Volltext: Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. Zweiter Band. (Zweiter Band)

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Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
Trümmer der vordersten Häuserreihe 
nehmen und hier Deckung vor den 
feindlichen Maschinengewehren fin 
den, die von den Höhen herab Tod und 
Verderben auf die Angreifer sprüh 
ten. Noch einmal mußten sich indes 
die Unsrigen zurückziehen, da die Eng 
länder, die inzwischen Verstärkung 
erhalten hatten, ein weiteres Vor 
dringen unmöglich machten. „Wir 
bekamen Befehl, um unserer Artillerie 
Platz zu machen, wieder in unsere 
Gräben zu gehen", so berichtet ein 
Mitkämpfer. „Da kam am anderen 
Morgen der Befehl: Angriff der 
ganzen Division vormittags zehn Uhr! 
Unauffällig bereiteten wir uns vor ... 
Schlag zehn Uhr surrten die ersten 
Granaten über unsere Köpfe hinweg, 
in die feindlichen Stellungen und in 
das Dorf hinein. Wir legten uns vor 
unsere Gräben und erwarteten den 
Befehl zum Vorspringen. Unsere 
Artillerie arbeitete unterdessen wie im 
Akkord, und die Luft war erfüllt von 
Heulen und Sausen. Nun begann die 
feindliche Artillerie zu antworten, und 
in diesem Feuer hieß es plötzlich: 
,Sprung auf, marsch, marsch!"' 
Krachend stürzen Dächer und Wände 
der Häuser ein, hoch schlagen die 
Flammen aus den berstenden Trüm 
mern hervor, schauerlich schrillt der 
Schmerzensschrei der Verwundeten 
und das letzte Stöhnen der Sterben 
den durch das ohrenbetäubende Getöse 
des Kampfes. Die Maschinengewehre 
in den brennenden und einstürzenden 
Häusern verstummen; das Hurra der 
unaufhaltsam vorstürmenden Feld 
grauen gellt lauter und immer lauter 
in den Ohren der englischen Schützen, 
die die tollkühnen Angreifer mit einem 
Hagel von Geschossen überschütten. 
„Wir stürmten mit aufgepflanztem 
Seitengewehr vorwärts, hinein in 
eine Hölle von Kugeln, dann don 
nerndes Hurra aus Hunderten von 
rauhen Männerkehlen: die Pioniere 
durchschnitten den Stacheldraht der 
Verhaue, warfen Handgranaten. Ein 
kurzer, harter Kampf Mann gegen 
Mann, dann vorwärts, den steilen 
Berg hinauf, den zweiten, dritten, 
vierten Graben erstürmt. Es war 
kein Laufen mehr, sondern ein Vor- 
wärtsstürzen. Die Engländer sind 
überrumpelt, sie können sich nicht 
mehr in ihren Gräben und Unter 
ständen halten, denn schon wüten 
unsere Bajonette in ihren Reihen." 
Altmeister Zimmer, der mit Stift 
und Mappe bei unseren Truppen im Felde weilt und dem 
wir schon so manches treffliche Schlachtenbild aus dem 
großen Kriege verdanken, hat den siegreichen Sturmangriff 
unserer tapferen Feldgrauen auf St.-Eloi in lebendiger, wahr 
heitsgetreuer Darstellung verherrlicht (siehe das Bild auf 
Seite 409). Ein furchtbares, aber verdientes Strafgericht 
ist es, das hier über die Engländer hereinbricht. Graben 
um Graben, Haus um Haus wurde gestürmt, bis der Feind 
aus seiner letzten Stellung geworfen war und im Abend 
sonnenschein die schwarzweißrote Fahne siegreich über 
Pulverdampf und Rauchschwaden auf den blutgetränkten 
Höhen von St.-Eloi wehte. 
Generalmajor Otto Jäger, 
(hierzu das Bild Seite 417) 
Kommandeur der 9. Jnfanteriebrigade in Nürnberg, wurde 
wegen der in den Kämpfen um das Bois bouls bewiesenen 
Illustrierte Geschichte des Weltkrieges 1914/15. 
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4 . 
hervorragenden Entschlossenheit von König Ludwig HI. 
von Bayern zum Ritter des Militär-Mar-Joseph-Ordens 
ernannt. Im gegenwärtigen Kriege wurde Generalmajor 
Jäger, ein hervorragend tüchtiger bayrischer Offizier, bereits 
mit dem Militärverdienstorden zweiter Klasse mit Schwer 
tern und dem Eisernen Kreuze ausgezeichnet. Geboren 
1861 in Oberaudorf bei Rosenheim, trat er 1879 nach 
Besuch des Gymnasiums als Fähnrich in das 11. bay 
rische Infanterieregiment ein, wurde 1881 in diesem zum 
Offizier ernannt, kam 1886 zum topographischen Bureau 
des Generalstabs und war dort sieben Jahre lang tätig, um 
alsdann wieder zum 11. Infanterieregiment zurückzukehren. 
1896 zum Hauptmann und Kompanieführer in demselben 
ernannt, 1905 an die Spitze des dritten Bataillons des in 
Eichstätt garnisonierenden 21. bayrischen Infanterieregi 
ments berufen, wurde Jäger 1908 als Oberstleutnant zum 
Stabe des 13. Infanterieregiments in Ingolstadt versetzt 
und 1910 zum Oberst und Kommandeur seines alten 
Der Si^ei Homonna. . , 
Zusamm-Nbruls russischen Angriffs Regiments des 11. ^nfanterleregrinents m Regensburg, 
an Feuer der chldra.id ausgestellten ernannt. 1913 erfolgte seine Beförderung zum Eeneral- 
österrcichisch-stischen Kanonen und Major und die Ernennung zum Kommandeur der 9. Jn- 
Masngewehrc. fanteriebrigade in Nürnberg. 
Nach eintiginalzeichnung 
vl. Reich. 
Die Wacht in der Ostsee. 
(Hierzu das Bild Seite 417.) 
In dein gegenwärtigen Weltkriege wird von unseren 
Feinden auf internationale Abmachungen und Verträge, 
auf das Völkerrecht nichts gegeben. Die Engländer, die 
bisher so taten, als ob sie der Hort des Völkerrechts wären, 
haben sich zuerst über solche Verträge hinweggesetzt, be 
sonders da, wo sie nichts zu fürchten hatten. 
Aber die Kriegführung auf See sind bezüglich des Privat 
eigentums zwischen allen seefahrenden Nationen ganz be 
stimmte Grundsätze aufgestellt worden, zu deren Jnnehal- 
tung die Regierungen der betreffenden Länder sich gegenseitig 
verpflichtet haben. Die Engländer 
kümmern sich nicht darum; was gehen 
sie papierene Verträge an, wenn ihr 
Geldbeutel in Frage kommt? Den 
Handel nicht nur Deutschlands, son 
dern auch aller anderen Länder zu 
vernichten, das ist der Hauptzweck 
des Krieges. Schiffe neutraler Staa 
ten, zum Beispiel Hollands, werden 
von englischen Kriegschiffen nicht nur 
angehalten und auf Kriegskonterbande 
untersucht, (wie es ihr gutes Recht 
wäre), sondern in englische Häfen ge 
bracht und dort ausgeladen; wert 
volle Ladung wird einfach beschlag 
nahmt, ganz gleich, wem sie gehört 
oder für wen sie bestimmt ist. Hol 
land, Norwegen, Schweden gegen 
über glaubt England sich das erlauben 
zu dürfen, „denn ich bin groß und du 
bist klein" ; nordamerikanischen Schif 
fen gegenüber wagt es so etwas nicht. 
Deutschland hält sich auch hierin 
streng an die internationalen Ab 
machungen. Schiffe neutraler Staa 
ten werden allerdings angehalten und 
untersucht, wenn aber keine Konter 
bande gefunden wird, freigelassen 
nach dem Grundsätze: „Neutrales 
Gut in neutralem Schiff ist frei." 
Ein solches Anhalten eines neu 
tralen Schiffes durch deutsche Krieg 
schiffe schildert der Hamburger Ma 
rinemaler Teschinsky in seinem dem 
wirklichen Leben entnommenenBilde. 
Zwei deutsche Hochseetorpedoboote 
kommen hinter Kap Arkona auf Rü 
gen hervor, um den Dampfer eines 
neutralen Staates anzuhalten und 
zu untersuchen. Ein blinder Schutz 
über Deck genügt, um den Dampfer 
zum Beidrehen zu zwingen. Wird 
keine Konterbande gefunden, so wird 
das Schiff freigegeben und kann un 
gehindert seinen Kurs fortsetzen. 
Deutsche Kriegschiffe sind auch in 
derOstsee auf der Wacht, damit unsere 
Feinde im Osten nicht durch Zufüh 
rung von Kriegsmaterial gestärkt wer 
den. Und Dank den Männern, die 
diesen beschwerlichen Dienst in jedem 
Wind und Wetter tun! Sie kämp 
fen ebenso für unser Vaterland wie 
unsere Helden zu Lande. 
Der Sieg bei Homonna. 
(Hierzu das nebenstehende Bild.) 
Nachdem die k. u. I. Truppen 
die in Ungarn eingefallenen Russen 
in mehreren siegreichen Gefechten 
zum Rückzug in die Täler und Pässe 
der Karpathen gezwungen hatten, galt es noch, sich der be 
festigten Hauptstützpunkte des Feindes zu bemächtigen, uni 
die von etwaigen neuen Einfallsversuchen bedrohten unga 
rischen Komitate wirksam schützen und die Waldtäler der Kar 
pathen vollends von einigen versprengten Heeresteilen säu 
bern zu können. Das Gros der russischen Streitkrüfte, die 
nach der abermaligen Einschließung der galizischen Festung 
Przemysl über den Duklapatz in die ungarischen Komitate 
von Ung, Zemplin, Beregh und Saros eingedrungen waren, 
hatte bei Bartfa (Bartfeld) und Homonna sich auf den wal 
digen Höhen der südlichen Karpathenausläufer verschanzt und 
diese natürlichen Stützpunkte durch eine dreifache Linie von 
Schützengräben, Drahtverhauen und Batterien befestigt, um 
von hier aus den weiteren Vormarsch der russischen Truppen 
zu unterstützen und anderseits, im Falle eines österreichisch- 
ungarischen Angriffs, den russischen Rückzug zu decken, ohne 
doch Ungarn völlig räumen zu müssen. Allein in den ver 
schneiten Hohlwegen blieben Mumtions- und Proviant-
	        
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