hatte er einen glücklichen Sinn, der ihm in der Landwirtschaft
die kräftigste Stütze eines gesunden Staates erkennen ließ. Allen
Menschen stand er nahe durch seine edlen Humanitären Be-
strebungen, besonders Wien hatte ihn deshalb ungemein lieb.
Bei seinem Wirken mußte auch die Beamtenschaft humaneres
Vorgehen annehmen.
Josefs II. militärische Operationen gegen die Türkei 1788
verliefen unglücklich, der Kaiser selbst holte sich vom Schlacht-
selde den Todeskeim. Einem langwierigen Brustleiden erlag er
am 20.Februar 1790 um 5 Uhr früh, erst im 49. Lebensjahre
stehend. Der Zeitpunkt war ernst, Ungarn war in revolutionären
Zuständen, die österreichischen Niederlande im vollen Aufruhr,
in den Erbländern gährte es, besonders in Böhmen. Er selbst
sprach es in den Sterbetagen aus: „Ich weiß, daß mich der
größte Teil meiner Untertanen nicht liebt." Allein er konnte
auch sagen: „Ich glaube meine Pflichten als Mensch und Regent
erfüllt zu haben." *'Bei seinem Sterben** schien es, als ob
Gott ihm wieder die ganze Fülle der Glaubensgnade seiner
Jugendzeit verliehen hätte.
Mit dem Josefinismus auf den verschiedensten Gebieten
kann man sich insofern abfinden, als er in der göttlichen Vor-
sehung ein Mittel war, immerhin viel Gutes in der Welt zu
schaffen. Die Beruhigung der österreichischen Staaten war das
Werk des Nachfolgers auf dem Throne, nämlich Leopold II.,
welcher vordem in Toskana regierte. Indes starb er schon am
15. Mai 1792 nach nur 42jähriger Lebenszeit.
Franzosenkriege.
Die Franzosenzeit hat viel Leid*** ^nd Elend über unsere
è Gegend gebracht. Jnsbesonders die Durchmärsche waren es,
welche noch lange Jahrzehnte den Schrecken der Erlebenden
* Das Kaiser-Joses-Denkmal vor der Nationalbibliothek trägt die
schönen Worte: „Josef II., der dem Vaterlande nicht lange, aber ganz lebte."
** Karl Jung. Austria 2. Band. S. 108 ff. enthält eine herrliche
Schilderung der letzten Lebenstage Josefs II.
*** In dem Buche „Deutschland in seiner tiefen Erniedrigung",
herausgegeben i. I. 1806, steht als Charakteristik der französischen Armee
folgendes auf S. 22 zu lesen: „Fressen, Saufen, Raub und Weiberfchänden
waren Tagesordnung der französischen Armee." Die Verbreitung dieses
Werkchens hat dem Nürnberger Buchhändler Johann Philipp Palm in
Braunau d. 26. August 1806 den Kugeltod gebracht. Sind die heutigen
Franzosen im Rhein- und Ruhrgebiet anders?
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