Volltext: Die Psychoanalyse [538/540]

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Das Motiv der Haß—-Liebe ist bei älteren Romanschrift— 
stellern sehr beliebt gewesen, und wenn auch ein moderner 
Dichter die Darstellung solcher Verwandlung verschmäht, so 
hindert das gar nicht, daß es im Leben der meisten Menschen 
so zugeht wie im verachteten Kolportageroman. Ob das deshalb 
geschieht, weil die Menschen ihr eigenes Leben dichten und 
nun einmal nicht besser dichten können, oder ob die Motive 
der Kolportageromane vielleicht besser sind als ihr Ruf, wäre 
eine interessante Frage. 
Die Hysterie im engeren Sinne wandelt andere Wege als 
die der Verwandlung eines Triebwunsches in Angst, in Haß 
oder irgendein Gefühl, das den eigentlichen Trieb maskiert. Die 
Hysterie verwandelt den unterdrückten Trieb in eines ihrer 
zahlreichen Symptome. Wenn der rechte Arm gelähmt ist 
und es sich um eine hysterische Lähmung handelt, dann steckt 
dahinter der Wille zu dem, was verboten ist, und zugleich der 
Gegenwille, der sich in Lähmung des Armes ausdrückt. Aehnlich 
ist Heiserkeit und Stimmlosigkeit zu erklären. Es gibt viele 
Berufskrankheiten, deren Ursachen auf die besonderen Konflikte 
des Berufes zurückgehen. Die sogenannten Berufsneurosen 
galten der früheren Schule in der Medizin für schwer oder gar 
nicht heilbar. Wenn eine Geigerin vom Violinspielen un— 
erträgliche Schmerzen in der Hand oder Störungen in der 
Beweglichkeit bekommit, dann kann sie nach Ansicht des gesunden 
Menschenverstandes nur geheilt werden, wenn sie das Violin— 
spielen läßt. 
Als man erkannt hatte, daß es sich hier weniger um 
mechanische Schwierigkeiten als um psychische handelt, wurde 
die Sache zunächst nicht heilbarer. Alfred Adler und seine 
Schule erklären die Berufsneurosen einfach so, daß diesen 
Kranken ihr Beruf, zuwider ist. Sie verfallen deshalb in eine 
Krankheit, welche ihnen die Ausübung ihres Berufes unmöglich 
macht. Sie können dann behaupten, daß sie nicht den Beruf, 
sondern der Beruf sie im Stiche gelassen hat. Das ist angeblich 
Ziel und Zweck der ganzen Krankheit. Vom Berufe gilt aber 
dasselbe, was vom Gelde gesagt wurde. Der Mensch lebtnicht, 
um Geld zu verdienen, und er lebt auch nicht, um einen Beruf 
auszuüben. Beruf und Gelderwerb sind nur Mittel zum Zweck, 
und der Zweck ist immer nur das Ausmaß an Liebe und Genuß, 
das man im Leben befriedigen kann. Glückliche Menschen, deren 
—X
	        
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