Volltext: Die Psychoanalyse [538/540]

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man nur den Begriff „unbewußt“ tats ächlich so auffaßt, wie er 
gemeint ist, wenn man sich nur endlich entschließt, den 
Analytikern zu glauben, daß der Hysterische von den Ursachen 
seiner Krankheit nichts weiß und sie nicht direkt beeinflussen 
kann, dann ist endlich das gelungen, was Charcot und andere 
Aerzte von Herz und Einsicht deutlich fühlten, jedoch auf dem 
Boden der Krankheitsanatomie nicht erweisen konnten: die 
Hysterie ist ehrlich geworden. 
Von einer gewöhnlichen Einbildung unters cheidet sie sich 
dadurch, daß sie nicht korrigierbar ist. Ein Mensch, der mit 
roter Tinte beschmiert ist und sich irrtümlich einbildet, daß er 
blute, wird nicht zögern, seinen Irrtum einzusehen, wenn man 
ihm hiezu Gelegenheit gibt. Aber ein hysterischer Angstzustand 
hört nicht auf, wenn man dem Kranken mit allen Mitteln des 
Verstandes nachgewiesen hat, daß er keinen Grund zur Angst 
haͤbe. Man kann so weit kommen, daß er selber einsieht, er habe 
keinen Grund zur Angst, und daß er sagt: „Ich weiß, daß ich 
keinen Grund zur Angst habe und dennoch fürchte ich mich.“ 
Hier setzt die große Tat des Schöpfers der Psychoanalyse 
ein. Freud kehrte den Spieß um und sagte: „Wenn Sie Angst 
haben, dann müssen Sie auch einen Grund dazu haben. Ich 
frage, warum haben Sie Angst? Sie wissen es nicht, also ist 
der Grund Ihrer Angst unbewußt. Aber er steckt in Ihnen 
und muß heraus.“ Die Psychoanalyse hat eine komplizierte 
Technik ausgearbeitet, um auf dieses „warum?“, das zunächst 
nicht beantwortet. werden kann, eine Antwort, häufig eine 
überraschende und fast immer eine für den Kranken und seine 
Umgebung peinliche, zu erzwingen.
	        
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