Volltext: Aufgaben und Probleme der sozialen Fürsorge und der Volksgesundheitspflege bei Kriegsende

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Es wäre wohl dringend zu wünschen, daß' wenigstens das 
Verbots des Ausschanks und Verkaufs von Branntwein an ^Sonii- 
und Feiertagen, die beschränkte Ausschanks- und Verkaufszeit an 
Wochentagen, das Verbot der Verabfolgung von gebrannten Ge 
tränken an Kinder und Jugendliche auch noch die Kriegszeit über 
dauern. 
Auch eine möglichste Einschränkung vor allem der Brenne 
reien wäre notwendig, und gerade hier hat ja. auch in normalen 
Zeiten die Staatsgewalt einen recht weitgehenden Einfluß auf den 
Umfang des Betriebes. Allerdings können wir uns hier nicht viel 
Hoffnungen machen; hat doch selbst in der Kriegsnot die Regie 
rung' sich nur sehr zaghaft dazu entschlossen, durch Einschrän 
kungen für die Brennereien und Brauereien wertvolle Nahrungs 
mittel der Bevölkerung zu erhalten. 
Sollen aber die schweren Schäden, die der Krieg der Völks- 
gesundheit geschlagen hat, möglichst behoben werden, dann wird 
es notwendig sein, der Bekämpfung des Alkoholismus volle Auf 
merksamkeit zuzuwenden und gerade auf diesem Gebiete, das der 
Staat bisher ganz ausschließlich der Tätigkeit einzelner Vereine 
überlassen hat, einerseits gesetzgeberische Maßnahmen zu er 
greifen — durch Kaiserliche Verordnung vom 28. Juni 1916 über 
die Entmündigung ist bereits ein erster Schritt getan — anderseits 
von Staats wegen die von den Vereinen betriebene Propaganda zu 
unterstützen, vor allem aber selbst Äntialkoholpropaganda zu be 
treiben in Schule und Lehranstalten. 
Schließlich sei erwähnt, daß eine möglichst alkoholfreie 
Durchführung der Demobilisierung schon mit Rücksicht auf den 
engen Zusammenhang zwischen Alkoholismus und Verbreitung 
der Geschlechtskrankheiten geboten erscheint. 
Mehr als der Alkoholismus dürfte unter der Mannschaft der 
N i k o t i n konsum eine Steigerung erfahren haben, die sich wohl 
auch in Friedenszeiten geltend machen wird. Wer weiß, wie 
mäßig unsere Bevölkerung — abgesehen von einer kleinen Schichte 
des Bürgertums — im Nikotingenuß war, weiß auch, daß die beim 
Militär gebotene Nikotinmenge das sonst vom Mann gebrauchte 
Maß überschreitet. Offiziere erhielten eine noch größere Menge 
Tabak — bei uns ebenso wie in Deutschland — und es liegen 
aus: Deutschland bereits Berichte über Nikotinschädigungen von 
Offizieren vor. Mag aber der Nikotingenuß der Mannschaft sich 
innerhalb von Grenzen halten, die eine Gesundheitsschädigung 
nicht befürchten lassen — wenigstens nicht für die große Masse 
— so ist es jedenfalls bedauerlich, daß in einer Zeit, da alle Kräfte 
notwendig sein werden, um die Schäden im Wirtschaftsleben des 
Staates und des einzelnen zu beheben, ein reines'Genußmittel das 
Wirtschaftsbudget mehr als früher belasten wird.
	        
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