Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
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verlassen, so mußte er sich darein fügen, daß am 17. No 
vember mit der Abrüstung des Hilfskreuzers begonnen wurde. 
Von größerer Bedeutung für uns war ein Ereignis, 
dem das deutsche Unterseeboot „U 18" zum Opfer fiel. 
Am 23. November wurde dieses Boot durch ein englisches 
Patrouillenfahrzeug an der Nordküste Schottlands zum 
Sinken gebracht. Ein Mann der Besatzung des englischen 
Torpedobootzerstörers „Garry", das 3Offiziere und 23 Mann 
der Besatzung rettete, berichtete darüber folgendes: 
Eines der Patrouillenfahrzeuge, das aus dem Hafen 
herausfuhr, signalisierte plötzlich, daß es auf ein Untersee 
boot gestoßen sei. Unser Kommandant ließ sofort Dampf 
ansetzen. Wir konnten das Unterseeboot in der Richtung 
des Ankerplatzes fahren sehen, verfolgten es und gaben ihm 
die volle Breitseite. Plötzlich sahen wir das Unterseeboot 
an die Oberfläche kommen. Als die Bemannung nach 
oben kam, sank das Fahrzeug sofort wieder, und die Be 
satzung wurde auf das Wasser geschleudert. Wir nahmen sie 
an Bord und erfuhren von den Geretteten, daß einer ihrer 
Kameraden im unteren Raum des Bootes die Klappe 
geöffnet habe, um es zum Sinken zu bringen. So konnten 
wir uns des Bootes nicht bemächtigen. Einer der Deutschen, 
der Englisch spricht, 
hat erzählt, daß die 
Offiziere und die 
Besatzung des Un 
terseebootes aus 
gelost hätten, wer 
in den Unterraum 
gehen solle, um 
das Boot zu ver 
nichten, sobald die 
Sicherheit der an 
deren feststand.Das 
Los fei dabei auf 
einen der Maschi 
nisten gefallen. 
Dieser Held hat sich 
also geopfert, um 
das Schiff nicht in 
die Hände der 
Feinde gelangen 
zu lassen. 
Am selbenTage, 
an dem wir den 
Verlust des Unter 
seebootes „U 18" 
zu beklagen hatten, 
erhielten wir die 
Nachricht, daß der 
englische Uber 
dreadnought „Au- 
dacious" an der 
Nordküste Irlands 
auf eine Mine ge 
laufen und gesunken sei. Die englische Admiralität hielt das 
Ereignis zunächst allerdings streng geheim, um Aufregung 
im Lande zu vermeiden, auf die Dauer ließ es sich jedoch 
nicht verschweigen, und wieder sollte eine Mine die Ursache 
des Unfalls gewesen sein. Aber auch hier sprechen alle Um 
stände dafür, daß ein deutsches Unterseeboot die Tat ver 
richtet hat, der eines der stolzesten Schiffe der Engländer 
zum Opfer fiel. Zwei Augenzeugen der Katastrophe von 
der Besatzung der „Olympic", die am 27. Oktober an der 
irischen Küste die Mannschaft des untergegangenen eng 
lischen Kriegschiffes gerettet und nach Lough Swilly, einem 
nordirischen Flottenstützpunkt, gebracht hat, gaben folgende 
Schilderung des Ereignisses: 
„Nachdem die .Olympic' Neuyork am 21. Oktober 
verlassen hatte, hörten wir, daß von der NordosMste Ir 
lands Minen gemeldet seien. Die Fahrt ging aber gut 
vonstatten, bis wir am 27. Oktober vormittags zehn Uhr 
die Toryinsel an der irischen Küste sichteten. Es war ein 
trüber, kalter Morgen mit scharfem Westwind und hoch 
gehender See. Um elf Uhr erblickten wir voraus zwei 
Kriegschiffe. Das größere rollte schwer und lag so tief, daß 
dir Sturzseen das Achterdeck überspülten. Das war der 
.Audacious'. Zuerst dachten wir an nichts Schlimmes, 
bis das andere Schiff — wie sich herausstellte, war es der 
Kreuzer .Liverpool' — im Zickzack hin und her zu fahren 
begann, quer vor den Kurs der .Olympic'. Das wurde 
ungefähr 15 Minuten fortgesetzt. 
Inzwischen waren wir dicht genug herangekommen, um 
vom Deck aus, ohne Zuhilfenahme eines Glases, beobachten 
zu können, daß das Kriegschiff die Notflagge, eine blau 
und weiß gewürfelte Fahne mit dem Buchstaben bl des 
internationalen Signalkodes, an seinem großen Signalmast 
gehißt hatte. Der Kreuzer hatte vorwärts gegen die 
.Olympic' zu weiter seine Kreise beschrieben, um sicher zu 
sein, daß keine Minengefahr mehr vorliege. Wir stoppten 
auf 500 Ward von dem rettungslos verlorenen Kriegschiff, 
und einige Minuten später kam der Befehl: ,Jn die Boote!' 
Vierzehn Rettungsboote wurden zuerst auf Backbord los 
gemacht, dann wieder eingehängt und auf Steuerbord her 
untergelassen. Sie wurden mit Matrosen, Heizern und 
Stewards von der .Olympic' ohne irgendwelche Aufregung 
bemannt. Unterdessen stieß von dem Kriegschiff ein Boot 
mit fünf Mann ab, das von der schweren See alsbald um 
geworfen wurde; ein Mann ertrank, während die übrigen 
gerettet wurden. Die Rettungsboote gebrauchten eine halbe 
Stunde, um das Kriegschiff zu erreichen. Die Mannschaft 
des bereits teilweise untergesunkenen Schiffes sprang, als 
sie die Boote er 
blickte , vom Ge 
länder herab. 
Während des 
Rettungswerkes er 
schienen verschie 
dene Torpedo 
boote , Fischer 
dampfer und kleine 
Kreuzer auf der 
Bildfläche, die 
durch drahtlose An 
rufe der,Liverpool' 
herbeigeholt wa 
ren. 250 Leute von 
der Besatzung des 
.Audacious' wur 
den vonder .Olym 
pic' übernommen 
und 450 andere auf 
die übrigen Schiffe 
verteilt. Die ver 
bleibenden 200 
wurden auf dem 
Vorderschiff des 
.Audacious' ver 
sammelt , um bei 
dem Versuche zu 
helfen, das Schiff 
zu bergen. 
Jetzt lag der 
.Audacious' sehr 
tief im Wasser. Die 
Mine hatte um acht Uhr das Leck gerissen, und ungefähr 
fünf bis sechs Stunden lang war das Wasser durch das auf 
Backbord entstandene Loch hereingebrochen. Das Geländer 
des Achterdecks stand unter Wasser, und die Backbordgeschütze 
in dem großen Gefechtsturm ragten eben aus dem Wasser 
heraus. Um ein Uhr war die Mannschaft der .Olympic', 
nachdem einzelne Boote nicht weniger als drei Fahrten ge 
macht hatten, an Bord zurückgekehrt. Die vierzehn Ret 
tungsboote ließ man treiben, da es bei der schweren See 
nicht möglich war, sie wieder heraufzuwinden. 
Die Leute des .Audacious' haben zumeist nur das nackte 
Leben gerettet und mußten auf der .Olympic' mit Kleidern 
versehen werden. 
Damit die Nachricht von dem Untergang eines der 
besten Schiffe der Marine nicht bekannt werde, hielt 
die Admiralität die .Olympic' eine Woche in Lough 
Swilly fest. Alle Passagiere versprachen, keine Mit 
teilungen zu machen, als sie in Belfast landeten. Erst 
als die 900 Mann der Besatzung in ihre Heimat zurück 
kehrten, tauchte das Gerücht auf, der .Audacious' sei unter 
gegangen, aber es wurde in englischen Zeitungen nicht 
veröffentlicht. In Seemannskreisen nimmt man an, daß 
die Admiralität den Befehl, das Kriegschiff in die Luft zu 
sprengen, nur aus dem Grunde gegeben habe, um das 
Wrack vor dem Feinde zu verbergen und dadurch zu ver 
Phot. Berliner Illustrations-Gesellschaft m. b. H. 
Russische Kosakenwache in Czernowitz.
	        
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