unbrauchbaren Resten wiedergegeben wird.
Da der Hunger und die von ihm abstammenden Triebfedern
nur der Befriedigung des Ichs dienen, hat Freud den Namen
Ich-Triebe für sie eingeführt. Insofern Ich-Triebe reißend
—
truktionstriebe. Der Destruktionstrieb gehört zum Raubtier,
zum Krieger, zum Verbrecher und überhaupt zu jeder Art Er—
oberer. Ein Verbrecher ist nichts anderes als ein Eroberer,
der sich über die bestehenden Gesetze hinwegsetzt. Da wir alle
mindestens das Leben erobern müssen, so können wir ohne
ein Mindestmaß von Sadismus nicht existieven.
Im Worte Sadismus ist schon ein Hinweis auf den Lust—
trieb enthalten. Dem richtigen Sadisten bringt Zerstören und
Zufügen von Schmerzen körperliche Lustempfindungen. Die
Psychoanalyse mußte den Begriff des Sadismus erweitern.
Er reicht bei ihr von dem rein zweckhaften Zerstören von
deben und Willen zum Leben bis zu dem zwecklosen Quälen,
dem Zufügen von Schmerz, als Selbstzweck. In den großen
Schlachthäusern von Chicago werden von einem riesigen Neger,
der bis an die Knie in Blut watet, in der Stunde mehr als
hundert Schweine gestochen. Das ist rein zweckhaft, und der
blutige Schlächter muß nicht gerade ein Sadist im engeren
Sinne des Wortes sein. Es gibt aber Zuschauer, die sich zu
diesem greulichen Schauspiel drängen, weil es ihnen Lust
bereitet. Journalisten, die immer wieder die Vorgänge in
Schlachthäusern schildern, Beschreibungen von Hinrichtungen,
mittelalterlichen Folterungen, Schrecknissen der Inquisition
spekulieren allesamt auf das Vergnügen der Leser an Qualen
anderer, die in abgeschwächter Form genossen werden, wenn
man sie nur liest, statt sie zu erleben. Schadenfreude ist, wie
Zyniker behaupten, die reinste Freude des Menschen. Dar—⸗
stellung von Grausamkeiten kann ihres Erfolges auf dem
Büchermarkte, im Film und auf, dem Theater stets sicher sein.
Im Sadismus treffen sich die beiden Urtriebe des
Menschen: Hunger und Liebe. Aus uralten, dem Bewußtsein
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das Wild ebenso jagen wie das Weibchen. Er. mußte sich
gleichermaßen seiner Beute bemächtigen, ob er sie fressen oder
sie lieben wollte. Der Tod und die Angst vor dem Tode sind