Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
Vernichtung des italienischen Militär- 
luftschiffes „Citts di Ferrara^. 
(Hierzu die Bilder auf dieser und der folgenden Seile.) 
An ihrem Militärluftschiff „Eittä di Ferrara" haben die 
Italiener wenig Freude erlebt. Als Österreich-Ungarn die 
italienische Kriegserklärung gleich in der folgenden Nacht mit 
dem bekannten kühnen Vorstoß von Kreuzern, Torpedobooten 
und Marineflugzeugen gegen die italienische Ostküste beant 
wortet hatte (siehe Seite 476), verzeichnete der italienische 
Bericht unter anderem auch Zerstörungen an der Eisenbahn 
brücke über die Marecchia bei Rimini durch ein feindliches 
Luftschiff. Das erregte bei den verantwortlichen Behörden 
jenseit der Adria verwundertes Kopfschütteln, war doch an 
dem Angriff kein österreichisch-ungarisches Luftschiff beteiligt 
gewesen. Wenige Tage später löste sich das Rätsel, als die 
Italiener mit schallender Entrüstung der Welt verkündeten, 
jenes Luftschiff habe entgegen allem Völkerrecht den Namen 
„Cittä di Ferrara" getragen und die italienische Flagge 
geführt. In Wirklichkeit hatte also das italienische Luftschiff 
dieses Namens bei einer Nachtfahrt die Orientierung ver 
loren, dann die im Morgenlicht auftauchende Küste für die 
Marine geliefert haben. Dieser Typ besitzt bei einer Länge 
von 72 Metern und einem Durchmesser von 18 Metern rund 
12000 Kubikmeter Rauminhalt und zwei hundertpferdige 
Fraschinimotoren, die ihm eine Stundengeschwindigkeit von 
72 Kilometern erteilen. Das erste Schiff dieser Art, „Cittä 
di Milano", explodierte am 9. April 1914 bei einer Not 
landung in der Nähe von Cantu. 
Russische Verwüstungen im galizischen 
Petroleumgebiet. 
(Hierzu die Bilder Seite 4-84/485 und 486.) 
Ein gar nicht unbeträchtliches Nebenergebnis des Vor 
marsches der verbündeten Armeen in Galizien war die Rück 
eroberung der dortigen Petroleumgebiete, besonders des 
jenigen von Drohobycz und Boryslaw, das in den letzten 
Jahrzehnten außerordentlich an wirtschaftlicher Bedeutung 
gewonnen hatte. Es war das reichste Europas, lieferte 
jährlich 15 Millionen Meterzentner Erdöl und setzte noch 
vor wenig Jahren die Donaumonarchie instand, wirksam 
den Kampf mit dem amerikanischen Petroleumtrust auf 
zunehmen. Noch wichtiger aber, auch in militärischer Hin- 
Phot. Leipziger Presse-Büro. 
Kastell Duino bei Grado, die der italienischen Grenze am nächsten gelegene Befestigung an der Küste von Istrien. 
feindliche gehalten und die eigene, für die Mobilmachung sehr 
wichtige Brücke bei Rimini mit Bomben beworfen. Das 
stellt der Führung wahrlich kein gutes Zeugnis aus. Vier 
zehn Tage später sollten die betreffenden Offiziere offenbar 
Gelegenheit erhalten, die böse Schlappe auszuwetzen. Am 
Morgen des 7. Juni unternahm ein Geschwader italienischer 
Torpedobootzerstörer einen Vorstof; in die Bucht von Mon- 
falcone, nordwestlich von Triest, und zerstörte das malerische, 
einst von den Venezianern zum Schutz gegen türkische 
Seeräuber erbaute Kastell Duino (siehe obiges Bild). In 
der folgenden Nacht erhob sich „Eittä di Ferrara" zu einem 
Flug gegen Istrien, der offenbar dem Kriegshafen Pola 
galt; wenigstens, behauptete schon der italienische Bericht 
vom 8., das Luftschiff habe dort militärisch wichtige Plätze 
mit Bomben belegt. In Wirklichkeit sielen diese, 14 an der 
Zahl, auf die friedliche Hauptstadt Fiume, wo sie einigen 
unschuldigen Bürgern das Leben kosteten. Auf dem Rück 
weg wurde das Fahrzeug dann in der Nähe der Insel Lussin 
von dem österreichisch-ungarischen Marineflugzeug „L 48“, 
Führer Linienschiffsleutnant Elafing, Beobachter Seekadett 
v. Fritsch, abgefangen, die es mit Leuchtpatronen bewarfen, 
worauf es explodierte und ins Meer stürzte. 
„Cittä di Ferrara" war in den Forlaniniwerken zu Mai 
land gebaut, die auch mehrere Luftschiffe für die englische 
sicht, war der Besitz jener Petroleumquellen für die Russen. 
Ein sehr großer Teil ihres Bestandes an Lokomotiven ist ja 
für Naphtha-(Petroleum-)Heizung eingerichtet, und die 
Herbeischaffung dieses Brennstoffes aus dem kaukasischen 
Petroleumgebiet bot gerade während des Krieges ständig 
wachsende Schwierigkeiten. So war es ihnen im höchsten 
Grade willkommen, als die österreichisch-ungarischen Truppen 
im Herbst 1914 hinter die Karpathen zurückgingen und ihnen 
damit die ungestörte Möglichkeit gaben, ihre Truppen 
verschiebungen unabhängig von der Hohlen- und Petroleum 
zufuhr aus weiter Ferne zu gestalten. Sie haben sich denn 
auch sowohl im Erdölgebiete von Limanowa wie in jenem 
von Drohobycz redlich gewehrt, ehe sie sich, zur Preisgabe 
entschlossen, und jedesmal krönten sie ihren Abzug in echt 
russischer Weise, indem sie die Bohrtürme und Oltanke in 
Brand steckten. In Boryslaw zum Beispiel erschien kurz 
vor dem Einmarsch der siegreichen Entsatztruppen ein Offiziet 
mit mehreren Soldaten, der wohl ein Fachmann in solchen 
Angelegenheiten war; denn er traf seine Vorbereitungen 
so geschickt, daß ein Viertelhundert Tanke, jeder 600 Wagen 
ladungen enthaltend, ohne Erplosion, aber auch ohne 
Rettungsmöglichkeit ausbrannten. Vierzehn Tage dauerten 
die ungeheuren Brände, und ebenso lange legte sich der 
dunkle, erstickende Rauch viele Kilometer weit über das Ge-
	        
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