Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
Phot. Leipziger Presse-Büro. 
Bayerische Chevaulegers rasten nach einem Patrouillenritt in einem Gehöft an der Maa^. 
Verwundeten ihre Erlebnisse erzählen. 
Einer von ihnen schimpfte dabei nun 
gewaltig auf die Engländer und wußte 
eine ganze Reihe Einzelheiten von ihrer 
gemeinen Kampfesweise zu erzählen. 
Da richtete sich der neben ihm liegende 
Verwundete, ein Oberbayer, im Bette 
auf und rief dazwischen: „Ja, ja, so 
isck/s!" Und zum Kaiser gewendet, 
fuhr er fort: „Majestät haben wirtlich 
a saubere Verwandtschaft!" Der Kaiser 
soll sich über diesen urwüchsigen Aus 
spruch riesig gefreut haben. Als der 
Kaiser ein andermal aus einem Unter 
stand in der vordersten Front kam, 
sah er sich plötzlich zu seinem Erstaunen 
von lauter Franzosen umgeben. Ehe 
er aber noch etwas sagen konnte, trat 
ein alter Landwehrunteroffizier auf 
ihn zu und sagte treuherzig: „Das siud 
man bloß Gefangene, Majestät. Die 
habe ich hierhergeführt, damit sie Ihnen 
auch mal sehen können." Der Kaiser 
soll auch diese eigenartige Huldigung 
sehr freundlich aufgenommen haben. 
Sehr gelungen war auch die Antwort, 
die die Herzogin von Braunschweig von 
einem Verwundeten erhielt,der kürzlich 
erst aus der näheren Umgebung ihres 
Gatten heimgekehrt war. Auf ihre 
Frage: „Ra, wie sah der Herzog denn 
aus?" erwiderte nämlich der junge 
Krieger mit den: Brustton der Über 
zeugung: „Furchtbar dreckig, Kaiser 
liche Hoheit!" 
Sogar der Große Generalstab läßt sich ab und zu bei 
seinen Berichten, über deren Kürze und Trockenheit manch 
mal geklagt wird, zu einer humorvollen Wendung herbei. 
So, wenn er von „Farbigen Engländern" spricht oder dem 
französischen Eeneralstab die „ausnahmsweise richtige Dar 
stellung" eines seiner Berichte bestätigt. Geradezu köstlich 
war die folgende Abfuhr, die er den ruhmredigen Fran 
zosen erteilte: 
' „In der französischen Presse tritt neuerdings wiederholt 
die Bemerkung auf, daß die von der deutschen Artillerie 
verschossene Munition nur eine geringe Wirkung und sehr 
viele Blindgänger aufweise. Die Tatsache ist ja richtig, nur 
handelt es sich dabei nicht um deutsche, sondern um erbeutete 
französische und belgische Munition. Ihre Minderwertig 
keit ist auch uns bekannt. Da es sich aber um ganz außer 
Schießen mit Zielfernrohr. 
Zielfernrohre wurden bei der Infanterie schon vor 
Kriegsbeginn an den Maschinengewehren angebracht. 
Neuerdings werden sie auch am Militärgewehr mit 
großem Erfolg verwendet. Sie befinden sich — wie 
Abbildung zeigt — oben auf der Gewehrkammer. 
Man zielt mit ihnen wie mit der früheren Visier 
einrichtung. Nur erscheint das Ziel bedeutend ver 
größert, wodurch ein besseres Anhalten und Abkom 
men ermöglicht wird. 
ordentlich große Munitionsbestände 
handelt, die doch auf irgendeine Weise 
unbrauchbar gemacht werden müssen, 
schien es uns noch immer am besten, 
sie ihren früheren Besitzern wieder zu 
zusenden." 
Ob bei unseren Feinden der Hu 
mor wohl in demselben Maße zu fin 
den ist? Wohl schwerlich. Es ist 
wenigstens nichts davon bekannt ge 
worden. Bei den fürchterlichen Hieben, 
die sie bisher von den deutschen Waffen 
bekommen haben, muß ihnen der Hu 
mor ja auch vergehen. Nur auf dem 
Gebiete des unfreiwilligen Humors 
haben unsere Gegner bisher Erkleck 
liches geleistet. So zum Beispiel, als 
die russischen Zeitungen meldeten, daß 
auf dem in die Luft gesprengten deut 
schen Kreuzer „Magdeburg" Klopf 
peitschen gefunden wurden, und daran 
die Bemerkung knüpften, daß diese 
Peitschen, die Spuren fleißigen Ge 
brauchs trügen, zum Prügeln 
Mannschaften benutzt würden, 
wahrhaft grotesker Höhe erhebt 
jedoch der unfreiwillige Humor- 
feindlichen Presse bei ihren täglichen 
Meldungen über deutsche Niederlagen. 
So brachte unter anderem das „Jour 
nal du Pas de Calais" vom 11. Sep 
tember 1914 Artikel mit folgenden 
Überschriften: „Französischer Sieg auf 
der ganzen Linie im Osten. 200 000 Rus 
sen landen in Calais und Zeebrügge. 
Dänemark erklärt an Deutschland den Krieg. Die Russen 
in Berlin — Die Revolution in der Stadt — Hungers 
not in Berlin. Die Kronprinzessin durchgegangen mit 
einem General. Zum zweiten Male Selbstmordversuch 
des deutschen Kaisers. Die Kaiserin beantragt Scheidung." 
Selbst der größte Melancholiker muß sich bei einer solchen 
Lektüre ja vor Lachen schütteln! Derartige Nachrichten 
hat aber die französische und englische Presse zu Hunderten 
gebracht. Die Havas- und Reutermeldungen erfreuen sich 
denn auch allgemein eines sehr zweifelhaften Rufes. Selbst 
im neutralen Ausland spottet man über sie. So fand ein 
Fremder in Zürich auf der Speisekarte eines Gasthofs auch 
eine Havasplatte. Neugierig bestellte er sich das unbekannte 
Gericht und erhielt — eine Platte Aufschnitt. Auch in der 
Schweiz scheint der Humor also noch nicht erstorben zu sein. 
der 
Zu 
sich 
der 
II. Band.
	        
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