52
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15.
und 17 leichte Geschütze mit einer außerordentlich großen
Menge von Infanterie- und Artilleriemunition, Revolver-
kanonen, zahlreiche Maschinengewehre, Leuchtpistolen, Ge
wehr- und Handgranaten wurden erbeutet.
Diesen glorreichen Kampf führten die deutschen Truppen
nach langen Wochen des Stilliegens in einem Winter
feldzug, während dessen meist Regenschauer und Sturmwind
herrschten. Auch an den Kampftagen selbst hielten Regen
und Wind an. Die Märsche erfolgten auf grundlosen
Wegen, die Angriffe über lehmige Felder, durch ver
schlammte Schützengräben und über zerklüftete Steinbrüche.
Vielfach blieben dabei die Stiefel im Kot stecken, der
deutsche Soldat focht dann barfuß weiter.
Was unsere wundervollen Truppen, zwar schmutzig
anzusehen, aber prachtvoll an Körperkraft und kriegerischem
Geist, da geleistet haben, ist über alles Lob erhaben. Ihre
Tapferkeit, ihr Todesmut, ihre Ausdauer und ihr Helden
mut fanden gebührende Anerkennung dadurch, daß ihr
oberster Kriegsherr, der in jenen Stunden unter ihnen
weilte, die verantwortlichen Führer noch auf dem Schlacht-
felde mit hohen Ordensauszeichnungen schmückte. General
der Infanterie v. Lochow wurde mit dem Orden Pour
le Merite und
Generalleut
nant Wichura
mit dem Kom
tur des Haus
ordens der
Hohenzollern
ausgezeichnet
(siehe die ne
benstehenden
Bilder).
Neben einer
energischen,
zielbewußten
und kühnen
Führung und
der großartigen
Truppenlei
stung ist der Er-
folgderSchlacht
bei Soissonsder
glänzenden Zu
sammenarbeit
aller Waffen,
vor allem der
Infanterie,
Feldartillerie,
Fußartillerie
und den Pionieren , zu verdanken, die sich gegenseitig aufs
vollendetste unterstützten. Auch die Fernsprechtruppen haben
nicht wenig zum Gelingen des Ganzen beigetragen.
Auf Truppen und Führer solchen Schlages kann das
deutsche Volk stolz sein.
Natürliche und künstliche Hindernisse im
Feldkrieg.
(Hierzu die Bilder Seite 51 und 65.)
Hindernisse für das Vordringen der Truppen benutzt
man, wie in früheren Jahren, so auch heute noch im
Festungskriege sowohl wie im Feldkrieg, und ihre Über
windung oder Unschädlichmachung fordert nur allzuoft große
Opfer. Die Hindernisse im Feldkrieg verfolgen den Zweck,
den Gegner im wirksamsten Feuerbereich möglichst unver
mutet aufzuhalten, ihm die Annäherung zu erschweren
und so sich selbst vor Überraschungen zu schützen. Die
eigene Bewegung dürfen sie keinesfalls hindern. Geschieht
das letztere, so haben sie einen sehr bedingten Wert;
deutlich tritt dies bei den Überschwemmungen in West
flandern (siehe das Bild Seite 54) zutage.
Zu den natürlichen Hindernissen gehören Einfriedigungen /
aller Art, Abhänge, steile Böschungen, Einschnitte, Gestrüpp
und dann Wasserhindernisse aller Art, wozu besonders auch
Sumpfland, nasse Wiesen und dergleichen zu zählen sind,
die nur auf besonderen Übergängen überschritten werden
können. Den hemmenden Einfluß solcher natürlicher
Hindernisse sucht man noch künstlich zu steigern; vor Ein
friedigungen zum Beispiel zieht man tiefe Gräben, die
Hofphotograph Bieber, Berlin.
General der Infanterie v. Lochow.
Die ruhmreichen Führer in der Schlacht bei Soissons.
das übersteigen erschweren, und das Eitterwerk durchzieht
man mit Stacheldraht. Hinter der Einfriedigung ver
ankert man Eggen, deren Zinken nach oben gerichtet sind,
mit dem Boden. Einschnitte macht man durch Wolfsgruben,
Minen, Eggen, Drahtnetze und dergleichen unpassierbar,
Gestrüpp durch unregelmäßig gezogenen Stacheldraht.
Unter den rein künstlichen Hindernissen versteht man
zunächst sogenannte Verhaue und Drahtnetze^ Man stellt
sie als Baum- und als Astverhaue her; der Sicht können
sie nicht, oder doch nur schwer entzogen werden. Die
Baumverhaue verwendet man hauptsächlich zum Schließen
von Waldrändern, dann aber auch, wenn auch seltener,
zum Sperren von Brücken, Engwegen usw. Die Bäume
werden hierbei kreuzweise übereinander gelegt, mit den
Kronen gegen den Feind; untereinander werden Aste und
Stämme in wirrem Durcheinander mittels Stacheldraht
verschlungen, auch wohl mit Spitzklammern aneinander be
festigt. Die Astverhaue erfordern zu ihrer Herstellung viel
Zeit und sind daher im Feldkrieg nicht besonders häufig;
gerne verwendet man sie zur Absperrung solcher Teile
des Vorfeldes, die dem Feinde Deckung bieten könnten.
Hergestellt werden sie aus starken Ästen, die vom feineren
Reisig befreit
und vorn zuge
spitzt ' werden.
Zwischen den
einzelnen Ästen
werden Latten
durchgesteckt
und diese mit
tels Haken- oder
Kreuzpfählen
im Boden be
festigt.Auch hier
erhöht man die
Wirkung durch
ein wirr ver
flochtenes
Drahtnetz; oft
verbindet man
mit den Ver
hau en auch noch
Berührungs
minen, wodurch
ihre Zerstörung
sehr erschwert
wird.
Phot. H. Noack, Berlin. Die Draht-
Generalleutnant Wichura. Hindernisse (Abb,
Seite 55 un
ten) haben sich schon 1870/71 vorzüglich bewährt, und irn
russisch-japanischen Kriege boten selbst schwach angelegte
Drahtnetze vor Port Arthur und auf den mandschurischen
Schlachtfeldern den Japanern die größten Hindernisse.
Am besten werden die Drahtnetze in der Weise hergestellt,
daß schachbrettartig mannshohe Pfähle in einer Entfer
nung von etwa zwei Meter voneinander an möglichst
harten Stellen in den Boden eingetrieben werden, so
daß sie noch etwa einen Meter aus ihm herausschauen.
Diese Pfähle geben dann die Netzpunkte ab für ein ge
wirrartig sich kreuzendes Geflecht aus Stacheldraht und
sonstigem Draht. Die Zerstörung eines Drahthindernisses
durch Pioniere sucht man durch Landminen zu erschweren;
oft legt man auch noch Wolfsgruben in dem Bereich des
Drahtnetzes an, aus denen es dann so gut wie kein Ent
rinnen mehr gibt.
Die eben erwähnten Landminen verwendet man sowohl
als selbständiges Hindernis, wie auch zur Verstärkung anderer
Hindernisse. Ihr Hauptwert liegt in der moralischen Wir
kung und in dem Schutz, den sie durch ihren Alarm gegen
feindliche Erkundungen und Überfälle bieten. Sie werden
von den Pionieren gelegt und kommen als Erdminen
(Flatterminen), zuweilen auch, besonders bei den Russen,
als Steinminen zur Verwendung. Die Zündung der
Sprengstoffe in Form von Minen erfolgt entweder selbst
tätig oder aber elektrisch. Die selbsttätige Zündung kann
zum Beispiel durch Schlagstifte in Verbindung mit Spreng
kapseln bewirkt werden; in Tätigkeit tritt dann eine solche
Vorrichtung bei dem Niedertreten einer leicht unterstützten
Auftrittsfläche. Die elektrische Zündung gestattet durch