Volltext: Aufgaben und Probleme der sozialen Fürsorge und der Volksgesundheitspflege bei Kriegsende

Aus dem deutschen Großen Hauptquartier erging anfangs 19 S 5 die 
Mitteilung: „Die weit verbreitete Annahme, daß geschlechtliche Erkran 
kungen in unserem Heere eine Ausdehnung gewonnen hätten, die sie zu 
einer Volksgefahr machen, ist nicht zutreffend. Die Gesamtzahl der auf 
dem westlichen Kriegsschauplatz an Geschlechtskrankheiten leidenden 
Mannschaft bleibt etwa um die Hälfte hinter derjenigen, der in der Heimat 
befindlichen Mannschaft, die diese niemals verlassen hat, zurück.“ 
Später (Mitte 1915) heißt es dann in den „Mitteilungen der Deut 
schen Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten“: ..Die 
Verbreitung der Geschlechtskrankheiten in der Armee nimmt merklich 
a.b; sowohl aus dem Westen als auch aus dem Osten wird berichtet, 
daß der Prozentsatz der Erkrankten sich wesentlich mindert, und auch 
m ; der Heimat selbst ist —- wenn auch nicht in gleichem Maße — ein 
Abflauen zu bemerken.“' 
Ministerialdirektor Professor Dr. Kirchner vom preußischen 
Ministerium des Innern sagt in der Sitzung der Sachverständigenkom 
mission der Deutschen Gesellschaft zur Bekämpfung der Geschlechts 
krankheiten vom 29. Jänner 1916: „Nach den bisherigen statistischen Er 
hebungen ist festzustellen, daß die Verbreitung der Geschlechtskrank 
heiten in der Armee während des Krieges nur wenig größer ist als im 
Frieden, daß von den Infektionen mehr als 56 Prozent im Inland erfolgt 
sind. Es liegt also nicht so, daß etwa die zurückkehrende Armee unser 
Land gefährdet, sondern das Gegenteil ist der Fall: Es liegt die Gefahr 
vor, daß die Armee, wenn sie nach Hause zurückkehrt, sich dort infiziert, 
und wir von der Verwaltung- haben eine besondere Verantwortung dafür, 
daß das nicht geschieht.“ 
Auch der Präsident des Reichsversicherungsamtes K a u f m a n n 
sagt (in einer im März 1916 erschienenen Schrift: „Krieg, Geschlechts 
krankheiten und Arbeiterversicherung“), daß die in den ersten Kriegs 
monaten bestehende Furcht vor einör stärkeren Ansteckungswelle,, ciie 
nach der Rückkehr unserer Millionenheere über die Bevölkerung fluten 
würde, sich als nicht gerechtfertigt erwiesen; „man hatte unterschätzt, 
was Ehrgefühl und Manneszucht im Heere, was planvolle, auch im 
kleinsten gewissenhafte Arbeit der Militärverwaltung zu leisten imstande 
sein 'würden. Durch Belehrung und andere vorbeugende Maßnahmen 
sowie durch nachdrückliche Ueberwachung des Dirnentums in dem 
durchseuchten feindlichen Lande gelang es, den Rückgang der Ge-, 
‘ schlechtskrankheiten im Feldheer selbst im Kriege fortzusetzen. Der 
gesamte Zugang hat während des ersten Kriegsjahres nur 14*4 aufs 
lausend der Kopfstärke betragen.“ Im Heimatsheere betrug der Zugang 
HP aufs Tausend (im Jahre 1912/13 betrug der Zugang in der Armee 
21'2 °/oo). 
Im Gegensatz hiezu konstatieren noch viel später die österreichi 
schen obersten Behörden eine Verbreitung der Geschlechtskrankheiten in 
der Armee, die die im Frieden gewaltig überragt. So sagt der Erlaß des 
k, u. k. Kriegsministeriums vom 14. Juli 1916: „Aus den eingelangten 
Wochenberichten über Geschlechtskrankheiten ist zu entnehmen, daß 
trotz der unausgesetzten Bekämpfungsmaßregeln der Heeresverwaltung 
das. Verhältnis des Wo'chenzuwachses an Geschlechtskranken zur Kopf 
stärke in den MHitärkommandob er eiche ri im Durchschnitt 2 Prozent be 
trägt, also beiläufig dap Doppelte wie-im Frieden. In den letzten Wochen 
ist sogar ein langsames Ansteigen von 2 Prozent auf 2R? Prozent wahr 
zunehmen, in einzelnen Militärkommandobereichen ist diese Verhältnis 
zahl noch wesentlich höher.“ 
Dabei ist auch damals bereits ein Rückgang der Geschlechtskrank 
heiten'im Fe 1 dhee.r festzustellen gewesen, denn das Ministerium des 
Innern sagt in einem Erlaß vom 6. Juli 1916: „Laut Mitteilungen des 
k. u. k. Armeeoberkommandos weist der Prozentsatz der Geschlechts-. 
krankheiten bei der Feldarmee in den letzten. Monaten einen stärkeren
	        
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