Volltext: Aufgaben und Probleme der sozialen Fürsorge und der Volksgesundheitspflege bei Kriegsende

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beschädigte hierauf ausdrücklich hingewiesen, mit dem Beifügen^ 
daß „rücksichtlich solcher die Ausübung eines! derartigen Zwanges 
entschiedenen Bedenken begegnen würde“. 
Erwähnt sei noch, daß die Einweisung intern Kranker zur 
Nachbehandlung stets über eine „Sammelstelle“ zu erfolgen hat,, 
in Öer eine Kommission, der außer hohen Militärs und Militär 
ärzten auch Spezialfachärzte zuzuziehen sind, über die Not- 
•wendigkeit und die Art der Nachbehandlung entscheidet. 
Das in den beiden oben zitierten Ministerialverordnungen 
zum Ausdruck gelangende Bestreben, den Zwang zur Nachbe 
handlung nur unter besonderen Umständen zur Anwendung zu. 
bringen, erscheint durchaus berechtigt, kennt doch 
die österreichische Sozialversicherung (weder die gegenwärtig 
geltenden Gesetze noch der Sozialversieherungsentwurf) nicht auch 
nur a n n ä h e r n d so weit gehenden Strafbestimmungen. 
In der deutschen Reichsversicherungsordnung findet sich eine Be 
stimmung, die den in den »Bestimmungen für die Einrichtung und das 
Verfahren der Nachbehandlungskommissionen« von den beteiligten Mini 
sterien festgelegten Bestimmungen entspricht — also auch nicht so weit 
gehend ist wie die Bestimmung der Verordnung vom 29. August 1915. 
Der preußische, von mehreren Ministern, darunter dem Kriegsmini 
ster Unterzeichnete Erlaß vom 8. Sept. 1915 sagt, daß dem Widerstand von 
Kriegsinvaliden gegen Nachbehandlung, der aus der Sorge um Kürzung der 
Rente entspringt, entgegenzuwirken, ein wesentliches Ziel der Aufklärungs 
arbeitsein wird. Es wäre falsch, Fortsetzung des Berufes und Berufsausbildung, 
dem Invaliden allein zu überlassen. »Ohne einem Eingriff in ihre letzten 
Endes freie Selbstbestimmung das Wort zu reden, müssen 
wir doch im gegebenen Falle die Ausübung einer nachdrücklichen Ein 
wirkung als hinreichend durch das Ziel der Fürsorge gerechtfertigt be 
zeichnen.« Bestimmungen über Rentenherabsetzung bei, 
verweigerter Nachbehandlung finden sich weder im 
Gesetz über Mannschaftsversorgung noch in den bisher erlassenen 
Kriegsnotgesetzen und Verordnungen für das Reich und Preußen. 
Es findet sich kein Anhaltspunkt dafür, daß bei Erlaß 
der Verordnung über Nachbehandlung an Operationen gedacht 
wurde, an die wohl jeder, der von Nachbehandlung hört — ob 
wohl 'ja auch bei ihr Operationen notwendig sein können —- 
erst in letzter Linie denkt. Die im Auslande oft mit größter Leb 
haftigkeit geführten Debatten über den Zwang zu Operationen 
beim Militär sind bei uns überflüs'sig, da in — wie ich glaube 
— durchaus richtiger und in der einzig zu rechtfertigenden 
Weise das Reglement für den Sanitätsdienst des k. u. k. Heeres 
(II. Teil, stabile Militärsanitätsianistalten, § 5) besagt: „Zu jeder 
Operation hat der AbteilungsChefarzt die Zustimmung des Kranken 
einzuholen Und es soll diesem überdies! vorher der Zweck des 
Eingriffes sowie die eventuell damit verbundene Gefahr bekannt 
gegeben Werden.“ 
Von praktischer Bedeutung ist, daß die der Nachbehandlung 
zu Unterziehenden unter militärischer Disziplin und Aufsicht 
stehen, auch wenn diese Nachbehandlung in nichtmilitäris'chen 
Anstalten stattfindet, und daß ebenso wie die Verpflegskosten 
der in Nachbehandlung Befindlichen auch die Kosten für die 
Beiistell'ung künstlicher Körperersatzstücke von der' Heeresverwal 
tung getragen werden
	        
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