Volltext: Die Psychoanalyse [538/540]

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Heilung, nämlich: eine Einsicht in das Getriebe seiner Seele 
uͤnd der menschlichen Gemeinschaft überhaupt, die ihn dauernd 
vor einer Wiederkehr nervöser Symptome schützt. 
Aus dieser Stellung der Psychoanalyse ergibt sich, 
daß sie nicht für jeden Kranken geeignet ist, sondern 
ein Minimum an Intelligenz voraussetzt — an In— 
telligenz, nicht an erleruter Bildung, die ihrerseits 
bielen Patienten den Zugang z3u dieser Heilmethode 
sperrt. Alle Analytiker geben übereinstimmend an, daß sie 
lieber mit ungebildeten Menschen arbeiten als mit solchen, 
deren Verstand durch Vorurteil und Verbildung erst aus Ketten 
befreit werden muß, die ihn für uns ere Anschauung unfähig 
machen. Die Meinumg, daß die Krankheit ein Ding sei, das 
man mit Händen greifen und daß sie infolgedessen nur mit 
handgreiflichen Dingen, wie den Medizinen der Apothebe, dem 
Messer des Chirurgen, geheilt werden könne, gehört zu dem 
Materialismus, der unsere Zeit oder mindestens eine Zeit, die 
erst ganz knapp hinter uns liegt, beherrscht. Gern spricht man 
Schillers Satz nach, daß es der Geist sei, der sich den Körper 
baut. Aber schwer ringt man sich zur Ueberzeugung durch, die 
diesen Satz buchstäblich ernst nimmt. Selbst nach gelungener 
Heilung durch Psychoanalyse weiß man oft. nicht vecht, was 
einem da geschehen ist. Konflikte wurden gelöst, Liebesfähigkeit 
wurde freigemacht, Mißtrauen in Glauben an die Welt ver— 
wandelt, und der größte Erfolg hat sich eingestellt. Ein ehe⸗ 
maliger Patient sagte einmal zu seinem Analytiker: „Daß es 
mir besser geht, kann ich nicht leugnen. Wenn Sie mir ein 
Rezept gegeben hätten, würde ich sagen, Sie seien ein guter 
Doktor, der mir eine ausgezeichnete Medizin verschrieben hat. 
Aber Sie haben mir kein Rezept gegeben, und was Sie da 
gemacht haben, weiß ich nicht.“ Dieser Patient war allerdings 
einer von. den weniger Intelligenten, die man in die end— 
gültige Klarheit nicht führen kann. Er gehörte zu den ana⸗ 
lytischen Heilerfolgen zweiten Ranges, der, wie der im zweidten 
Kapitel mitgeteilte Fall, auf Grund psychoanalytischer Er⸗ 
kenntnis gebessert, aber nicht eigentlich durchleuchtet werden 
konnte 
Seitdem einiges von der Psychoanalyse ins Volk gedrungen 
ist, kommen Patienten häufig mit der Frage, wie man ihnen 
eigentlich helfen wolle. Sie wüßten, daß es sich bei der Ps ycho⸗ 
analyse um unbewußte Konflikte handle, die bewußt gemacht 
Dr. Wittels: Psychoanalyse. 
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