Volltext: Aufgaben und Probleme der sozialen Fürsorge und der Volksgesundheitspflege bei Kriegsende

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tober 1914, soweit sie die Stellung der unehelichen Kinder tind 
deren Mütter verbessert — keinerlei neue Rechtsansprüche. Sie 
sollen nur die Durchführung bestehenden Rechtes! sichern durch 
neue Hilfsmittel (Vormundschaftsräte, General Vormundschaft, Ent- 
mündigungsverf a hren). 
Nicht was zu tun, was zu geben ist, ist das: Problem 
der sozialen Fürsorge, sondern wie es! getan, wie es 
gegeben werden soll. Das Objekt sozialer Fürsorge ist rein 
passiv, es! kämpft nicht um sein Recht, es 1 fordert es 1 kaum —■ 
und wenn auch eine politische Partei sich des Rechtes der der 
Fürsorge Bedürftigen annimmt — sie sind nicht selbst Partei, 
sie arbeiten nicht in nennenswertem Maße an der Durchsetzung 
ihrer Rechtsansprüche mit; es muß ihnen ihr Recht von außen 
gegeben, von außen muß für Durchführung der ihnen zuerkannten 
Rechtsansprüche gesorgt werden. Diese Durchführung zu 
organisieren — das ist das zu 1 ösende Problem. 
Wer soll die Durchführung organisieren, wer soll die Duroh- 
-führung übernehmen; was soll der Staat und die Staatsorgane 
leisten, was andere iKräfte der Gesellschaft? Zur Beantwortung 
dieser Frage müssen wir zunächst einen Blick auf die Art der 
Fürsorgetätigkeit selbst werfen. 
Für die Tätigkeit in der sozialen Fürsorge ist eines: charak- 
rakteristisch: Die Beschäftigung mit dem einzelnen Indivi 
duum. Bei der .sozialpolitischen Gesetzgebung erfassen die mit 
ihrer Durchführung betrauten Organe fast stets kleinere oder 
größere Mengen von Personen. Bei IKontrollierung eines Fabriks 
betriebes wird zu gleicher Zeit festgestellt, ob einer großen An 
zahl von Personen ihr — für alle diese Personen oder wenigstens 
Gruppen von Personen gleiches — Recht wird. Die soziale Fürsorge 
muß sich mit jedem einzelnen Individuum besonders; befassen, 
muß ihre Maßnahmen stets genau dtam Einzelfall anpassen. Die 
praktische Tätigkeit in sozialer Fürslorge erfordert liebevolles Ein 
gehen auf die Not Und auf die Bedürfnisse des 1 einzelnen. Das 
ist eine Tätigkeit, wo man — ich möchte sagen — mit dem 
Herzen dabei - sein muß, eine Tätigkeit, die nur der richtig aus 
üben kann, der sich zu solcher Tätigkeit „berufen“ fühlt. Solche 
Tätigkeit läßt sich nidht von Amts wegen be fehlen. 
Nicht, daß ich damit sagen will, daß es eine Tätigkeit für wohl 
wollende und wohltätige Personen sei, die in jedem Einzelfall 
freiwillig diese Aufgabe auf sich nehmen — ganz im Gegenteil, 
je größer die Aufgaben sind, die der sozialen Fürstarge gestellt 
werden, je intensiver sie betrieben werden stall, um so notwendiger 
ist es, daß in immer wachsender Zahl sich P’ersonen mit berufs 
mäßiger Ausbildung der sozialen Fürsorge widmen und diese 
als Beruf ergreifen und 1 ausüben. Aber immer müs'sen es: Per 
sonen sein, die 'sich freiwillig diesen Beruf erwählt haben. Wollte 
man heute Beamten oder Gruppen von Beamten befehlen, ebenso 
wie Und neben ihren Amtspflichten soziale Fürstarge zu betreiben, 
so würde in weitaus der Mehrzahl der Fälle nichts oder nur 
eine Scheintätigkeit die Folge sein. Man kann zum Beispiel 
jedem Amtsarzt auftragen, der Wasserversorgung sein bestanderes 
Augenmerk zUzuwenden, Brunnen und Wasserleitungen zu kon 
trollieren — es wird jeder Amtsarzt die vorgestahriebenen Unter
	        
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