illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18.
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/18.
lich uneinnehmbar. Noch auf dem
diesseitigen Hang liegen unsere
von den Österreichern und Ungarn
übernommenen Stellungen. Dann
kommt der Bach, dann die Straße,
dann steigt der Berg an, steil und
kahl. Kein Busch, kein Baum,
kein Stein, keine Erdwelle. Der
steile, glatte Hang und oben die
Gräben, Schießscharte neben
Schießscharte. Laufgräben führen
nach rückwärts zur zweiten Stel
lung, zur dritten. Und schlimmer
ist, was man nicht sieht: die Stütz
punkte oben im Wald, die Flan-
kierungsanlagen in den Hecken und
Mulden, die eingebauten Geschütze
und die versteckten Maschinenge
wehre ...
Zehn Uhr, die Stunde, für
die der Sturm angesetzt ist. Eine
Sekunde stockt der Herzschlag. Da
hebt sich bei uns eine dünne Linie
über die Gräben und schiebt sich
langsam gleichmäßig den Berg
hinaus. Ununterbrochen rollt das
Feuer unserer Geschütze. Nur
weiter rückwärts ist es verlegt
worden, um die eigene Infanterie
nicht zu gefährden. Zehn Schritt,
zwanzig Schritt ist diese voran
gekommen, da setzt drüben das
Gewehrfeuer ein, mit einem neuen,
ins Herz schneidenden Ton. Aus
den: Lärmen und Tosen schrillt
das Nassein und Prasseln, das den
Unsrigen gilt. Wir müssen unserer
Infanterie helfen. Wo die Vor
wärtsbewegung stockt, wird das
Feuer auf die Gräben zurückver
legt. Und sofort bekommen die
Stürmenden Luft. Sowie wieder
Granaten in den Gräben ein
schlagen, verstummt dort dasFeuer.
Aber größte Vorsicht nniß ange
wandt werden, um die eigenen
Leute nicht zu treffen.
Den ganzen Berg hinauf wim
melt es jetzt. Eine zweite Linie
folgt der ersten, eine dritte. Präch
tig kommen sie hier voran, aber
dort drüben stockt's. Die Sturm-
linie kann nicht weiter und wirft
sich zu Boden. Fieberhaft wird
nun in den Batterien gearbeitet,
fieberhaft auf den Befehlstellen be
obachtet. In der Ferne, in der Nähe
können tausend Gefahren lauern,
bereit, unsere Infanterie in der
Flanke zu gefährden und den bisher
errungenen Erfolg zu vernichten!
Die russischen Batterien feuern
wieder. Unter unseren Sturmtruppen schlägt es ein. Aber
die feindlichen Stellungen sind bekannt. Eine Reihe von
Batterien wirft sich auf sie, und ihr Feuer verstummt.
Wähnsinn scheint es, ani hellen Tage diesen steilen, feuer
speienden Berg zu nehmen; allein unsere Tapferen kommen
schließlich doch voran: langsam freilich, langsam ... Hun
dert Meter trennen die vorderste Linie noch von den
Drahtverhauen, noch achtzig, noch fünfzig. Bis zur letzten
Minute feuern unsere Batterien auf die Stellung, dann
sperren sie Laufgräben imd Verbindungsgräben, daß nie
mand hinein, niemand heraus kann. Im Rücken die töd
liche Feuerzone, vor sich den blanken Stahl der Stürmenden,
da versagen die Nerven des Nestes der Besatzung; die vier
stündige schwere Beschießung hat sie zermürbt. Sie laufen
aus den Gräben den Stürmenden entgegen. Da und dort
ein kurzes Handgemenge. Die Mehrzahl streckt die Gewehre
und schwingt weiße Tücher ...
Freilich, eines steht noch bevor; vierzig bis fünfzig Schritt
hinter den genommenen Gräben stehen Maschinengewehre
versteckt. Niemand hat sie gesehen, nicht einmal das Auge
der Flieger; aber wir wissen aus der russischen Taktik, daß
sie da sind. In sicherem Versteck im Walde warteten sie die
Beschießung ab, nun lauern sie am Waldrande. Jetzt setzen
sie ein. Unaufhörlich läutet der Fernsprecher. Hin und
her wird das Feuer geworfen, wohin die Infanterie es
haben will, wo Widerstand gemeldet, wo Maschinengewehre
vermutet werden. „Feuergeschwindigkeit verstärken!"—„Noch
kürzere Feuerpausen!"— „Schnellfeuer!" Kein Ziel ist zu
sehen, aber der Wald bricht unter dem Eisenhagel zusammen.
Die Russen weichen, ergeben sich. Uber die Drahthinder
nisse geht es hinweg. Dort kommt noch Flankenfeuer aus
einer Hecke, dort liegt noch eine Linie vor einem Graben.
Aber es ist ein letzter, unnützer, verzweifelter Widerstand.
In der Mitte sind sie schon am Wald, im Wald. Dichte
Scharen drängen hinauf. Geschlossene Kolonnen werden
nachgeführt. Jetzt geht es auch rechts von der Mulde über
DeÄurm
auf die Ickowahöhe
bei tace.
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deten ArtilleOuf die russischen
Sttirgen.
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ProseW. Heuer.
die Gräben; jetzt sind sie auch dort am Walde, im Walde,
allüberall. Der schwächer werdende Kampflärm zieht sich
den Zemeczisco hinauf ...
Artillerie geht vor, den Hang hinauf. Gleich Meilen
steinen des blutigen Weges liegen hier die Todesopfer.
Durch das Drahthindernis. Davor liegt einer, noch die
Schere in den erstarrten Händen. Bei den Gräben gleicht
der Wiesenboden einem Wespennest, Trichter an Trichter.
Wie durchlöchert ist die Erde. In den russischen Stellungen
ein wirres Durcheinander: Gewehre, Bajonette, krumme
tscherkessische und turkmenische Messer, Patronen, Maschinen
gewehrgurten, Zeltbahnen, Feldflaschen, Kochgeschirre. Und,
von den hochgeschleuderten Erdschollen teilweise verschüttet,
tote und verwundete Feinde. In ihren erdbraunen Mänteln
heben sie sich kaum vom Boden ab, aber zwischen dem
stumpfen Braun leuchtet das Weiß der entblößten Haut
und das Rot des Blutes. Einer pfeift mir, ein mattes, hohles
Pfeifen. Keine Zeit, der Kampf gegen euch gehUweiter...
Die italienischen
Festungen und Häfen
Kriegsgebiet.
Der Kriegserklärung Italiens
an Österreich-Ungarn sind sofort
Feindseligkeiten auf beiden Seiten
gefolgt, die Italiener rückten in der
Richtung auf Trient und Eörz
vor, unddie österreichisch-ungarische
Flotte unternahm einen erfolg
reichen Vorstoß gegen Italiens
Ostküste. Damit ist das Kriegsge
biet gegeben. Der Grenze Italiens
gegen Österreich ist namentlich. in
den letzten Jahrzehnten eine be
sonders große Aufmerksamkeit zu
gewendet worden, und ihre Siche
rungen wurden nach Kräften ver
stärkt. Diese Grenze zerfällt durch
die Etsch in zwei Teile. Im west
lichen kommen vor allem die Straße
über das StilfferJoch, der Tonale
paß und die Straße aus Eiudicaria
in Betracht. Sie sperren Befesti
gungen bei Bormio, ein Werk bei
Edolo und die Werke della Rocca
d'Anfo am Südende des Jdrosees.
Eine starke Sperre schützt dieStraße
und Bahn im Etschtal. Auf dem
linken Ufer liegt Fort Ceraino mit
einer Batterie und Fort Monte,
rechts Rivoli mit einem Fort und
zwei Batterien, weiter zurück Fort
della Chinfa. Der Stellung vor
geschoben liegen die Forts San
Marco und Mafna. Im östlichen
Teil hat man eine Reihe von Tal
sperren, ander StraßeRovereto—
Ochio das Fort Monte Mafso, anf
den Höhen der Sette Communi,
im Tal des Astico und der Pvfina
Werke gegen die Zugänge ans
dem Etschtal und von Levico, im
Brentatal Primolano, im Asmvne-
tal Fort Faller und die Sperre
Covolo San Antonio, im Corde-
voletal die Forts Sefto San Mar-
tino und Listolade, im Ampezzotal
Venas, im Piavetal Pieve di Ca-
dore und im FellatalChiusa Forte;
kaum in Betracht kommen die alten
Werke von Osoppo im Tal des
Tagliamento und Palmanova. Die
Etschlinie im Westen wird durch
das Festungsviereck Verona, Pe-
schiera, Mantua, Legnago gesichert.
Mantua, an zwei wichtigen Eisen
bahnlinien gelegen, ist schon durch
seine Lage an dem hier mehrere
Seen bildenden Mincio eine natür
liche Festung. Die Stadt umgibt eine alte bastionierte
Mauer; die Nordseite, zu der über den See der starke
.436 Meter lange Damm Argine Mulino führt, wird durch
die große Zitadelle di Porto, die Ostseite, wohin eine
853 Meter lange, durch sechs Bastionen und zwei Strand
batterien verteidigte Steinbrücke führt, durch das Fort
San Giorgio und zwei Schanzen geschützt. Im Süden und
Westen liegt vor der Umwallung ein befestigtes Lager für
30000 Mann, im Nordwesten gestützt auf das Hornwerk
Pradella, Schanze Belfiore und Batterien, im Südosten auf
das starke Fort Pietole, das das große Schleusenwerk zum
Unterwassersetzen des Südens deckt. Die Werke von Miglia-
retto und Ts decken die Linie dazwischen. Gleichfalls stark
geschützt ist Verona, das als Hauptstühpunkt der Etschlinie
eine große Bedeutung hat. Das alte Kastell San Felice
überragt im Norden die bis ins 16. Jahrhundert zurück
reichende bastionierte Umwallung. Auf dem rechten Etsch
ufer liegt eine Reihe meist kleiner in den Jahren 1848