Volltext: Aufgaben und Probleme der sozialen Fürsorge und der Volksgesundheitspflege bei Kriegsende

143 
Gruppe, die besoldeten Pflegerinnen, die bei weitem größer als die 
orstere und die begreiflicherweise auch zum bei weitem größeren 
Teil in der Krankenpflege verblieb, bestand aus den verschie 
densten Elementen. Die große Arbeitslosigkeit bei Kriegsbeginn 
und ebenso auch die Sorge, wie sich im Laufe des Krieges die Ver 
hältnisse gestalten würden, hat nicht wenig dazu beigetragen, 
daß hier alle Klassen zusammenströmten: die Privatlehrerin für 
fremde Sprachen und Musik, die Erzieherin, die Beamtin, das 
Dienstmädchen, die Näherin und die Fabrikarbeiterin: alles glaubte 
einen Beruf für kurze Zeit gefunden zu haben, der über die augen 
blickliche Not hinweghelfe — und nun dauert der Krieg schon drei 
Jahre. Diejenigen unter diesen Pflegerinnen, die ihre Sache ernst 
nahmen, haben sich zumindest tüchtige praktische Kenntnisse in 
der Krankenpflege erworben — und über anderes verfügte ja auch 
die berufsmäßige Krankenpflegerin in Oesterreich bis zur Einfüh 
rung der staatlichen Prüfung (mit Ausnahme der Rudolfinerinnen) 
nicht. Andere haben nicht den nötigen Ernst für den Beruf 
gezeigt und sind mannigfachen Versuchungen, die die Berufsaus 
übung mit sich bringt, erlegen — zum nicht geringen Teil und 
häufig nicht durch eigene Schuld; die mangelhafte Organisation 
des Pflegerinnenwesens hat in vielen Fällen zu schwerer Aus 
beutung nach jeder Richtung hin geführt. 
Wie werden sich nun künftig die Berufsverhältnisse der 
Pflegerinnen gestalten? Nach der Demobilisierung, nach der Auf 
lösung der zahlreichen für Militärpersonen bestimmten Spitäler 
wird die ganze große Schar der Pflegerinnen brotlos. Die besseren 
unter ihnen, die schon vor dem Kriege in irgendeinem Beruf etwas 
Tüchtiges leisteten, vor allem diejenigen, die einen höheren Beruf 
ausgeübt haben, werden zum alten Beruf zurückstreben und wird 
sehr vielen unter ihnen die Aufnahme des alten Berufes wohl ge 
lingen. Anders für die große Masse derjenigen, für die der Kranken 
pflegeberuf — selbst in seiner heutigen Stellung — einen sozialen 
Aufstieg bedeutet, die nicht mehr zurück wollen in die Fabrik oder 
in die Heimarbeit. Gewiß findet sich auch unter diesen letzteren 
manche Tüchtige, Intelligente und Ausbildungsfähige; der großen 
Masse aber fehlt die notwendige Schulbildung, auf die sich die 
für die Krankenpflege so notwendige theoretische Fachausbildung 
aufbauen läßt, und fehlt — infolge längerer Entwöhnung von 
geistiger Arbeit und des Lernens — die Fähigkeit, Neues aufzu 
nehmen und geistig zu verarbeiten. Es gilt von ihnen dasselbe wie 
von den Invaliden: nur ein gewisser Bruchteil ist der Fortbildung, 
der Ausbildung für einen „gehobenen“ Beruf fähig. Gerade aber 
diese große Masse wird am zähesten an dem Krankenpflegeberuf 
festhalten, wird mit allen Mitteln den Konkurrenzkampf sowohl in 
der Privatpflege als auch — da ja bei weitem nicht genügend 
diplomierte Pflegerinnen vorhanden sein werden — in den 
Krankenanstalten aufnehmen und wird schon durch das Gewicht 
ihrer Zahl den Beruf, der eben erst auf ein etwas höheres Niveau 
gehoben werden sollte, noch weiter herabdrücken, wenn nicht 
seitens der Behörden die notwendige Vorsorge getroffen wird. 
Es müssen Einrichtungen getroffen w er 
de n,. die es de n tüchtigen und i n t e 11 i g e nt een 
unte r die n K rings p f 1 ege r.i n ne n er möglichen; 
voll w e r t i g e, geprüfte, d i p 1 o m i e r t e Ber u f sh
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.