Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

Die Geschichte des Weltkrieges 1914/13. 
^Fortsetzung.; 
Wie wir bei der Schilderung des Krieges in den Kolo 
nien auf Seite 146 bereits mitgeteilt haben, wurde die Stadt 
Duala, der Hauptplatz von Kamerun, am 27. September 
von unseren Behörden und Truppen geräumt und den 
vereinigten Engländern und Franzosen überlassen. Die 
Feinde ließen sich der dortigen Bevölkerung gegenüber die 
demütigendste und rücksichtsloseste Behandlung zuschulden 
kommen trotz der Zusicherung, Leben und Eigentum zu 
schützen. So wird von verschiedenen Seiten berichtet, daß 
die Engländer in den deutschen Kaufhäusern plünderten, 
den Bewohnern alles Geld abnahmen und alle Europäer, 
Männer, Frauen und Kinder, sogar Neutrale, wie Schweizer 
und Holländer, gefangen erklärten und wegführten. Gegen 
dieses geradezu planmäßig rohe Auftreten der Feinde legte 
ein Oberbeamter des Bezirksamts Duala, als er wenige Tage 
nach Räumung der Stadt nach Lagos in die Gefangenschaft 
gekommen war, bei dem Eeneralgouverneur von Nigeria, Sir 
F.Lugard, zunächst mündlich Verwahrung ein, worauf er 
späternoch einen schriftlichen Protest folgen ließ. Eshießdarin: 
„Wie Euer Erzellenz bekannt ist, ist die gesamte deutsche 
Bevölkerung Dualas, männliche 
und weibliche, kriegsgefangen 
gemacht worden. Es ist kein 
Unterschied gemacht worden 
zwischen Mitgliedern der be 
waffneten Macht (deren Zahl 
etwa siebzig war) und der 
Zivilbevölkerung. Der Bezirks 
amtmann von Duala, der 
höchste Regierungsbeamte, ist 
von den Verhandlungen, zu 
denen er sich freiwillig in 
loyalster Weise eingefunden 
hatte, um den Vertretern der 
verbündeten Mächte bei der 
Durchführung ihrer Maßnah 
men behilflich zu sein, in den 
Hospitalgarten geführt und dort 
festgehalten worden. Er ist 
dann, von schwarzen Soldaten 
mit aufgepflanztem Bajonett 
geleitet, durch die hohnlachende 
und ihm Schimpfworte zu 
rufende Menge der Dualabe- 
völkerung auf das Schiff ge 
bracht worden. Letzterer Um 
stand war um so demütigender 
für ihn, als, wie Euer Exzel 
lenz bekannt ist, die deutsche 
Regierung gezwungen war, in 
letzter Zeit gegen die vollstän 
dig unzuverlässigen, des Ver 
rats schuldigen Duala mit 
scharfen Maßnahmen vorzu 
gehen. Auf dem Schiff mußte 
der Bezirksamtmann die Nacht 
an Deck zubringen; am nächsten 
Tage wurde er nach Duala zu 
rückbefördert — immer von 
schwarzen Soldaten geleitet, 
während er selbst sein Gepäck 
tragen mußte. In Duala hat 
er im Freien unter ständigem 
Regen mehrere Stunden zubringen müssen und hat dann 
die Nacht auf Zementboden in einem Hause wiederum unter 
schwarzer Bewachung gelegen. Die hiermit verbundenen 
einzelnen Demütigungen für den obersten Beamten der 
eingeborenen Bevölkerung gegenüber sind Euer Erzellenz 
in der Lage sich selbst vorzustellen. 
Der Unterzeichnete war in seiner Eigenschaft als Offizier 
der Reserve am 27. September an Bord der ,-Jvist gefahren. 
Er glaubte als Parlamentäroffizier Anspruch auf freies Ge 
leit zu haben. Er hat nicht die Möglichkeit gehabt, seine 
Sachen vor seiner Gefangennahme auch nur einigermaßen in 
Sicherheit zu bringen, noch auch seine krank zu Hause liegende 
Frau zu benachrichtigen, daß er weggeführt werde. Es 
ist ihm trotz Abgabe seines Offizierehrenwortes nicht ge 
stattet worden, sich auch nur wenige Minuten von dem 
Hospitalplatze zur Ordnung seiner Angelegenheiten zu ent 
fernen. Der Degen, den ihm der englische General feierlich 
zurückgegeben hatte, wurde ihm von einem französischen 
Hauptmann abgenommen mit dem Bemerken, der englische 
General sei viel zu edelmütig gewesen. Dies geschah vor 
einer Menge hohnlachender Duala. Obgleich der Unter 
zeichnete in keiner Weise den ihm zugewiesenen Platz ver 
lassen hat, mußte er es sich als Offizier gefallen lassen, von 
einem englischen Soldaten mit Kolbenstößen gestoßen zu 
werden, ohne daß die anwesenden Offiziere es verhinderten." 
Auch der Gouverneur von Kamerun beschwerte sich über 
das die Achtung vor allen Europäern bei den Schwarzen 
untergrabende Verfahren der Engländer und Franzosen in 
Duala bei dem Eeneralgouverneur von Nigerien in Lagos 
und richtete in seiner Eigenschaft als Generalkonsul für die 
spanischen Besitzungen im Golf von Guinea einen weiteren 
Protest gegen das Auftreten der Feinde bei der Besetzung 
Edeas an den Oberbefehls 
haber der englisch-französischen 
Streitkräfte an der Kamerun 
küste, Brigadegeneral Dobell in 
Duala. 
Das wüste Auftreten gegen 
harmlose, ja schutzbedürftige 
Kolonisten mag nicht zum we 
nigsten aus dem Unmut über 
die unverwüstlich tapfere, ent 
schlossene und oft erfolgreiche 
Haltung unserer Schutztruppe 
geflossen sein. An der Ost 
grenze von Alt- und Neu 
kamerun lieferten während der 
ersten Hälfte des Monats Ok 
tober unsere Truppen, etwa 
300 bis 400 Gewehre» am 
Ssanga zwischen Wesso und 
Nola den Feinden verschiedene 
siegreiche Gefechte, die uns in 
diesem Gebiet die Oberhand 
verschafften. Erst in der zweiten 
Hälfte des Oktober, auf die 
erhebliche Verstärkung von 
500 Mann hin, gelang es den 
vereinigten Franzosen und Bel 
giern, nach erbitterten Kämpfen 
am Ssanga zwischen Nola und 
Wesso durch Artillerie ihre er 
drückende Übermacht zur Gel 
tung zu bringen und unsere 
Truppen zum Rückzug zu nö 
tigen. Ein Teil der aus dem 
Ssangagebiet weichenden Kräfte 
ging gegen den Dscha zurück, 
ein anderer zog auf die Nach 
richt, daß sehr starke Kräfte 
von Carnot her gegen den 
Mambere und Kadei heran 
rückten, neue Truppen zu Hilfe. 
Im Süden des Schutzge 
bietes sind nach amtlichen Nach 
richten in der Zeit vom 11. Oktober bis Ende November 1914 
Kampo zweimal, Kribi dreimal, Klein-Batanga, Longji und 
Plantation je einmal von französischen Kriegschiffen be 
schossen worden. In diesen Orten hatten wir Sicherheits 
posten aufgestellt. Die gänzlich unbefestigten Plätze wurden 
natürlich mit leichter Mühe zusammengeschossen. 
Im Südosten der Neukameruner Grenze hatte im Oktober 
1914 die Abteilung Heigelin bedeutende Erfolge zu ver 
zeichnen. Sie war durch 123 Gewehre verstärkt worden, 
mit denen Bezirksamtmann Eltester von Ukoko nach Ojem, 
wahrscheinlich durch das spanische Muni, gezogen ist. 
v. Heigelin unternahm Ende Oktober mit etwa 500 Ge- 
Phot. Berl. Jllustrat.-Gef. in. b. H. 
Kolonialtruppen unserer Feinde: Berittener Askari. 
Amerikan. Copyright 1915 by Union Deutsche VerlagsgeseUschaft in Stuttgart. 
II. Band. 
70
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.