Volltext: Aufgaben und Probleme der sozialen Fürsorge und der Volksgesundheitspflege bei Kriegsende

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sprechende Ueb'ung wenigstens für einzelne Berufe mehr erreicht. 
Auch bemüht man sich, d'urdh Schulung des erhalten gebliebenen 
Armes bei Einarmigen möglichsten Ersatz, zu erreichen. „Die 
Prothesenbenützung spielt (bei Einarmigen) eigentlich nur eine 
untergeordnete, helfende Rolle“, sagt Spitzy. Diese Schu 
lung, ebenso wie die Schulung im Arbeiten mit Prothesen sowie 
in allen anderen Verrichtungen mit Prothesen (sowohl Arm- als 
Beinprothesen) muß unter Aufsicht eines Arztesi in Lazaretten, 
eventuell in Lazarettwerkstätten vorgenommen werden; wieviel 
hier an technischer Fertigkeit erreicht werden kann, das zeigen 
die allbekannten zahlreichen, aus Lazaretten stammenden Ab 
bildungen. Welcher wirtschaftliche Wert diesen technischen 
Fertigkeiten z'ukommt, darüber soll später gesprochen werden. 
Aber nicht nur der Einübung von Prothesenträgern hat die Laza- 
rettwerkstätte, die „Invalidenschule“, zu dienen; sie soll auch 
bei, Kranken mit Versteifungen zur Fortsetzung und teilweisem 
Ersatz der medikomechanischen Behandlung dienen; sie -soll 
den Verletzten die Einarbeit in den alten Beruf ermöglichen, 
solchen aber, die ihren alten Beruf aufgeben, ihn mit einem nahe 
verwandten oder ganz fremden vertauschen müssen, die Gelegen 
heit zur Einübung und Ausbildung geben. 
Die meisten deutschen Autoren betonen, daß, solange noch 
Behandlung notwendig, der Verletzte nicht aus dem Heeres verband 
entlassen werden soll, die militärische Disziplin sei zur 
Durchführung der Heilbehandlung notwendig. Es ist auch richtig,, 
daß zur erfolgreichen Durchführung der gesamten Nachbehand 
lung und Schulung mannigfache Widerstände zu überwinden sind. 
Die Arbeitsentwöhnung im Felde und im Lazarett, die Mutlosig 
keit und Kleinmütigkeit des Verstümmelten wie vielleicht nicht 
minder die Ansicht, daß der Staat für den, der in seiner Ver 
teidigung seine gesunden Glieder eingebüßt, nun voll und ganz 
sorgen muß, sowie die Sorge, durch die gebesserte Leistungs 
fähigkeit von der Rente einzubüßen, schließlich die Schmerz 
haftigkeit und die lange Dauer der Nachbehandlung, die Sehnsucht 
nach der Heimat — alle diese Momente bilden mannigfache Schwie 
rigkeiten für die Nachbehandlung: Schwierigkeiten, deren Ueber- 
windung mit Hilfe der militärischen Disziplin — selbst schon 
durch diese Disziplin als solche und selbst ohne Anwendung 
disziplinärer Strafmittel — leichter gelingt. Fraglich erscheint 
allerdings, ob jener eiserne Wille, jene gewaltige Willensanstren 
gung, die notwendig ist, damit der Verstümmelte das' an Leistung^ 
fähigkeit überhaupt Erreichbare auch wirklich erreiche, durch 
die Disziplin verbürgt werden kann. Da erscheint mir der oben 
erwähnte Vorschlag Schölls und S i 1 b e r s t e r n s : sehr be 
herzigenswert : es sei die Rente noch vor der Nachbe 
handlung auf mindestens drei bis 1 fünf J a hre f'e sit- 
zusetzen; während dieses Zeitraumes! genieße der Verletzte 
bei Fortbezug seiner hohen Rente die Früchte seiner Energie 
ungekürzt (siehe S. 24). 
Auch ein anderes Moment ist von Wichtigkeit: Der von 
seiner Wunde Geheilte hat 'natürlich dien sehr lebhaften Wunsch, 
in die Heimat zu kommen, seine Angehörigen wieder zu sehen. 
Diesem Wunsche kann Und soll durch iVerlegung des 1 Verletzten
	        
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