Volltext: Die Psychoanalyse [538/540]

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lichen Tod bestraft wurde. Der Staat war eine Erfindung von 
Männern und Kriegern, und da er Männer brauchte, brauchte 
er auch die Ehe. Der Staat, allgemeiner gesagt: die Struktur 
der heute herrschenden Gesellschaft ist anrüchig geworden und 
sucht neue Formen. Die Krise der Gemeinschaft ist die Krise 
der Ehe. 
Tacitus berichtet, daß der Ehebruch bei den Germanen 
unbekannt gewesen sei. Er berichtet das seinen Römern, deren 
Ahnen von gleicher Art gewesen waren wie die Germanen, 
die er schildert. Näher stehen uns der Meister aus der guten 
alten Zeit und seine Meisterin. Er würdig, vollbärtig, mit 
den Sitten seiner Zeit einverstanden, nach seinen Vätern hin 
orientiert. Sie eingehüllt von Kopf bis Fuß in „Endlein, 
Preislein und Umgebänd“, rundlich, die Hausfrau am Herd. 
Es ist gewiß nicht unsere Schuld, wenn uns diese Romantik auf 
dem Umweg über die „Fliegenden Blätter“ komisch geworden 
ist. Immerhin, Meister und Meisterin hatten für sich und ihre 
Zeit die Frage der Bisexualität gelöst. Sie benützten zur 
dauernden Abstoßung ihres „Anderen“ die Einrichtung der 
Ehe und fügten sich — vermutlich ohne viel davon zu merken — 
dem Zwang der Treuheit und Ewigkeit. 
Hier endigt die psychologische Betrachtung, welche den 
Ewigkeitssinn der Ehe aus der Bisexualität erklärt und aus 
der Uebertragung der Elternliebe auf die Beziehung zwischen 
Ich und Du. Beide diese psychis chen Mechanismen beruhen auf 
einem Irrtum. Der Ehepartner ist nun einmal ein anderer 
als man selber, und man mutet ihm offenbar Unmögliches 
zu, wenn er zu einem Stück von einem selber werden und es 
dauernd bleiben soll. Auch ist man weder selber mehr ein Kind, 
noch liegt es in der Natur der Geschlechtsliebe, daß sie die 
Verläßlichkeit der Elternliebe in sich aufnehme. Sowie solcher 
Irrtum ins Bewußtsein tritt, wird er erkannt und verzehrt 
die Ehe. Um die Ehe zu halten, kommt alles darauf an, daß 
der Irrtum, auf dem diese soziale Synthese beruht, nicht er⸗ 
kannt werde. Er wird nicht erbannt, wenn man ihn nicht 
sucht, und man sucht ihn nicht, wenn man ihn als schicksalhaft 
gegeben hinnimmt. Kinder erkennen für gewöhnlich nicht, 
daß ihre Eltern Zwang ausüben, so sehr sie ihn fühlen. Sie 
sind zufrieden. Vom Zwang der Bisexualität, der in uns 
steckt, wissen wir so wenig, daß man ihn erst vor kurzem ent⸗
	        
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