Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15.' 
die bloß 3600 Tonnen Wasserverdrängung hatte und dem 
australischen Kreuzer auch an Geschwindigkeit um un 
gefähr eine Meile nachstand, um so weniger aufkommen, 
als sie nur mit zwölf 10-ow-Eeschützen und zwei Mi- 
trailleusen bestückt war. Zum Kampf gezwungen, wehrte 
sie sich bis zum Äußersten. Englische Berichte gaben an, 
daß der australische Kreuzer unter dem Feuer der „Emden" 
sehr schwer gelitten habe, und erst nach hartnäckigem Kampfe, 
nachdem die Engländer drei Tote und drei Verwundete 
eingebüßt hatten, gelang es, die „Emden" in Brand zu 
schießen. Sie wurde auf den Strand gesetzt und ver 
brannte. Den Überlebenden soll von seiten der Besatzung 
der „Sydney" alle Hilfe geleistet worden sein. Wacker und 
mit größter Geschicklichkeit hat die „Emden" ihre Aufgabe 
erfüllt, und hartnäckig kämpfend, bis zum letzten Atemzuge 
für die Ehre der Flagge einstehend, harrte die Bemannung 
aus im feindlichen Geschoßhagel. In ruhmvollem Kampf 
ist die „Emden" zugrunde gegangen. 
Nach einem vom Reuterschen Büro am 11. November 
verbreiteten amtlichen Bericht sind der Kapitän v. Müller 
und der Leutnant zur See Franz Joseph Prinz von Hohen- 
zollern unverwundet in Gefangenschaft geraten. Die Ver 
luste der „Emden" betrugen nach diesem Bericht 200 Tote 
und 30 Verwundete. Die englische Admiralität ordnete 
an, daß den Überlebenden alle kriegerischen Ehren zu er 
weisen seien und daß der Kapitän sowie die Offiziere ihre 
Säbel behielten. 
Aber auch vom Kapitän der „Emden" v. Müller (s. Bild 
Bd. I S. 254) ist, wenn auch erst zwei Wochen später, ein Be 
richt in Deutschland eingetroffen, der am 26. November durch 
das Wolffsche Büro amtlich verbreitet wurde. Dieser Bericht 
lautet: 
„Der englische Kreuzer .Sydneys näherte sich den Kokos 
inseln mit hoher Fahrt, als dort gerade eine von S. M. S. 
,Emden" ausgeschiffte Landungsabteilung das Kabel zer 
störte. Das Gefecht zwischen den beiden Kreuzern begann 
sofort. Unser Schießen war zuerst gut, aber binnen kurzem 
gewann das Feuer der schweren englischen Geschütze die 
Überlegenheit, wodurch schwere Verluste unter unserer Ge 
schützbedienung eintraten. Die Munition ging zu Ende, 
und die Geschütze mußten das Feuer einstellen. Obwohl 
die Ruderanlage durch das feindliche Feuer beschädigt war» 
wurde der Versuch gemacht, auf Torpedoschußweite an 
.Sydney" heranzukommen. Dieser Versuch mißglückte, da 
die Schornsteine Zerstört waren und infolgedessen die Ge 
schwindigkeit der ,Emden" stark herabgesetzt war. Das 
Schiff wurde deshalb mit voller Fahrt an der Nord- (Luv-) 
Seite der Kokosinseln auf ein Riff gesetzt. 
Inzwischen war es der Landungsabteilung gelungen, 
auf einem Schoner von der Insel zu entkommen. Der 
englische Kreuzer nahm die Verfolgung auf, kehrte aber am 
Nachmittag wieder zurück und feuerte auf das Wrack 
S. M. S. .Emden". 
Um weiteres unnützes Blutvergießen zu vermeiden, 
kapitulierte ich mit dem Rest der Besatzung. 
Die Verluste S. M. S. .Emden" betragen: 6 Offiziere, 
4 Deckoffiziere, 26 ünterofsiziere und 93 Mann gefallen; 
1 Unteroffizier, 7 Mann schwer verwundet." 
Das deutsche Volk wird den mit der „Emden" ruhmreich 
Untergegangenen ein dauerndes Andenken bewahren, und 
die Stadt Emden beschloß, den Toten ein Denkmal zu 
setzen. Übrigens ist anzunehmen, daß nicht alle Vermißten 
von der Mannschaft der „Emden" auch umgekommen 
sind. Wie berichtet wurde, ist ein Teil der Mannschaft, 
der zur Zeit des Gefechts an Land war, auf einem alten 
Schoner entkommen. Eine Meldung aus Batavia besagt, 
daß letzterer am 28. November mit wohlbehaltener Be 
satzung den Almahafen von Padaua bei Sumatra ange 
laufen habe und am nächsten Abend weitergesegelt sei. 
Gleichzeitig mit der Meldung von der Zerstörung der 
„Emden" erhielten wir unterm 11. November aber auch 
die Nachricht, daß der kleine Kreuzer „Königsberg" im 
Rufigifluß in Deutsch-Ostafrika blockiert worden sei. Nach 
dem nämlich der Zufluchtsort des Kreuzers durch den An 
griff auf „Pegasus" am 17. September bekannt geworden 
war, ließ die englische Admiralität einige schnelle Kreuzer in 
den ostasrikanischen Gewässern vereinigen. Am 30. Oktober ge 
lang es dem englischen Kreuzer „Chatam", die „Königsberg" 
zu entdecken, als sie sich sechs englische Meilen den Rufigi 
fluß aufwärts, gegenüber der Insel Mafia in Deutsch- 
Ostafrika, in seichtem Wasser aufhielt. Ein Teil der Be 
satzung der „Königsberg" war gelandet und hatte sich am 
Flußufer verschanzt. Nachdem die Verschanzungen des 
Schiffes vom Kreuzer „Chatam" bombardiert worden waren, 
wurde es durch Versenken eines Kohlendampfers in der 
einzigen passierbaren Fahrrinne blockiert, so daß es an der 
Ausfahrt verhindert ist. 
Die Besatzung der „Königsberg" aber hat vom Ufer 
aus scharfe Wacht gehalten und ist weder den Engländern 
in die Hände gefallen noch getötet worden, sondern dürfte 
die deutschen Streitkräfte in Afrika oder die der aufstän 
dischen Buren vermehrt haben. Das Ende des Krieges 
wird uns hierüber Aufklärung bringen. 
Am 11. November fiel das englische Kanonenboot 
„Niger" einem deutschen Unterseeboot zum Opfer. Bei 
dieser Tat unserer Marine verdient besondere Beachtung, 
daß sie im Kanal vor Dover ausgeführt wurde. Unsere 
Unterseeboote wagten sich also geradezu in des britischen 
Löwen Rachen hinein und scheuten sich nicht, aus dem ge 
wiß sorgsam gehüteten Ärmelkanal ihre Opfer zu holen. 
Der Vorgang spielte sich folgendermaßen ab: Am 11. No 
vember lag das Kanonenboot „Niger"' ungefähr 3 Kilo 
meter von der Hasenmole in Deal vor Anker. Gerade um 
zwölf Uhr mittags ertönte eine gewaltige Detonation, die 
von ausbrechendem Dampf und Rauch begleitet war. Das 
Schiff wurde unter dem Vormast getroffen und fing augen 
blicklich an zu sinken. In einer Viertelstunde war es in den 
Wellen verschwunden. Ein Mitglied der Besatzung be 
hauptete, der Torpedo sei aus einer Entfernung von 
500 Metern lanciert worden. Die Mehrzahl der Besatzung 
war eben unten bei der Mahlzeit, als plötzlich der Befehl 
erklang, die wasserdichten Schotten zu schließen. Man 
eilte nach oben. Gleich darauf wurde das Schiff getroffen. 
In Deal und Kingsdown hatte man den Unfall bemerkt 
und sofort Anstalten getroffen, um die umherschwimmen 
den Mannschaften zu retten. 
In diesem Falle wurde gleich von den Engländern zu 
gegeben, daß ein deutsches Unterseeboot die Vernichtung 
des Schiffes vollbracht habe. In der Regel suchen dies die 
Engländer dadurch zu verheimlichen, daß sie erklären, 
das betreffende Schiff sei auf eine Mine gestoßen. Unsere 
Marineleitung hält es vielfach nicht für angezeigt, diesen 
Märchen zu widersprechen. Es bleibe also dahingestellt, 
ob das englische Torpedoboot „Druand", das am 15. No 
vember an der Küste von Schottland auf eine Mine gelaufen 
fein soll und gesunken ist, nicht auch das Opfer eines unserer 
Unterseeboote geworden ist. Auch hierbei wurde die Mann 
schaft gerettet. 
Ein für unseren Seekrieg gegen Rußland bedeutungs 
volles Ereignis war, wie kurz darauf der deutsche Admiral- 
stab mitteilte, die Sperrung der Einfahrten des Libauer 
Hafens durch versenkte Schiffe seitens unserer Ostseestreit- 
kräste und die Beschießung der militärisch wichtigen An 
lagen. Torpedoboote, die in den Hafen eindrangen, stellten 
fest, daß keine feindlichen Kriegschiffe im Hafen waren. 
Die Bedeutung des deutschen Erfolges lag darin, daß 
die Russen nach der Sperrung des Libauer Hafens in der 
Ostsee keine Kriegshäfen mehr besaßen, weil Libau der 
einzige Kriegshafen in dieser Gegend ist, der auch für große 
Schiffe die nötige Tiefe aufweist. Da Libau zugleich der 
einzige eisfreie Kriegshafen der Ostsee ist, so sind mit 
dem Eintritt strenger Kälte die russischen Schiffe zur Un 
tätigkeit verurteilt. Aber auch der in der Ostsee kreuzende 
Teil der russischen Flotte findet nach dem Zufrieren der 
finnischen und bottnischen Häfen keinen Zufluchtsort mehr, 
wo er einigermaßen geschützt liegen könnte. 
Am selben Tage wurde der deutschen Marine ein 
Hilfskreuzer, wenn auch nicht vernichtet, so doch für den 
gegenwärtigen Krieg entzogen. Die „Berlin" war am 
16. November in den norwegischen Kriegshafen Dront- 
heim eingelaufen. Nach völkerrechtlichen Bestimmungen 
muß das Kriegschiff einer kriegführenden Macht, sobald 
es ohne Erlaubnis den Kriegshafen einer neutralen Macht 
anläuft, entwaffnet werden. Auch wenn es überhaupt 
einen fremden Hafen anläuft, darf es dort nur so viel 
Kohlen einnehmen, als es bis zum nächsten neutralen Hafen 
braucht, und ferner darf es nur Schäden ausbessern, die 
seine Seefähigkeit, nicht aber seine Eefechtskraft beein 
trächtigen. Da der Kommandant des Schiffes innerhalb 
der gestellten Frist nicht in der Lage war, den Hasen zu
	        
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