Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

Thronbesteigung Kaiser Franz Josephs, konnte der Be 
fehlshaber der 5. österreichisch-ungarischen Armee, General 
Frank, seinem obersten Kriegsherrn einen glänzenden Er 
folg melden. An diesem Tage erhielt der greise Kaiser 
nachstehende Huldigungsdepesche: 
„Hochbeglückt bitte ich, Eurer k. u. k. Apostolischen Maje 
stät am Tage der Vollendung des sechsundsechzigsten Jahres 
Eurer Majestät glorreicher Regierung die ehrfurchtsvollen 
Glückwünsche der 5. Armee sowie die alleruntertänigste 
Meldung zu Füßen legen zu dürfen, daß die Stadt Belgrad 
heute von Truppen der 5. Armee in Besitz genommen 
wurde. Frank, General der Infanterie." 
Die Besitzergreifung Belgrads erfolgte in feierlicher 
Weise am 3. Dezember. 
Blitzschnell trug der Telegraph die Kunde von dieser 
Großtat in alle Lande. In den Ländern der Dreiverband 
mächte rief sie Schrecken, in Österreich-Ungarn, Deutschland 
und der Türkei ungeheuren Jubel hervor. Auf den Wällen 
der eroberten Serbenstadt wehten wieder die habsburgischen 
Photothek, Berlin. 
mit seinem Stab im Felde. 
Geschichte des Weltkrieges 
1914/15. 
Illustrierte 
König Peter von Serbien 
das alles sog an Serbiens Lebenskraft. Ein in Petersburg 
weilender Vertrauensmann des serbischen Ministerpräsi 
denten Paschitsch schrieb in der „Nowoje Wremja": 
„Das Vertuschen hilft nichts mehr. Die Serben haben 
bisher mindestens 100 000 Soldaten verloren, fast ein 
Drittel ihrer Armee. Das, was Serbien droht, ist hundert 
mal ärger als das Schicksal Belgiens. Serbien steht vor der 
Gefahr völliger Vernichtung." 
Mitte November schon hatten die Österreicher und 
Ungarn die Beschießung der Belgrader Festungswerke von 
Semlin und von der Donau aus begonnen. Von dieser 
Stelle aus wurde Belgrad durch die Monitoren „Szamos" 
und „Enns" bombardiert, während drei andere Monitoren 
das Vorrücken der österreichisch-ungarischen Truppen an der 
Save deckten. Das Artilleriedepot der Belgrader Festung 
wurde durch Granatschüsse in die Luft gesprengt, was 
zur Folge hatte, daß bei den Serben die Munition knapp 
wurde und die Beschießung nur ungenügend erwidert 
werden konnte. Die Kampflinie erstreckte sich von der 
sogenannten Semliner Ecke bis gegen Obrenowac. 
Am 2. Dezember, dem sechsundsechzigsten Jahrestag der 
Fahnen und gaben Kunde von der Macht und Herrlichkeit 
des Zweibundes. Die Freude in der ganzen österreichisch- 
ungarischen Monarchie über den Fall Belgrads war um 
so größer, als die Besetzung der Stadt ohne Verluste 
erfolgt war. 
Nach diesen glänzenden Erfolgen sah sich die österreichisch 
ungarische Heeresleitung in den Tagen vom 12.—14. De 
zember veranlaßt, ihre siegreichen Truppen, die fast Über 
menschliches geleistet hatten, vor dem jetzt wieder mit über 
legenen Kräften anrückenden Feinde hinter die Save zurück 
zunehmen. Die serbische Regierung benutzte diese Gelegenheit, 
im Ausland die unglaublichsten Gerüchte über Niederlagen und 
Verluste des österreichisch-ungarischen Heeres auszusprengen, 
die dann auch bei uns Verbreitung fanden. Es wird daher 
für unsere Leser sicherlich von Interesse sein, einige wahre 
Tatsachen darüber von einem Gewährsmann zu erfahren, 
der sich zufälligerweise in sehr günstiger Lage befand, näm 
lich von einem Arzt vr. M., der infolge seiner Zuteilung 
zunr Feldspital meist in nicht allzuweiter Entfernung vom 
Korpshauptquartier weilte und gerade während der frag 
lichen Zeit sehr weit an die Eefechtsfront vorgeschoben war. 
und am 1. Dezember konnte folgender Bericht ausgegeben 
werden: 
„Auf dem südlichen Kriegschauplatz fand ein weiterer 
Abschnitt in den Operationen seinen siegreichen Abschluß. 
Der Gegner, der schließlich mit seinen gesamten Streit 
kräften östlich der Kolnbara und des Ljig durch mehrere 
Tage hartnäckigsten Widerstand leistete und wiederholt 
versuchte, selbst zur Offensive überzugehen, wurde auf der 
ganzen Linie geworfen, und im Rückzüge erlitt er neuer 
dings empfindliche Verluste. 
Auf dem Gefechtsfelde von Konatice allein fanden 
unsere Truppen etwa 800 unbeerdigte Leichen. Des 
gleichen bedeuten die zahlreichen Gefangenen und ma 
teriellen Verluste eine namhafte Schwächung; denn seit 
Beginn der letzten Offensive wurden über 19 000 Ge 
fangene gemacht, 47 Maschinengewehre und 46 Geschütze 
sowie zahlreiches sonstiges Material erbeutet." 
Über Serbiens Schicksal war der Stab gebrochen. Rück 
zug der serbischen Armeen überall, Unruhen im Innern,
	        
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