Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

Während dieser Zeit entwickelten sich in der Gegend von 
Lodz äußerst harte Kämpfe, die bis Ende November an 
hielten. Die Heftigkeit dieses Ringens schilderte der russische 
Kriegsberichterstatter Nemirowitsch-Dantschenko. Danach 
hätte sich im Anprall eines zuerst stark überlegenen Fein 
des Bataillon um Bataillon, Regiment um Regiment 
geopfert, um hinter sich die Organisation des russischen 
Riesenheeres zu sichern. Durch die deutschen Maschinen 
gewehre seien Kompanien mit ihren Offizieren vom Erd 
boden weggefegt worden, aber viermal, fünfmal wurden 
sie erneuert, bis der Feind seine Munition erschöpft hatte. 
Die Japaner hätten im Mandschureikriege auch mit dieser 
Todesverachtung gekämpft, nur mit dem Unterschiede, daß 
sie schließlich erschöpft und zum Frieden geneigt gewesen 
seien, während die russischen Opfer, „so groß sie sind, kaum 
verspürt werden". In den Wäldern von Blone und bei 
Josefoff reihen sich Massengräber in langer Ausdehnung 
aneinander, alles sibirische Truppen, hundert und mehr 
Soldaten in den einzelnen Gräbern. Besonders verlust 
reich für die Russen war die Erstürmung von Rakitni. — 
Die Deutschen hatten acht Reihen von übereinander 
liegenden Verschanzungen hergestellt. Mit schweren Hau 
bitzen beherrschten sie den ganzen Umkreis. Mit stoischer 
Gelassenheit seien die Sibiriaken in die Hölle marschiert, 
die die tödlichen Geschosse zu Tausenden ausgespieen habe. 
Heute noch könne man die deutschen Verhaue sehen, dieses 
Zickzack von Verteidigungsmaßnahmen, die die russischen 
Truppen von außen nicht vermuten konnten. Unter dem 
mörderischen Feuer lösten sich alle Verbände, die Offiziere 
fielen, und jeder Soldat war sein eigener Leutnant. 
Was sich bei Rakitni abspielte, wiederholte sich bei 
Eschoff, bei Prussamj und vielen anderen kleineren Orten, 
die kein Bericht bisher erwähnte, die aber blutigere Schlachten 
sahen, als sie bisher in Frankreich sich zutrugen. Offen gibt 
Nemirowitsch-Dantschenko zu, daß es meistens die deutsche 
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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
Nachhut war, die den nachdrängenden Russen standhielt, 
zürn Teil in natürlichen, zum Teil in künstlich geschaffenen 
Befestigungen. Die schweren deutschen Geschütze seien 
derart versteckt aufgestellt gewesen, daß die russische Artillerie 
sie lange nicht finden konnte. — 
Die Russen, die sich auf Mlawa zurückzogen, wurden 
weiter verfolgt. Aw 20. November wurde auch Czenstochau 
mit in den Kampfbereich eingezogen, und hier kämpften 
wir Schulter an Schulter mit unseren tapferen öster 
reichisch-ungarischen Bündesbrüdern (s. auch das Bild Bd. I 
Seite 476/477). Am 22. November machten diese bei der 
Eroberung des Ortes Pili ca 2400 Gefangene. Die Russen 
zogen nun neue Verstärkungen aus der Gegend von Warschau 
heran, und dadurch wurde die Entscheidung hinausgeschoben. 
Aber sie blieb doch nicht lange aus, denn schon am 25. No 
vember meldete unsere Heeresleitung, daß der russische 
Gegenstoß aus Richtung Warschau in der Gegend von 
Lowicz—Strykow—Brzeziny gescheitert sei. Auch die An 
griffe in der Gegend Ezenstochau wurden zurückgeschlagen. 
Die Österreicher und Ungarn machten in dieser Schlacht 
bis zum 25. November 29 000 Gefangene und erbeuteten 
49 Maschinengewehre sowie vieles sonstige Kriegsmaterial. 
Die Deutschen durchbrachen aber bei Brzeziny den Ring, 
den der Gegner um sie gebildet hatte. 
Die Russen, die hierbei schwere Verluste an Toten und 
Verwundeten erlitten, büßten außerdem noch etwa 40 000 
unverwundete Soldaten ein, die als Gefangene in unsere 
Hände fielen. Ferner wurden 70 Geschütze, 160 Muni 
tionswagen, 156 Maschinengewehre von uns erbeutet und 
30 Geschütze unbrauchbar gemacht. Unseren Durchbruch 
durch den von den Russen bei Lodz gebildeten Ring finden 
unsere Leser bereits auf Seite 33 geschildert. — 
Wie es in der Stadt Lodz während dieser Kämpfe aus 
sah, davon gibt folgender Brief eines Lodzer Bürgers 
eine höchst lebendige Schilderung: 
Die Wiedererstürmung Steinbachs i. E. Nach Angaben eines Augenzeugen gezeichnet von Ar. Schmidt.
	        
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